Jordaniens Christen zwischen König und Islamisten – doch Basketballer werfen “Körbe für Jesus”

Jordanien
Heinz Gstrein

Seit Mitte August hat Jordanien wieder eine Regierung, die sich auf eine demokratisch gewählte Mehrheit im Parlament von Amman stützen kann. Für Ministerpräsident Ali Abul Ragheb stimmten 84 der 108 Abgeordneten, unter ihnen acht Vertreter der jordanischen Christen.

In den letzten drei Jahren hatte König Abdallah II. ohne Volksvertreter regiert, da die allgemeine Stimmung im Land einen Sieg der Islamisten befürchten liess: Im Februar 2000 war von 53 der damals 80 Abgeordneten die Umwandlung Jordaniens in einen islamischen Staat gefordert worden, mit kaum noch Religionsfreiheit für die vier Prozent Christen (etwa 250 000) in einer sonst muslimischen Gesamtbevölkerung von 6,3 Millionen.

Muslime haben die grösseren Familien

Noch vor zehn Jahren machten die Christen acht Prozent unter 4,5 Millionen Einwohnern aus: die Bevölkerungsentwicklung hat das Verhältnis verschoben. Schon heute sind das Verteilen von Bibeln und öffentliche christliche Kundgebungen verboten.

Die Neuwahlen in Jordanien hatten zwar letzten Juni die Stabilisierung des Nahen Ostens ein gutes Stück weitergebracht. Das bescheidene Abschneiden der Islamisten bewies nach Jahren der Ungewissheit, dass das Königreich östlich vom Jordan mit seinem hohen palästinensischen Bevölkerungsanteil nicht von der Westbank und dem Gazastreifen her in den Sog von Hamas und Dschihad geraten ist.

Erstmals acht Christen im Parlament

Gleichzeitig wurden aber auch so viele Christen wie noch nie gewählt: Während sich die Islamische Aktionsfront (IAF) nur 17 der 110 Sitze sichern konnte, kamen erstmals acht Christen (statt bisher 3-5) ins Parlament von Amman. Vier von ihnen sind griechisch-orthodox, zwei griechisch-katholische Melkiten, je einer Lutheraner (Evangelisch Lutherische Kirche in Jordanien) bzw. Presbyterianer.

PLO-nahe Pastoren unerwünscht

Evangelische Abgeordnete sind in Jordanien überhaupt etwas ganz Neues: Zu lange wirkte die Präsenz ihrer Pastoren beim palästinensischen PLO-Zentralkomitee im eher Arafat-feindlichen Jordanien nach. Den erstmals zur Kandidatur zugelassenen Frauen gelang ein direkter Einzug in die Volksvertretung nicht. Doch hatte ihnen König Abdallah II. auf Wunsch seiner Gattin Rania so oder so sechs Sitze reserviert.

Im Gefolge der wankelmütigen Politik des alten Königs Hussein zwischen Saddam und dem Westen sowie des wenig populären Friedens mit Israel von 1994 war auch Jordanien zum Nährboden polit-islamischer Unrast geworden. Diese auf den Koran eingeschworene Opposition hatte die letzten Wahlen von 1997 boykottiert und damit ihre tatsächliche Stärke vernebelt. Ängstliche Vermutungen gingen seitdem sogar von einer heimlichen Mehrheit der Islamisten aus.

Anschlag gegen Ex-Muslim

Jedenfalls haben die Islamisten bis zuletzt gerade die jordanischen Christen unter Druck gesetzt. In Einzelfällen scheuten sie auch vor tödlichen Attentaten nicht zurück. Am 6. Mai dieses Jahres fiel im libanesischen Tripoli der vom Islam zum christlichen Glauben bekehrte Jordanier Dschamil Ahmed ar-Rifai einem Bombenanschlag zum Opfer.

Er hatte seine Heimat 1997 verlassen, weil ihn deren Behörden nicht als Christ anerkennen wollten. So war sein Fall aber bekannt geworden. Der lange Arm der jordanischen Islamisten ereilte ihn sogar nach sechs Jahren im Libanon. Dort hatte er bei einer Missionarsfamilie aus den Niederlanden sichere - wie er glaubte – Zuflucht gefunden.

Die Kinder der Witwe

Ein anderer Härtefall betrifft die christliche Witwe Sihham Kandah, deren Mann drei Jahre vor seinem Tod heimlich zum Islam übergetreten sein soll. Das behauptet jedenfalls sein Bruder, der diesen Schritt ganz offiziell gesetzt hat. Jetzt erhebt er Anspruch auf seine 14jährige Nichte Rawan und den zwölfjährigen Fadi, die von ihm islamisch erzogen werden sollen.

Christliche Sportclubs

Neuerdings bedienen sich die Kirchen des Königreichs auch des Sports, um in der jordanischen Öffentlichkeit von ihrer Präsenz Zeugnis zu geben. Am bekanntesten ist der von orientalischen Christen ins Leben gerufene Sportclub “Orthodoxi”.

Seine Mannschaft spielt beim “König-Abdallah-II.-Basketball-Cup, der vom 20. bis 30. August in Amman stattfindet, eine wichtige Rolle: “Wir werfen Körbe für Jesus!”, sagt Coach Nabil Abu Chader. Evangelische und katholische Sportvereine bemühen sich ebenfalls um ein gutes Abschneiden: Für Christus im islamischen Jordanien.

Datum: 22.08.2003
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet.ch

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