Kirchliche Leiter aus aller Welt haben mit
klaren Worten zu den Unruhen in den USA Stellung genommen. Sie verurteilen
einhellig den «systemischen Rassismus», verurteilen aber auch sinnlose Gewalt.
Ein Protestler in Chicago (Bild: Facebook)
Der Erzbischof von
Canterbury, Justin Welby und der Erzbischof von York, John Sentamu, erklärten,
dass jeder einzelne mithelfen müsse, Rassismus auszurotten. «Lasst uns klar
sein: Rassismus ist ein Affront gegen Gott, geboren aus Ignoranz, und muss
ausgerottet werden. Wir alle sind verantwortlich, mitzuhelfen, dass dieser
Schandfleck auf der Menschheit eliminiert wird.»
Efraim Tendero
Der Generalsekretär der
Weltweiten Evangelischen Allianz, Bischof Ephraim Tendero, erklärte, dass
Christen als Friedensstifter an vorderster Front für Versöhnung und
Gerechtigkeit eintreten müssen. «Als weltweite Familie von Christen fühlen wir
den Schmerz einer Nation in Aufruhr, unter der Last von zerbrochenen
Beziehungen und jahrzehnte-, ja
jahrhundertelanger Ungerechtigkeit zwischen Angehörigen verschiedener
ethnischer Hintergründe. Wir sind auch besorgt über die offensichtliche Gewalt,
die die friedlichen Proteste überschattet», erklärte Tendero.
Adventisten: «Zeit für Mitgefühl und Heilung»
«Als Siebenten-Tags-Adventisten
stehen wir weltweit zusammen, um Rassismus, Intoleranz, Hass, Vorurteile und
Gewalt in all ihren unzähligen Formen zu verurteilen», erklärte Pastor Ted Wilson,
Weltkirchenleiter der Adventisten. Gott sei ein Gott der Gerechtigkeit, der
alles sehe und wisse. «Wir vertrauen darauf», schreibt Wilson, «dass er sein
Wort erfüllt, wenn er sagt: 'Die Rache ist mein, ich will vergelten'» (Römer Kapitel
12, Vers 19).
Die Adventisten stünden entschieden
zu den biblischen Prinzipien, die sich gegen Hass, Wut, Rassismus,
Fanatismus, Verdächtigungen und Vorurteile richteten. Jesus Christus sei der
einzige, der die Herzen der Menschen verändern könne.
ERF-Leiter: Offener Brief an die «lieben
Christen in den USA»
Jörg Dechert
«Ich bin fassungslos»,
beginnt der Vorstandsvorsitzende von ERF Medien, Jörg Dechert, einen Post auf seiner Blog-Seite. «Mir geht es nicht um Politik. Euer Land ist nicht mein
Land, und euer Präsident ist nicht mein Präsident. Ich teile weder eure Wahl
noch eure Verantwortung. All das ist eure Angelegenheit, nicht meine», schreibt
Dechert. «Aber die Bibel, die euer Präsident inmitten von
Tränengasschwaden in die Kamera gehalten hat, ist auch meine Bibel.» (Livenet berichtete)
Mit Blick
auf die Unterstützung Trumps durch viele Evangelikale erklärt er: «Ich leide daran,
wie ihr alle Haltungen und Werte über Bord werft, die ihr euren Kindern
beigebracht habt, wie ihr tausend Lügen ignoriert, beiseite wischt, wegerklärt,
schönredet – weil ihr glaubt, dadurch gesellschaftlichen Einfluss zu behalten?»
Evangelikale in den USA
Die Nationale
Vereinigung der Evangelikalen in den USA erklärte, der Tod von Floyd und
anderen Schwarzen illustriere «ernsthafte Rassenungerechtigkeit in den USA» und
«das wiederkehrende Trauma, das afrikanische Amerikaner erleben». Und weiter: «Wir verurteilen Rassismus und den
gewaltsamen Missbrauch von Macht, rufen zu Gerechtigkeit für Opfer und ihre
Familien auf und ermahnen Kirchen, Haltungen und Systeme zu bekämpfen, die
Rassismus unterstützen.» Gleichzeitig dürfe man nicht die Polizei generell
aburteilen: «Wir sind dankbar für Polizeioffiziere, die in Ehren dienen und
unsere Gemeinschaften schützen, und wir bitten, für sie zu beten.»
«Kirchen haben die Tendenz, wegzuschauen»
Bischof T. D. Jakes
Bischof T. D. Jakes erklärte
in einem Online-Gespräch mit Carl Lentz, Pastor der Hillsong-Gemeinde in New
York, dass die Namen von getöteten Schwarzen in den USA wie ein «Auslöser» für
Menschen wirken, die selbst Rassenungerechtigkeit erlitten haben: «Wenn diese
Auslöser losgehen, kommt ein Trauma zurück», erklärte Jakes. «Die Wut, die wir
hier sehen, ist nicht nur über ein Ereignis, sondern über viele.»
Jakes sprach
von persönlichen Erfahrungen mit Rassismus in seiner Kindheit und dass sein
Grossvater von Anhängern
der Weissen Vorherrschaft umgebracht wurde. «Die Kirche hat eine Tendenz,
wegzuschauen», erklärte Jakes. «Nicht nur weisse Menschen, braune Menschen, arme
Menschen und Menschen in Käfigen an der Grenze – immer wenn es hässlich wird
und wir uns nicht damit beschäftigen wollen, schauen wir weg.»
Gleichzeitig
warnte Jakes, dass Gewalt keine Lösung für das Problem des Rassismus sei: «Die
Geschichte lehrt uns, dass Gewalt keine Lösung ist.» Das Wirksamste sei, sich klar gegen Ungerechtigkeit auszusprechen. Dr. Martin Luther King habe es
deutlich gemacht: «Das Schlimmste ist nicht die Bosheit oder Grausamkeit von
bösen Menschen, sondern das Schweigen der guten Menschen.»