Aufforderung der Kirchenleiter

Sehnsucht nach Frieden im Osten Kongos

Vom kleinsten Dorf bis in die grössten Städte sehnen sich die Menschen im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) nach Frieden. Kirchenleiter fordern die Rebellen auf, ihre Waffen niederzulegen. Ein Augenschein im Notgebiet.
Frieden im Kongo
Pfr. Kakule Molo (rechts), Leiter der Baptisten in Zentralafrika, und Vertriebene im Nzulo Camp im Osten Kongos.
Vertriebene Frauen und Kinder.
In einer Nothütte in Bukavu

Seit Jahren ist die Bevölkerung dieser Region Opfer eines komplexen Konflikts, als dessen Angelpunkt der Abbau von Bodenschätzen gilt. Fast 5 Millionen Menschen sind laut Angaben kongolesischer Kirchenverantwortlicher bisher umgekommen. "Wir brauchen Frieden. Unser Land hat gelitten. Wir brauchen Ihre Hilfe", sagt Pfarrer Muhasanya Lubunga, Vorsitzender der Kirche Christi im Kongo (ECC) in der Provinz Süd-Kivu, einer Gruppe des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), die Anfang Juli Bukavu in der Provinz Süd-Kivu und Goma in Nord-Kivu besucht.

In ihren Gesprächen mit Kirchenverantwortlichen, Regierungsbeamten und Gemeindemitgliedern erfährt die Delegation, wie die Kirchen dem Terror der Rebellen zum Trotz Frieden und Versöhnung gefördert und Hilfe mobilisiert haben."Wir wissen, dass der Krieg anhalten wird, solange die verschiedenen Bevölkerungsgruppen nicht in Frieden miteinander leben können", erklärt Pfarrer Kakule Molo, Präsident der Baptisten in Zentralafrika, bei einem Treffen in Goma.

Die brutale Gewalt, mit der die Rebellen gegen die Zivilbevölkerung in der Region vorgehen, ist eine der Hauptsorgen der Kirchenleiter: Morde und Massenvergewaltigungen, Entführungen und niedergebrannte Dörfer. Die Kirche versucht die Rebellen zur Abgabe ihrer Waffen zu bewegen. Mehrere hundert Kämpfer haben das in den letzten Monaten getan.

Die Not der Zivilbevölkerung

Am Tag des Besuchs in Bukavu weiss Rozette Ndakumbusoga, eine Bäuerin aus der Gegend um Mwenga, nicht, ob sie für ihre Kinder etwas zu essen haben wird. Vor zwei Monaten ist sie hierher geflohen, als Kämpfe in Mwenga ausbrachen. "Wir haben nichts mitgenommen. Wir sind gerannt, sobald wir die Schüsse hörten. Wir waren viele", sagt Ndakumbusoga. "Wir sind hier mit leeren Händen angekommen. Alles, was wir wollen, ist, dass die Kämpfe aufhören, damit wir auf unsere Höfe zurück können", fügt sie hinzu. "Wir wollen auch, dass unsere Kinder wieder zur Schule gehen können."

Angst vor weiteren Kämpfen

Wie Ndakumbusoga gehört auch Mukobelwa Ndabegelwa, ein Lehrer, zu den 600'000 Menschen aus der Region und den vielen weiteren aus anderen Teilen Ostkongos, die in Bukavu Sicherheit gesucht haben. Vor Jahren hatte die Stadt 200'000 Einwohner, jetzt sind es den Kirchenverantwortlichen zufolge fast 1,2 Millionen. "Ich bete darum, dass der Krieg endet, damit wir zu unseren Familien zurückkehren und wieder arbeiten können", sagt Ndabegelwa, "aber das geht nicht, denn wir haben Angst vor weiteren Kämpfen."

Der Lehrer, der in einer überfüllten Behelfsunterkunft im Süden der Stadt lebt, erzählt vom Elend der Menschen. Die Schuld daran schreibt er den so genannten Demokratischen Kräften für die Befreiung Ruandas (FDLR) zu. "Viele hier sind krank, unsere Kinder sind auch krank. Wir brauchen Medikamente, Unterkünfte und Kleidung", erklärt Ndabegelwa. "Wir schlafen auf Matten. Wir sind so viele. Es ist sehr schwierig für uns."

