Die «St. Maria von Zion» Kirche in Aksum (Bild: boundlessethiopia.com / subpng.com / Livenet)
Zum Bericht über ein «Massaker» rund um die «St.
Maria von Zion»-Kirche in Aksum (Provinz Tigray) in Äthiopien mit 750 Toten (Livenet berichtete) gibt es nach wie vor
gegensätzliche Darstellungen.
Da zu Beginn der
Kampfhandlungen in Tigray Internet, Telefon und Strom unterbrochen wurden,
gelangen kaum Informationen nach aussen. Das Medienmagazin «pro» hält fest,
dass auf Nachfrage hin weder dem persönlichen Afrikabeauftragten der
Bundeskanzlerin, Günter Nooke, noch der deutschen Botschaft in Addis Abeba Informationen
vorliegen, die den Bericht über ein Massaker in Aksum bestätigten. Die
Menschenrechtsorganisation Open Doors bekomme aus ihrem eigenen Netzwerk
Rückmeldungen, dass ein solches Massaker «sehr unwahrscheinlich» sei: «Je mehr
wir nach Beweisen dafür graben, um so weniger finden wir.»
Fake
News-Kampagne
Die BBC hatte bereits im
letzten November über zahlreiche Versuche berichtet, falsche oder irreführende
Informationen über die Situation in Äthiopien zu verbreiten. So war Präsident Abiy
Ahmed mit einem falschen Bart angeblich auf dem Schlachtfeld fotografiert
worden (das Originalfoto stammte aus der Ukraine) oder Fotos aus einem
japanischen Kriegs-Game wurden als Beweis für den Abschuss einer äthiopischen
Maschine gebracht. Open Doors erklärte dazu: «Der Krieg hat sich vom
Schlachtfeld auf die sozialen Medien verlagert und das halten wir für sehr
gefährlich.»
«Genau
das Gegenteil»
Gehört der Bericht über ein
«Massaker» in diese Kategorie? Eine in der Schweiz lebende Äthiopierin ist
überzeugt davon. Sie verwehrt sich in einem E-Mail an Livenet «vehement» gegen
den Bericht: «Es ist eine Lüge. Es sind Fake News. Der Bericht behauptet, dass
angeblich reguläre äthiopische Regierungstruppen die Kirche von Aksum
angegriffen haben und viele Gläubige massakriert haben. Das genaue Gegenteil
ist die Wahrheit. Die äthiopischen Regierungstruppen haben die Kirche vor den
Tigray Milizen beschützt. Diese haben sich dort verschanzt und versuchten, die
Regierungstruppen zu provozieren, damit sie die Kirche angreifen. Ohne die
Kirche zu beschädigen oder Unschuldige zu töten, haben die Regierungstruppen die
Kirche befreit. Bei Kampfhandlungen hat es tote Soldaten auf beiden Seiten
gegeben. Niemals kann von einem vorsätzlichen Massaker der äthiopischen
Regierungstruppen an gläubigen Zivilisten gesprochen werden. Einige Tage
später hat die Kirche von Aksum ihr jährliches Fest in Ruhe gefeiert. Wäre das
möglich gewesen nach so einem Massaker?»
Die Analyse der Äthiopierin: «Die
ehemalige Tigray-Miliz hat 40 Jahre mit einem ultra korrupten brutalen Regime das Land
ausgebeutet, versklavt, das Land sehr arm gemacht. Die Bevölkerung im Tigray
feiert ihre Befreiung und Äthiopien ist die Region wieder am Aufbauen.»
Zum
Hintergrund
Die
«Tigray People's Liberation Front» TPLF schürt seit gut 30
Jahren Unabhängigkeitsbestrebungen auf ethnischer Basis, indem die amharische
Mehrheit des Landes als grosser Gegner bezeichnet wird. Durch den
Friedensschluss von Präsident Abiy Ahmed mit Eritrea (wofür er vor zwei Jahrenden Friedensnobelpreis bekam) ist dieses Unabhängigkeitsstreben stark unter Druck geraten. Nachdem die TPLF im
November einen Militärposten überfallen hatte, hat die Zentralregierung eine
Strafexpedition nach Tigray gestartet, die nach eigenen Angaben aber nicht der
Bevölkerung, sondern der TPLF gilt.