Die Kamerunerin Mary

„Schluss mit Kirche – oder du hast Pfeffer in den Augen!“

Heute lacht Mary, wenn sie ihre Geschichte erzählt. Ihr Vater hatte drei Frauen. Die Kamerunerin musste unten durch, als sie Jesus persönlich kennenlernte und eine Pfingstgemeinde besuchte.
Eine Freude, die nicht vergeht: Mary heute.
Klinik in Mutengene, wo Mary aufwuchs.
Karte von Kamerun.

Ich bin im Südwesten Kameruns in einer katholischen Familie aufgewachsen. Am Samstag beichteten wir, am Sonntag gingen wir zu Messe, am Montag war wieder Alltag. Wir glaubten, dass wir mit regelmässigem Beichten und Kommunionsempfang in den Himmel kommen würden. Mit dem richtigen Verhalten – auch dem Ave Maria-Beten, so viele wie der Priester anordnete – stand der Weg zu Gott offen.

Unsere Familie war arm. Mein Vater, ein Bauer, hatte drei Frauen. Ich war die älteste Tochter der ersten und hatte 20 Geschwister. Jede Frau hatte für ihre Kinder zu sorgen; er verhielt sich wie ein König, sass da und ass, was sie abwechselnd für ihn kochten. (In Kamerun gibt es einen König, der mindestens 65 Frauen hat; die Vielehe gehört zu unserer Tradition: mehr Frauen – höheres Ansehen.)

Meine Mutter und die zwei anderen Frauen stritten oft. Die Kinder gaben ständig Anlass dazu, und das Ringen um Liebe und Beachtung durch den Gatten entzweite sie. Weil er sie nicht selten schlug, liess sich meine Mutter – ich war 14 – scheiden und verliess die Familie. Mir oblag nun die Aufsicht über die fünf jüngeren Geschwister.

Fröhliche Lieder

In der Nähe unseres Hauses stand eine Pfingstkirche. Meine jüngeren Schwestern besuchten dort die Sonntagschule. Zu Hause sangen sie fröhliche Lieder, die sie dort lernten – etwas Neues für mich! Die Pfingstgemeinde war bei uns Katholiken verschrien als undurchsichtige Sekte. Mit meinen Freundinnen war ich oft vorbeigegangen und hatte über die Leute gespottet, auch den Gottesdienst gestört. Mein Vater, der nicht zur Kirche ging, sah die Pfingstgemeinde als Geheimorganisation.

Meine Schwestern brachten eine Einladung ihres Pastors zu einem besonderen Gottesdienst mit. Ich ging mit zwei Freundinnen hin, mit der Idee, ein bisschen zu stören. Die Leute sangen, klatschten und tanzten – wir sahen einander amüsiert an und machten zum Schein mit. Dann ging der Pastor zur Kanzel und predigte 45 Minuten. Er stellte uns Jesus, den Retter, vor und machte klar, dass Maria uns nicht helfen könne. Ich hatte immer zu ihr gebetet. Er sprach so viele meiner Probleme an, dass ich vermutete, meine Schwestern hätten ihm von mir erzählt…

Tief innen erleichtert

Am Ende rief der Pastor die Anwesenden auf, ihr Leben Jesus zu geben. Ich war tief innen berührt. Steht ihr auf? fragte ich meine Freundinnen. Und merkte, dass ich – trotz vielen Fragen in meinem Herzen – aufstehen und mein Leben Jesus übergeben wollte. Hier ging es nicht darum, Sünden dem Priester zu beichten, sondern sie Gott hinzulegen und um Vergebung zu bitten. Das war der Weg zum ewigen Leben. Die anderen wollten nicht; ich stand allein auf. Der Pastor betete für uns.

Zu Hause wollte ich von meinen Schwestern wissen, ob sie ihm von mir erzählt hatten. Ihre Antwort: Nichts! Dies zeigte mir, dass Gottes Heiliger Geist ihn geleitet hatte. Am anderen Morgen fühlte ich mich sooo leicht – als ob jemand eine schwere Bürde weggenommen hätte. Glücklich sang und tanzte ich am Sonntag in der Kirche mit. In der Folge änderte sich im Alltag Einiges; so spürte ich, dass Lügen mich belastete: Mit dem Ja zu Jesus war mein Gewissen wach geworden.

Geschlagen, misshandelt und eingeschlossen

Nach einigen Wochen reagierte mein Vater auf den Wandel seiner 16-jährigen Tochter. Er gefiel ihm gar nicht. So unternahm er alles, damit ich mit der Gemeinde brechen würde. Mehrmals folgte er mir in die Kirche und versetzte mir einen Schlag auf den Kopf. Da ich bei meiner neuen Gewohnheit blieb, forderte er meinen Bruder und zehn seiner Kollegen auf, den Gottesdienst zu stören. Dies fruchtete auch nicht, was ihn noch mehr aufbrachte.

An einem Samstag liess er mich zu sich rufen. Ich rannte weg ins Haus des Pastors, doch die Burschen zerrten mich unter einem Bett hervor und brachten mich zurück. „Zum letzten Mal: Mach Schluss mit der Kirche – oder du hast Pfeffer in den Augen!“ Ich schüttelte den Kopf. Die Burschen hielten mich fest. Er streute mir gemahlenen Chili-Pfeffer in die Augen. Ich schrie vor Schmerz. Er sperrte mich in ein Zimmer, wo ich kein Wasser hatte. Die Augen brannten! Vier Stunden lang konnte ich nichts sehen. Meine Schwestern schlug er hart. Das Weinen dreier Mädchen blieb nicht unbemerkt – die Leute des Dorfs liefen vor unserem Haus zusammen. Als er endlich die Türe aufschloss, trat ich heraus – und rief alle, die ich sah, zum Leben mit Jesus Christus auf. Aber ich musste damit leben, dass der Vater mich für verrückt hielt.

Durchbruch

Mit geschwollenen Augen ging ich anderntags zum Gottesdienst. Zu meiner grossen Überraschung betrat er die Kirche ebenfalls. Er stellte sich vor die Gläubigen und sagte, er habe alles versucht, um mich von diesem Weg abzubringen (er hatte auch die Polizei aufgefordert, mich in Haft zu nehmen, doch zum Schmieren war er sich doch zu gut). „Wenn es nicht möglich ist – nun, dann überlasse ich euch meine Tochter. Aber: Lasst die Hände von Marys jüngeren Brüdern und Schwestern, hütet euch, ihnen von Jesus zu erzählen!“

Da ich mehrere Jahre auf unseren Kaffee-, Kakao- und Zuckerrohrfeldern hatte helfen müssen, besuchte ich zu jener Zeit, obschon 16, erst die sechste Klasse. Nun weigerte sich mein Vater, das Schulgeld für die bevorstehende Sekundarschule zu bezahlen – der Pastor sei verantwortlich. Ich suchte meine Mutter auf, die in eine Stadt gezogen war. Sie kam für die Kosten der vierjährigen Berufsschule auf.

Lesen Sie am Mittwoch: Wie Mary ihren Schweizer Mann kennenlernte.

Datum: 14.05.2007
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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