Vor sechs Jahren unterzeichnete die Regierung ein Friedensabkommen mit einigen der Rebellengruppen, andere haben nicht unterzeichnet. Es folgte eine Zeit relativen Friedens. Die Kirchenverantwortlichen haben jedoch festgestellt, dass die Rebellen ihre Angriffe intensivieren, wann immer die Regierungsarmee militärische Operationen gegen sie durchführt. "Die Menschen strömen nach Bukavu, weil sie Frieden suchen", sagt Bischof Jean-Luc Kuye Ndondo, ECC-Vorsitzender in Süd-Kivu. "Immer weniger Menschen sind in der Lage, Nahrungsmittel anzubauen, so dass wir nicht genug zu essen haben. Wenn Militäroperationen durchgeführt werden, ist die Not noch grösser."

Rebellen zur Entwaffnung überreden

 Lokale Verantwortungsträger sind weitgehend der Meinung, dass in erster Linie die FDLR, die ihre Entstehung vom Völkermord in Ruanda 1994 ableiten, für das Elend im Osten der DRK verantwortlich sind. Daher wäre es ein entscheidender Schritt zum Frieden in der Region, wenn man friedlich mit den FDLR sprechen und sie überreden könnte, ihre Waffen niederzulegen.

Aus dieser Überzeugung heraus haben sich Kirchenverantwortliche an FDLR-Kämpfer und andere, als ‚Mai Mai‘ bekannte lokale Milizen gewandt und nachdrücklich für eine Entwaffnung plädiert. Bischof Josué Bulambo Lembelembe, dem stellvertretenden ECC-Präsidenten in Süd-Kivu, zufolge haben ihre Bemühungen bereits Fortschritte gebracht. "Wir haben sieben junge Menschen auf diese Aufgabe vorbereitet. Diese Aktivisten gehen in die Kirchen und sprechen mit den Menschen", sagte Bulambo. "Sie gehen zu den Rebellen und sprechen mit ihnen darüber, wie leidvoll sich ihre Kämpfe auf das Leben der Menschen auswirken. Sie drängen sie, aus den Wäldern herauszukommen und friedlich mit der Bevölkerung zu leben."

Laut Bulambo konnten auf diese Weise einige Kämpfer dazu gebracht werden, die Wälder zu verlassen. Vor einigen Monaten hätten 293 Rebellen in Anwesenheit von Verantwortlichen der internationalen Gemeinschaft, der Kirche und der Zivilgesellschaft ihre Waffen niedergelegt. "Das einzige Problem ist: als sich ein Vorausteam [von Rebellen, die nach Ruanda gehen sollten, um zu sondieren, ob ihnen die Rückkehr erlaubt würde] auf den Weg machte, machten kongolesische und ruandische Regierungstruppen Jagd auf sie", berichtet Bulambo. "Das hat uns sehr entmutigt."

Armeen gegen Rebellen

Kirchenverantwortlichen zufolge haben die Angriffe der Rebellen auf Zivilpersonen wieder zugenommen. Das hat mit der Ankündigung zu tun, dass die DRK und Ruanda demnächst wieder militärische Operationen gegen die FDLR starten wollen.

Im Mai 2009 hatten die Kirchenführer mit den FDLR vereinbart, dass mindestens 1000 ihrer Soldaten die Waffen niederlegen würden, berichtete Ndondo. "Die Soldaten waren einverstanden, aber als wir mit ihren Anführern sprachen, sagten sie Nein!", erklärt Bischof Kuye. "Wir bitten Sie eindringlich, mit den Anführern zu sprechen, die im Ausland leben." Von den FDLR-Führern heisst es, sie lebten in Deutschland und Frankreich.

"Das ist der grösste Teil des Problems. Wir sind sicher, dass sich die kongolesische Bevölkerung ohne externe Faktoren einigen kann", sagt Molo. "So wie die Lage jetzt ist, kann man nicht sagen, dass dies das einzige Problem ist, denn es gibt auch innerhalb der Gemeinschaften Probleme. Aber die können wir lösen, wenn keine externen Probleme von aussen hereingetragen werden."

Der Kongo verliert seine „Soul Power"

Autor: Fredrick Nzwili
Quelle: ÖRK, Bearbeitung Livenet

 

Datum: 25.07.2009

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