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Die meisten Honduraner können nicht verstehen, weshalb man in Europa davon spricht, dass es in ihrem Land einen Militärputsch gab. Für sie ist die Absetzung von Präsident Zelaya ein demokratischer Akt. Livenet.ch hat sich mit dem Schweizer Kinderhilfswerk «Casa Girasol» vor Ort ein Bild der Lage gemacht.
Das Meer funkelt blau, die Sonne steht hoch am Himmel. Die zwischen Palmen gespannten Hängematten laden ein, sich ein wenig Schatten zu gönnen. Wer an der Nordküste Honduras am Strand liegt, könnte meinen, auf einer karibischen Insel zu sein. Ein Traum für jeden Touristen - doch anders als auf den Karibikinseln steht Honduras noch in den Kinderschuhen, was den Tourismus betrifft. Zwar hat man in den letzten Jahren parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung auch in diesem Bereich aufgeholt. Nun aber schreckt die ungewisse politische Situation viele Urlauber ab.
Das Hotel der Workcamper liegt mitten in einer Garifuna-Siedlung direkt am Strand. Diese Volksgruppe wohnt vor allem in Küstendörfern an der gesamten Karibikküste von Honudras und hat weitgehend eine eigene Kultur und Sprache bewahrt. Die Garifunas haben indianische und afrikanische Vorfahren. Die Armut ist im ganzen Land sehr hoch, über 70 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Doch unter den Garifunas sind es noch weit mehr.
Der Hurrikan «Mitch» hatte 1998 grosse Teile von Honduras zerstört und das Land auch wirtschaftlich um Jahre zurückgeworfen. Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch; genaue Zahlen liegen nicht vor. Viele Honduraner sind abhängig von Verwandten in den USA, die sie finanziell unterstützen. Dennoch hat das Land in den letzten Jahren wirtschaftliche Fortschritte gemacht - vor allem dank internationalen Entwicklungsgeldern. Würden diese nun gestrichen, wie es Honduras nach der Absetzung von Präsident Zelaya angedroht wurde, hätte das fatale Auswirkungen.
Das stimmt: Seit Honduras 1981 nach einer Militärregierung zurück zur Demokratie fand, stellten nur zwei verschiedene Parteien den Präsidenten. Die letzten Wahlen fanden 2005 statt. Mit 57 Prozent war die Stimmbeteiligung so tief wie nie zuvor. Die Korruption und die mangelnde Fähigkeit der Politiker, die Anliegen der verschiedenen sozialen Gruppen im Land aufzugreifen, haben wohl dazu beigetragen. Gewählt wurde damals Manuel Zelaya. Erst nach seiner Wahl hatte sich dieser der Bewegung des «Sozialismus des 21. Jahrhunderts» angeschlossen, die von Venezuelas Präsident Hugo Chávez angeführt wird.
Zur Volksbefragung kam es nicht. Stattdessen entschied das Nationalparlament mit 124 zu 4 Stimmen, den Präsidenten am 28. Juni vom Militär absetzen zu lassen und seinem Streben nach einer zweiten Amtsperiode ein Ende zu setzen. Wäre man dabei etwas geschickter vorgegangen und hätte man den entmachteten Präsidenten nicht im Schlafanzug ausser Landes gebracht, würde wohl auch ausserhalb Honduras niemand von einem Militärputsch sprechen. Doch Zelaya verstand es seither immer wieder, sich dem Ausland in der Opferrolle zu präsentieren.
Auf und neben den Strassen sehen die Workcamper neben der Politwerbung immer wieder religiöse Hinweise. Fast an jedem öffentlichen Bus findet man eine Aufschrift wie «Jesus lebt», und Kirchen sind im Minutentakt zu sehen. Religion ist in Honduras eine öffentliche Sache. «Vor dem christlichen Glauben haben alle Respekt», erklärt «Casa Girasol»-Missionar Andreas Schmid. Selbst die brutalen Strassengangs: Wer sagt, dass er zur Kirche will, hat vor ihnen nichts zu befürchten - wenigstens bis zum Ende des Gottesdienstes. Anders als in Europa kann man hier mit jedem über Gott und Jesus sprechen.
Probleme machen fundamentalistische Einflüsse in den Gotteshäusern - egal, zu welcher Denomination sie gehören. Das erlebt Andreas immer wieder: «Da werden vor dem Einzug des Opfers zusätzliche Predigten gehalten, damit besonders viel Geld zusammenkommt. Die Botschaft lautet: „Je mehr du gibst, desto mehr wird Gott dich segnen!"» In einem armen Land wie Honduras sei man sehr stark auf das Geld fixiert - und das komme dann eben auch in Gottesdiensten zum Ausdruck. Zudem fehlt vielen Pastoren eine fundierte Ausbildung. Deshalb werden zurzeit Schulungen durchgeführt, in denen die Gemeindeleiter auf problematische Tendenzen aufmerksam gemacht werden.
Lesen Sie den 3. Teil: Tegucigalpas Kinder zwischen Gewalt, Prostitution und HoffnungLinks zum Thema:
Warum Europa und UN bei Honduras falsch liegen - Bericht auf «Welt online»
Honduras hängt am Hilfs-Tropf - Artikel der NZZ