Auf der Seite der Vergewaltiger

Solidarität mit pakistanischen Frauen

Frauen leiden, wenn das Recht sexuelle Gewalt stützt: Die 18jährige pakistanische Christin Tamaras muss vor ihrem Vergewaltiger flüchten. Eine Anklage scheint sinnlos. Denn das Gesetz, in dem die Bestimmungen der islamischen Scharia durchschlagen, scheint auf seiner Seite.
Tamaras
Zweitklassig: Pakistanerinnen im Gespräch

Wie viele Mädchen in Pakistan musste auch die 18jährige Tamaras ihre Familie finanziell unterstützen. Ihre Familie war zu arm, um sie weiterhin auf die Schule zu schicken. So verdiente die junge Frau in einem muslimischen Haushalt 34 Euro pro Monat. Ihr Vater wurde arbeitslos; die junge Christin war die einzige Stütze ihrer Familie.

Über zwei Monate nutzte der Arbeitgeber namens Tariq die Situation aus und vergewaltigte Tamaras mehrfach. Er wusste, wenn sie ihre Familie nicht hungern lassen wollte, musste sie zur Arbeit zurückkehren. Und überhaupt: Er war angesehen, ein Wort von ihm genügte – die junge Frau würde keine andere Anstellung finden.

Wenn der Vergewaltiger Recht behält…

Wie kann Tamaras zu ihrem Recht kommen? Vor Gericht müssten vier männliche Muslime den Tatbestand bezeugen. Als Frau und Christin kann sie zwar Klage erheben, aber ihr Wort gilt vor der Scharia, dem in Pakistan immer stärker gewichteten islamischen Recht, nichts.

Nach zwei Monaten floh die Christin zurück zu ihren Eltern. Sie ertrug die Demütigungen nicht mehr. Tariq forderte Tamaras zurück, doch sie weigerte sich und ihre Eltern wollten lieber verhungern, als sie noch einmal den Händen des Peinigers zu überlassen.

Kurzum beschuldigte sie dieser des Diebstahls. Mehrere Wochen sass sie im Gefängnis, ehe sie auf Kaution frei kam. Auf den Prozess wartet sie weiterhin. Das Wort der verachteten Christin steht gegen das eines angesehenen, reichen Muslims: «Sollen sie mich töten, ich werde mich nie wieder vor Menschen beugen», versichert Tamaras. «Sollen sie mich verurteilen, Gott hat mich schon auf Golgatha freigesprochen.»

«Besuch» vom Wachpersonal

«Auf Tamaras wartet ein langwieriger Prozess», sagt Michael Hausin von der Hilfsaktion Märtyrerkirche in Deutschland gegenüber Livenet. «Ihr droht eine mehrjährige Haftstrafe. Möglich, dass sie mit fanatischen Terroristinnen inhaftiert wird. Für eine Christin sicher nicht ideal.» Es gab auch schon Morde an Christen – im Gefängnis. Laut Hausin wurde der ungenügende Schutz der Insassen damit entschuldigt, die Wärter hätten gerade zu Mittag gegessen…

Die Frauen kriegen dagegen abends auch schon mal Besuch vom männlichen Wachpersonal. Ungebeten. Wichtig ist daher, so Hausin, dass Tamaras von CLAAS vertreten werde. Diese pakistanische Menschenrechtsgruppe kümmert sich um Christen, welche in Bedrängnis geraten. Zur Zeit ist Tamaras frei. Sie wechselt mit Wissen der Polizei öfter den Aufenthaltsort, damit Tariq sie nicht finden kann.

Der Mann ist der Boss

In der von Männlichkeitswahn geprägten pakistanischen Gesellschaft ist Tamaras’ Geschichte kein Einzelfall. Frauen sind Menschen zweiter Klasse; Christinnen werden von Muslimen erst recht verachtet.

Michael Hausin: «Für eine Schweizerin oder Deutsche ist es unvorstellbar, so aufzuwachsen. Von klein auf lernen sie, was sich gehört und was nicht.» Sie haben unterwürfig zu sein, den Blick zu senken. Der Mann ist der Boss. Eine Frau darf nicht besser sein. Dies würde als frech taxiert. Sie würde sich über den ihr zugewiesenen Stand erheben. «Ist die Frau besser gebildet, darf sie dies nicht zeigen. Es wäre überheblich und arrogant.»

Internet: www.h-m-k.org

Datum: 22.12.2003
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service