Sharon gewann die Abstimmung nach zweitägiger Debatte mit den Stimmen der linken Parteien Labour und Meretz. Bei der Vorlage ging es nur um ein grundsätzliches Einverständnis der Knesset zur Räumung besetzter Gebiete. Die Räumung selbst wird zu gegebener Zeit vom Kabinett gutgeheissen werden müssen. Das US-Aussenministerum lobte das Ja der Knesset zu Sharons Abzugplan als einen Schritt vorwärts. So könnten die Interessen beider Seiten weiter verfolgt werden. Der Yesha-Siedlerrat dagegen erklärte, Sharon könne nicht „weiterhin mit brutaler Gewalt und der Unterstützung der extremen Linken auf dem Willen der Mehrheit herumtrampeln.“ Die Siedler rechnen mit einem Volks-Nein im geforderten Referendum (Meinungsumfragen deuten allerdings aufs Gegenteil hin). Avigdor Liebermann, Sprecher der Nationalen Union in der Knesset, sagte laut der Zeitung Haaretz, mit dem Beschluss gebe das Parlament strategische Stellungen auf, ohne dafür Gegenwerte zu erhalten: weder eine Zusicherung der Palästinenser, den Terror zu stoppen, noch Zugeständnisse der Europäischen Union noch die internationale Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt. Der rechtsstehende Knesset-Abgeordnete Arjeh Eldad erklärte, mit einem weiteren solchen ‚Sieg’ Sharons zeichne sich Israels Untergang ab. Die Tage des Premierministers seien gezählt. Für Sharons Hauptverbündeten Ehud Olmert bedeutet der Beschluss, dass “die Nation Israel entschieden hat, Gaza unverzüglich zu verlassen“ – und das werde sie tun. Der palästinensische Aussenminister Nabil Sha’ath brachte die Hoffnung zum Ausdruck, der Abzug der israelischen Streitkräfte werde zur Entstehung eines unabhängigen Palästinenserstaats beitragen (obwohl die Autonomiebehörde Gaza faktisch nicht kontrolliert). Der Islamische Dschihad liess verlauten: „Der zionistische Feind wird von unserem Land entfernt werden, ob ihr Parlament nun dafür oder dagegen gestimmt hat. Widerstand wird sie vertreiben.“ Ein Hamas-Sprecher führte den Beschluss auf den Widerstand der Palästinenser zurück. Ihr Kampf habe den zionistischen Feind dazu gebracht, den Abzug zu erwägen. Das Ja der Knesset sei ein grosser Erfolg der Palästinenser. Die zwei Likud-Minister Uzi Landau und Michael Ratzon, die gegen den Plan stimmten, entliess der Regierungschef entsprechend der Warnung, die er ausgesprochen hatte. Sharons Hauptrivale in seiner eigenen Likud-Partei, Finanzminister Benjamin Netanjahu, drohte nach seiner Niederlage mit dem Rücktritt innert zweier Wochen, falls kein Referendum durchgeführt werden sollte. Mit ihm erwägen drei weitere Likud-Minister den Rücktritt. Nach dem Sieg bekräftigte Sharon gegenüber der Zeitung Haaretz, dass er sich nicht zur Abhaltung eines Referendums drängen werde. Denn eine solche Abstimmung würde zu „schrecklichen Spannungen“ führen und die israelische Öffentlichkeit zerreissen.Was wird gewonnen?
Wie gehabt: Palästinensische Reaktionen
Wie weiter im Likud?
Datum: 28.10.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch