Nigeria: Frieden für ein unruhiges Land?

Erzbischof von Abuja Dr. John Olorunfemi Onaiyekan zusammen mit dem Sultan von Sokoto Alhaji Mohammad Sa'adu Abubakar III.
Reinhard Bonnke an einer Evangelisation.
Karte von Nigeria.

Nigeria sucht den Weg zu politischer Stabilität, doch Armut und Korruption sowie der politisierte Gegensatz zwischen Christen und Muslimen bedrohen die Entwicklung.

Die blutigen Unruhen, die Ende November 2008 nach Wahlen in der umkämpften Stadt Jos im Zentrum des Landes ausbrachen und Hunderten das Leben kosteten, haben zu verstärkten Friedensappellen geführt. Der Sultan von Sokoto, einer der geachtetsten Fürsten des Landes, forderte am 22. Januar an einer interreligiösen Dialogkonferenz die Jugendlichen des Landes zum Miteinander auf. Sie sollten für ein gewaltloses Zusammenleben aller Stämme und Religionsgemeinschaften eintreten. Ohne Toleranz komme es nicht zu friedlicher Koexistenz, sagte der Sultan vor je 125 muslimischen und christlichen jungen Nigerianern, und ohne Koexistenz werde sich das Land nicht entwickeln können.

Lebensmittel teurer

Das Land sucht Anschluss an den reichen Westen; im letzten Jahr waren nach einer Schätzung bereits 10 Millionen Nigerianer online. Doch nur ein kleiner Teil der Bevölkerung profitiert spürbar von den Exporterlösen. Nigeria ist das Schwergewicht unter den Staaten Afrikas und grosser Erdölexporteur. Nach dem schwindelerregenden Höhenflug ist der Ölpreis eingebrochen, während laut einem Bericht viele Lebensmittelpreise innert zwei Monaten um fast ein Viertel stiegen.

Dies trägt zur sozialen Unrast bei, die sich in Streitigkeiten und – wenn unzufriedene Jugendliche oder gewaltbereite Muslime dazustossen – in Plünderungen oder gar blutigen Unruhen entlädt. Bei der Dialogkonferenz äusserte der Gouverneur des nördlichen Gliedstaates Niger, die meisten Krisen in Nigeria seien nicht durch religiöse Differenzen verursacht, sondern hätten mit „wirtschaftlichen Faktoren, Armut und Angst“ zu tun.

Heiss umstrittene Volkszählung

Angst etwa, als Bevölkerungsgruppe ins Hintertreffen zu geraten. Die Veröffentlichung der Volkszählung von 2006 wurde daher ein heisses Politikum. Am 23. Januar legte Staatspräsident Umaru Musa Yar'adua den Schlussbericht dem Parlament vor; der Öffentlichkeit blieb er zunächst vorenthalten. Laut einer provisorischen Fassung soll Nigeria etwa 140 Millionen Menschen zählen, mit Kano und Lagos (je 9 Millionen) als den bevölkerungsreichsten Provinzen. Die Bevölkerung wächst jährlich um über drei Prozent. Am meisten Spannung erzeugt die Religionszugehörigkeit: Nigeria zählte bisher etwa gleich viele ‚Christen‘ wie ‚Muslime‘. In den letzten Jahrzehnten wandten sich die Anhänger des traditionellen Geisterglaubens eher christlichen Kirchen zu.

Scharia-Staaten im Norden

Am meisten Schlagzeilen machte Nigeria im letzten Jahrzehnt, als ein Dutzend Gliedstaaten im Norden die Scharia, das islamische Gesetz, einführten. Der Schritt steht im Zusammenhang mit verstärkten Islamisierungsbemühungen, die mit viel Geld aus Libyen und den Golfstaaten gefördert wurden. Die Scharia sollte die Entwicklung stabilisieren, der Unmoral und Korruption wehren und Leute zum ehrlichen Arbeiten anhalten.

Der führende Islamgelehrte des Gliedstaates Kano, Scheich Ibrahim Khalil, lobte letzte Woche zwei Universitäten für ihren Dresscode. Sie kämpfen damit gegen die zunehmende Unmoral. Bei einem Empfang riet der Scheich dem Vizekanzler der Technischen Universität von Kano, eine Moschee auf dem Gelände einzurichten.

Knaben ohne Daheim

Im Staat Jigawa wird die Modernisierung der Koranschulen versucht. Sie standen im Schatten der Schulen, die mit einem westlichen Lehrplan und zeitgemässen Lehrmitteln arbeiten. Im Zeichen der Islamisierung – nicht selten gezwungen durch bittere Armut – haben viele Eltern in den Dörfern ihre Söhne in die Städte geschickt, damit sie den Koran lernen. Zu Tausenden lungern mittellose Knaben herum, betteln und stehlen oder nehmen Hilfsjobs an. Manche Nigerianer suchen auch Wege, um den Mädchen Schulbildung zu vermitteln. Viele Muslime lassen ihre Mädchen nicht zur Schule gehen, sondern verheiraten sie früh.

Reinhard Bonnkes Tournee

Der deutsche Evangelist Reinhard Bonnke macht weiterhin Schlagzeilen. Am Sonntag schloss er eine fünftägige Grossevangelisation im Nigerdelta ab. Als nächste geplant ist die " Mubi Great Gospel Campaign 2009" in der Nordostecke Nigerias, im Gliedstaat Adamawa. Dort sollen, wie eine Zeitung schrieb, auch Tausende aus dem Nachbarland Kamerun, aus dem Tschad und der Zentralafrikanischen Republik den Prediger von Gottes Heil und Heilung erleben. Ein Organisator sagte Journalisten, die Grossveranstaltungen würden von 2000 Sicherheitsleuten bewacht. Zum Programm Bonnkes gehört auch ein Höflichkeitsbesuch beim Gouverneur.

Links zum Thema:
Nigeria: Wegweiser für den Schwarzen Kontinent?
Reinhard Bonnkes Evangelisationen 2008/2009

BBC-Kurzinfos zu Nigeria

Datum: 27.01.2009
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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