Vor 25 Jahren kehrte Ayatollah Khomeini in den Iran zurück

Ayatollah Khomeini. Das System Khomeini ist im Iran immer noch präsent.

"Wir haben es mit einem Verrückten zu tun", soll US-Präsident Jimmy Carter seinem Tagebuch anvertraut haben. Der Journalist Peter Scholl-Latour sprach respektvoll von einer biblischen Gestalt, "den Richtern und Propheten des Alten Testaments" verwandt, in seinen Augen "eine Strenge, ein totaler Abstand, der schaudern machte".

Die Auswirkungen dieser Rückkehr schlagen sich noch heute nieder. Für westliche Augen jedenfalls war Ayatollah Ruhollah Khomeini, der vor 25 Jahren, am 1. Februar 1979, aus dem französischen Exil in den Iran zurückkehrte, eine befremdliche Figur und ein religiöser Führer, dessen militanter islamischer Fundamentalismus den Westen bis heute in Atem hält.

Religion als Politik

Ein Revolutionär, der anders als Hitler, Lenin, Stalin oder Mao mitten im säkularen 20. Jahrhundert die Religion zum Dreh- und Angelpunkt seiner Politik machte. Ein schiitischer Gelehrter mit fanatischem Sendungsbewusstsein, der das auf Modernitätskurs setzende, pro-westliche, aber die Menschenrechte missachtende Persien des Schahs zurückstiess in einen mittelalterlich anmutenden Gottesstaat.

Johannes Paul II. und Khomeini

Der Bonner Politikwissenschaftler Hans-Peter Schwarz sieht - bei gravierenden Unterschieden - erstaunliche Parallelen Khomeinis zu der weltpolitischen Rolle, die Papst Johannes Paul II. beim Sturz des Kommunismus in Polen spielte. Beide betraten fast zur gleichen Zeit die Weltbühne. Beide "artikulierten einen unerwarteten Protest gegen die Modernität". Und nicht zuletzt waren beide Meister des modernen Medienzeitalters, die Hunderttausende begeistern konnten.

Der unter dem Namen Musavi im persischen Khomein geborene Ayatollah stammte aus bester Familie. Der Stammbaum des Vaters liess sich angeblich bis auf den Propheten Mohammed zurückführen, weshalb Khomeini berechtigt war, den schwarzen Turban zu tragen. Bis in die 40er Jahre hinein vertiefte er sich im berühmten theologischen Seminar von Ghom in islamische Glaubenslehre sowie die Mystik. 1943 veröffentlichte er sein erstes politisches Traktat, in dem er erstmals das Konzept eines Gottesstaates skizzierte. Mit weiteren pro-westlichen Reformen des Schahs radikalisierte sich nach 1961 auch die politische Aktivität des Geistlichen: Khomeini wandte sich insbesondere gegen das Frauenwahlrecht. Er selbst war verheiratet und hatte sieben Kinder; die Stellung der Frau hielt er für ein Schlüsselthema.

Arme und die Modernisierungsverlierer

1964 wurde Khomeini wegen Kritik an den den Schah unterstützenden USA aus dem Iran ausgewiesen. Im irakischen Exil entwickelte er schliesslich sein Programm, dass Anti-Amerikanismus, Anti-Kolonialismus und glühenden Hass auf alle "satanischen Verführer des Volkes" miteinander verband. Es waren die Armen und die Modernisierungsverlierer, die sich empfänglich für die Botschaft des Geistlichen erwiesen. Wichtige Multiplikatoren wurden die theologischen Seminare; die Machtergreifung wurde von den Moscheen und den 80.000 im Land predigenden Mullahs vorbereitet. Kassetten mit den Ansprachen des Ayatollahs erwiesen sich als hervorragendes Propaganda-Instrument.

Millionen bereiteten ihm in Teheran einen triumphalen Empfang. Nach einer Volksabstimmung im März wurde am 1. April 1979 die "Islamische Republik" ausgerufen. Eine neue Verfassung, im Dezember durch das Volk legitimiert, billigte Khomeini eine Sonderrolle als letzte politische und religiöse Instanz zu. An die Macht gelangt, setzte der Ayatollah seine Ideen unbarmherzig um. Politische Gegner wurden verfolgt und getötet. Khomeini zögerte auch nicht, seine "islamische Revolution" in andere islamische Länder zu exportieren. Tragische Konsequenzen hatte der Fanatismus des Geistlichen Führers auch im ersten Golfkrieg, der von 1980 bis 1988 zwischen dem Iran und dem Irak tobte und fast 900.000 Iranern das Leben kostete.

Nach wie vor Einfluss

Als Khomeini 1989 starb, hatte er den Zenit der Macht lange überschritten. Inzwischen war herausgekommen, dass er Waffenlieferungen aus den verteufelten USA akzeptiert hatte. 1988 hatte er auch zugestanden, dass die Interessen des Staates wieder über die Autorität des religiösen Führers gestellt wurden. Inzwischen ist die Macht der radikalen Mullahs zusammengeschmolzen, auch wenn ihr Einfluss stark bleibt. Vor den für den 20. Februar geplanten Parlamentswahlen tobt der Machtkampf zwischen der Regierung des reformorientierten Staatspräsidenten Mohammed Chatami und dem von konservativen Geistlichen beherrschten "Wächterrat", der mehr als 2.000 Kandidaturen von reformorientierten Anwärtern abgewiesen hat. Das System Khomeini ist noch nicht besiegt.

Datum: 31.01.2004
Autor: Christoph Arens
Quelle: Kipa

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