Indianer in Zentralamerika

Berufskurse als Weg zu einem selbstbestimmten Leben

Damit Indianer in Zentralamerika aus der Armut herausfinden, brauchen sie Berufskurse, die ihrer Kultur angemessen sind. Die Organisation „Licht in Lateinamerika“ (LIL) bietet sie im Süden Costa Ricas an.
20 Jahre in Zentralamerika engagiert: Köbi Vögeli schildert die Lage der Indianer.
Mit Indianern auf Du: Iris und Walter Hürlimann mit Laura und Tania
In der Schreinerei
Die Indianer lernen auch, wie man Hänge vor Erosion schützt.
Das Ausbildungszentrum im Süden Costa Ricas vom nahen Felsen aus gesehen.

Am Sonntag führte die christliche Entwicklungshilfeorganisation in Bäretswil im Zürcher Oberland ihren jährlichen Missionstag durch. Walter und Iris Hürlimann schilderten im Morgengottesdienst, wo die Indianer, die für drei Monate ins LIL-Kurszentrum kommen, „Grenzen überschreiten“ (so das Thema des Tages).

Manche müssen erst lernen, den Wasserhahn zuzudrehen; die Männer kostet es Überwindung, Waschräume zu reinigen. Auch die SchweizerInnen und Deutschen sind vielschichtig herausgefordert: bei umständlichen Reisen in die Reservate der Indianer und ihrem exotischen Speisezettel, beim stundenlangen Warten in Ämtern. Dem Unterricht können manche wegen mangelnder Schulbildung nur mit Mühe folgen. Und Theorie wird meistens erst nach dem praktischen Üben verstanden…

„Vergessene Völker“

Am Nachmittag gab Köbi Vögeli, der Gründer der Kursarbeit, Einblick in die Lage der teilnehmenden Indianer. „Dieses Jahr geschah es zum ersten Mal, dass einer mit dem Notebook kam. Andere können gar nicht lesen und schreiben.“ Allein in Costa Rica leben schätzungsweise 60'000 Indianer in 23 entlegenen und immer noch vernachlässigten Reservaten. „Somos pueblos olvidados“ – „Wir sind vergessene Völker“, gab eine Zeitung eine Selbsteinschätzung wieder.

An den Dreimonats-Kursen in Landwirtschaft, Mechanik und Holzbearbeitung auf der Finca, dem LIL-Zentrum bei San Isidro in Costa Rica, nehmen meistens um 25 Männer, einige mit Frau und Kindern, teil. Manche kommen aus den Nachbarländern Nicaragua, Honduras und Panama. Auf den Grundkurs folgen im Jahresrhythmus zwei Vertiefungskurse.

Vielfältige, angepasste Schulung

Im letzten Jahr erhielten die Frauen zum ersten Mal auch Unterricht in Landbau; zuvor hatten ihnen die Europäerinnen im Zentrum Hygiene und Bibelkenntnisse vermittelt. Wie Iris Hürlimann erzählte, kommen nicht wenige krank auf die Finca. Ein Baby brauchte Spitalpflege, sonst wäre es wie sein Geschwisterchen vor ihm gestorben. Laut Vögeli gibt es noch viele Stämme in Zentralamerika, aus denen niemand von den Kursen profitiert hat.

Die Organisation sucht darum, auch mit Hilfe einheimischer Vertreter, motivierte und fähige Schüler zu finden. Der Aufbau von Vertrauen sei oft ein langwieriger Prozess, sagte Vögeli. Die Schüler, die in drei Monate grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben, in der Schreinerwerkstatt auch gleich einige Werkzeuge fertigen, kehren in der Regel in ein von Armut und Hoffnungslosigkeit geprägtes Umfeld zurück.

Doch was sie gelernt und auf der Finca beobachtet haben, hilft ihnen, in ihren Reservaten ein Kleingewerbe zu starten oder das Land ertragreicher zu bebauen. Sie setzen dort, wo staatliche Sozialhilfe und Modernisierungsbemühungen kaum greifen, mit Kreativität und Fleiss Signale des Aufbruchs.

Die Organisation „Licht in Lateinamerika“, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen in der Schweiz, sucht derzeit Berufsleute für Langzeit- und Kurzzeiteinsätze auf der Finca in Costa Rica.

Datum: 02.02.2005
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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