Ägypten

Abkehr vom Islam gerichtlich untersagt

Maher El-Gohary wurde vor 34 Jahren Christ. Doch nun hat ein Gericht in Kairo dem muslimisch aufgewachsenen Ägypter den Übertritt verboten. Die zuständige Behörde hatte sich geweigert, den Religionseintrag in seinen Personalpapieren zu ändern.
Maher El-Gohary

Der Konvertit hatte daraufhin versucht, sein Recht auf Religionsfreiheit gerichtlich einzufordern. Während des zehnmonatigen Verfahrens wurde El-Gohary Opfer zahlreicher Angriffe und Todesdrohungen radikaler Muslime. Laut dem Bericht der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) ist er gezwungen, versteckt zu leben. In Ägypten sind nur Islam, Christentum und Judentum offiziell zugelassen. Religionslosigkeit und alle anderen Religionen sind in Ägypten de facto verboten.

Scharia als Mauer

El-Gohary will das am 13. Juni ergangene Urteil vor Ägyptens Oberstem Gericht anfechten. Nach dem Journalisten Mohamed Ahmed Hegazy ist er in Ägypten der zweite ehemalige Muslim, der es wagt, das in Artikel 46 der ägyptischen Verfassung verbriefte Recht auf Religionsfreiheit offiziell einzufordern. Hegazys Antrag war am 29. Januar 2008 ebenfalls zurückgewiesen worden. Ägyptens Oberstes Gericht hatte anschliessend einen Antrag auf Zulassung einer Revision nicht zugelassen. Die möglichen Rechtsmittel in Ägypten sind damit ausgeschöpft.

In beiden Fällen begründeten die Richter ihre Entscheidung mit Artikel 2 der ägyptischen Verfassung, der die Scharia, das islamische Recht, als Quelle des Rechts in Ägypten festlegt. Nach islamischem Recht ist das Verlassen des Islam verboten und ein todeswürdiges „Verbrechen". Ägypten ist traditionell das Zentrum der arabisch-islamischen Welt.

„Ägypten verhöhnt die UNO"

Martin Lessenthin von der IGFM verwies darauf, dass Ägypten den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte 1982 (als Mubarak schon im Amt war) ratifiziert hat. Die Bundesregierung solle von Ägypten die Einhaltung des völkerrechtlich verbindlichen Vertrags verlangen. „Wie ist es möglich, dass ägyptischen Konvertiten ganz offiziell elementare Menschenrechte verweigert werden, während die ägyptische Regierung sich gleichzeitig mit einem Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen schmückt?" Das Verhalten von Regierungen wie der Ägyptens sei auch eine Verhöhnung der Vereinten Nationen.

Der Religionseintrag hat für ägyptische Staatsbürger sehr weitreichende Konsequenzen für das Personenstandsrecht, dem ein Staatsbürger unterworfen ist. Muslimischen Frauen ist es beispielsweise verboten, einen Mann zu heiraten, der kein Muslim ist.

Drohungen und Übergriffe gegen Konvertiten

Nach Angaben der IGFM wird die Mehrheit der christlichen Konvertiten in Ägypten Opfer willkürlicher Verhaftungen und von Folter. Der christliche Konvertit Hegazy, seine Frau und ihre inzwischen eineinhalb Jahre alte Tochter sind nach mehreren tätlichen Angriffen, Verwüstungen ihrer Wohnung und Mordversuchen durch radikale Muslime gezwungen, dauerhaft versteckt zu leben. Maher El-Gohary ist ebenfalls Opfer zahlreicher Einschüchterungen und Drohungen und lebt nun ebenfalls versteckt, obwohl sein Fall anfangs von den Medien kaum zur Kenntnis genommen worden war.

Konversion - im Islam eine „Einbahnstrasse"

In Ägypten wird die Religion, der ein Bürger juristisch angehört, von der Religion bestimmt, der der Vater bei der Geburt des Kindes (juristisch) angehörte. Ein rechtlich gültiger Wechsel der Religion ist gemäss dem islamischem Recht nur in bestimmte Richtungen möglich:

-von einer nicht anerkannten Religion zu einer offiziell anerkannten Religion. Unter allen Religionen der Welt sind in Ägypten mit Verweis auf das islamische Recht lediglich Islam, Christentum und Judentum anerkannt;
-vom Judentum zum Christentum oder zum Islam;
-vom Christentum zum Islam. Christen ist es in Ägypten z.B. nicht erlaubt, zum Judentum oder zum Buddhismus überzutreten.
-Das Verlassen des Islam ist - wie sich am Fall Hegazy und El-Gowahry gezeigt hat - juristisch nicht möglich.
-Religionslosigkeit ist in Ägypten juristisch ebenfalls nicht möglich und gesellschaftlich geächtet.

Konversion im Internationalen Recht

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen schreibt in Art. 18 sowohl das Recht auf Glaubenswechsel als auch auf Mission fest. Dort heisst es wörtlich: „Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden."

Im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ist in Art. 18 festgelegt:
(1) Jedermann hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden.

(2) Niemand darf einem Zwang ausgesetzt werden, der seine Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung seiner Wahl zu haben oder anzunehmen, beeinträchtigen würde.

 

 

Datum: 19.06.2009
Quelle: IGFM

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