Kommentar: Wer siegt in Nadschaf?

Imam Ali Moschee in Nadschaf

Amerikanische Bomben fallen seit Tagen auf Iraks heilige Schiitenstadt Nadschaf, das grösste Heiligtum dieser islamischen Konfession auf der ganzen Welt. Zu seiner Verteidigung wurden in früheren Kriegszeiten weitverzweigte unterirdische Bunkersysteme angelegt.

In ihnen, tief unter der goldenen Grabmoschee von Schia-Begründer Imam Ali, haben sich der radikale Schiitenführer Muktada as-Sadr und seine Miliz verschanzt, die "Mahdia“. Die Miliz trägt den Namen des islamischen Messias, des Mahdi, den gerade die Schiiten heute erwarten.

Schon ein Ayatollah Chomeini hatte sich im Iran bei seinem Kampf gegen den Schah in dieses Sendungsbewusstsein hineingesteigert. Jetzt liebäugelt im Irak Sadr mit der Rolle des Mahdi-Messias.

Ausser seiner engsten Anhängerschaft nimmt ihm aber niemand diesen Anspruch ab. Damit ist der Kampf um Nadschaf, das schiitische Rom, schon jetzt zugunsten der Amerikaner entschieden.

Eigentlich müsste von Libanon über Iran bis nach Indien ein Entrüstungssturm durch die Welt der Schiiten gehen, dass ungläubige Westler ihr höchstes Heiligtum beschiessen. Teheran hatte von 1980 bis 1988 gegen den Irak Krieg geführt, um Nadschaf von der Herrschaft Saddam Husseins zu befreien.

Heute gilt aber Sadr als der erste und eigentliche Heiligtumsschänder, der die Imam-Ali-Moschee in ketzerischem Machtrausch für seinen persönlichen Privatkrieg missbraucht.

Die Ablehnung seiner Ambitionen ist in erster Linie dem heutigen irakischen Grossayatollah Ali al-Sistani zu verdanken. Dieser tritt für eine klare Trennung von Religion und Politik ein. Al-Sistani ist damit indirekt zum wichtigsten ideologischen Rückhalt für einen neuen Irak geworden, der nicht nach Saddam in die Schrecken einer Islamischen Republik zu fallen droht.

Datum: 26.08.2004
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet.ch

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