In
der Krise zeigt sich in Niger der Segen eines starken medizinischen Engagements
in einem Land, das unter Boko Haram, Al Kaida, Covid-19, HIV, Tuberkulose und
andern Plagen leidet.
In der Sahel-Republik Niger haben die
Angriffe islamistischer Terrormilizen auf Schulen und Kasernen, Kirchen und
Gemeindezentren auch während der Corona-Seuche nicht aufgehört. Christen war es
von den Gesundheitsbehörden seit dem 12. April verwehrt, sich äussere Zeichen
ihrer Verbundenheit zu geben. Jetzt bringt aber auch in Niger das
Wiederaufleben von Gottesdiensten und Versammlungen einen Neubeginn. Dass das
auf Pfingsten 2020 geschieht, hat starke symbolische Kraft: Auf die Monate der
Angst vor Boko Haram und Al-Kaida mit Corona als Draufgabe folgt nun die
hoffnungsvolle Rückkehr in die Kirchen.
Evangelische Mission mit starkem sozialen Einsatz
Evangelische Freikirchen verkünden seit
Jahrzehnten in Niger und engagieren sich in sozialen Projekten. «Serving in
Mission» (SIM) gründete schon 1930 ein Krankenhaus und Gesundheitszentrum in
Galmi. Dieser Ort ist Schwerpunkt des Anbaus von weissen und violetten
Zwiebeln, die eines der wichtigsten Produkte von Niger bilden. SIM begann dort
mit drei Krankensälen und einem Arzt – heute stehen in der medizinischen und
gynäkologischen Abteilung, Pädiatrie und Chirurgie 154 Betten. In einem
besonderen Flügel werden unterernährte Kinder behandelt.
Diese Arbeit ist in der Sahelzone wegen der
stetig wiederkehrenden Hungersnöte besonders dringlich. Ausserdem der Kampf
gegen Tuberkulose und HIV/AIDS, die ebenso wie Augen- und Zahnprobleme in
eigenen Ambulanzen behandelt werden. Im Namen Jesu leistete und leistet das
Spital von Galmi in dieser Ecke südlich der Sahara Millionen Menschen
mitfühlende Hilfe. Es ist dabei auf die Gebete, die Spenden aber auch Nachwuchs
aus der Christenheit im Norden der grossen Wüste angewiesen.
Einsatz in der Pädiatrie
Ein schönes
Beispiel gab die Freie Evangelische Gemeinde Dornbirn, die Kinderärztin
Veronika Kramer aus Vorarlberg nach Niger geschickt hat. Nach einem Masterkurs für Tropical
Pediatrics in Liverpool verstärkte sie das Ärzteteam in Galmi. Schon als Kind war
sie fasziniert von Afrika. Nach ihrem Medizinstudium ging sie mit «Ärzte ohne
Grenzen» für zehn Monate nach Sudan: «Danach wusste ich: Afrika ist mein
Auftrag.» Gerade für eine Kinderärztin: «Es sind so freudige Momente, zu sehen,
wie ein Kind sichtlich erholt, aufrecht im Bett sitzt und isst, oder wieder
kräftig an der Brust saugt. Andererseits sind die Kinder sehr viel kränker
als bei uns, wenn sie kommen, so dass fast jeden Tag eines stirbt.»
Trotz Unruhen verschont
Während der Corona-Krise blieb das
SIM-Spital von islamistischer Gewalt verschont, obwohl es sonst in der ganzen
Region Zinder im Süden von Niger zu Protesten aufgehetzter Muslime kam. Diese
Unrast hatte sich am Verbot der öffentlichen Moscheegebete entzündet. In
Galmi handelten die Behörden
glücklicherweise schnell. Sie zogen Polizisten aus der ganzen Umgebung heran,
um die Sicherheit der Stadt und «unseres Krankenhauses» zu stärken. Zwar
verbreitete sich der Geruch von brennenden Reifen und Tränengas, aber das
Spital blieb verschont.
Auswirkungen auf den Glauben der Christen
Nigers Christinnen und Christen beginnen
jetzt, über die Zeit nach Corona nachzudenken. Wie die Korrespondentin der
Konrad-Adenauer-Stiftung in Niamey, Sourghia Soumana, einschätzt, wird die Zeit
der Schliessungen positive oder negative Auswirkungen auf das Leben und den
Glauben haben. Für «lauwarme» Christen könnte dies das Ende sein. Für andere
habe sich der Durst nach Gott und nach Gemeinschaft verstärkt. Sie zitiert
einen Prediger mit den Worten: «Bereiten wir uns auf das Pfingstfest vor, auf
die Geburt einer erneuerten Kirche! Wagen wir es, uns vom Atem des Heiligen
Geistes tragen zu lassen, der uns zu neuen Menschen machen will.»