Fastenkampagne 2006

Entwicklung braucht mehr Frauenrechte

Kein Staat dürfe die Gleichberechtigung der Frauen behindern oder vernachlässigen, sagen Entwicklungspolitiker. Die Realität sieht allerdings anders aus: Thema für die kirchliche Fastenkampagne 2006.
Podiumsgespräch am Symposium
Theologin Nyambura Njoroge
Albertine Tsibilondi
Mary John Mananzan

Auch in der Entwicklungshilfe wird oft über Menschenrechte diskutiert. Doch genüge dieser Ansatz nicht, wurde an einem Symposium in Bern festgehalten. Um den in vielen Ländern benachteiligten Frauen wirklich zu helfen, brauche es eine Zuspitzung auf Frauenrechte.

Privaten Raum schützen

Das Verhältnis zwischen Entwicklungshilfe, Förderung von Menschen- und spezifischen Frauenrechten beschäftigte die 160 Teilnehmenden am Symposium vom 8. März in Bern. An den Vorträgen und Symposien wurden verschiedene Standpunkte zu diesem Thema präsentiert. Facettenreich war die Tagung insbesondere auch durch die internationale Mischung der Referentinnen und Referenten, diese kamen nämlich aus der Schweiz, den USA, den Philippinen, Mexiko, Kenia und dem Kongo.

Einig waren sich die Teilnehmenden mindestens darin, dass die Sorge um die Rechte der Frauen in der Entwicklungszusammenarbeit und in der Menschenrechtsdebatte zentral sei. Eine Debatte um die allgemeinen Menschenrechte nach traditionellem Verständnis genüge nicht für eine erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit. Solche Menschenrechtsgrundsätze schützten nämlich vor allem die Menschen – Männer – im öffentlichen Raum.

Anhaltende Diskriminierung

Die Frauen als schwächere Glieder der Gesellschaft könnten sich dagegen mit solchen Menschenrechtsgrundsätzen kaum wehren, da ihre Rechte vor allem im privaten Raum, etwa zu Hause oder am Arbeitsplatz, verletzt würden. Das Recht auf Leben, einschliesslich des Rechts auf Bildung, auf Gesundheit auf Nahrung, gehörten zu den Grundrechten, die den Frauen im Kongo oft verwehrt seien, sagte Albertine Tsibilondi.

Die in Brüssel lehrende Philosophin rief dazu auf, mit frauenspezifischen Entwicklungsprojekten die anhaltende Diskriminierung der Frauen zu bekämpfen, die ihre Ursprünge oft in patriarchalen Kulturmustern habe. Netzwerke von Frauenorganisationen könnten hier einen wichtigen Beitrag zur Veränderung leisten, meinte Tsibilondi. Solche Kulturmuster führten zu einer breiten Palette von Gewalt gegen Frauen, sagte auch die philippinische Ordensfrau Mary John Mananzan; eine Gewalt, die von der Abtreibung weiblicher Föten über Genitalverstümmelung bis zu «Ehrenmorden» reiche.

Was Frauen und Mädchen in Afrika leiden

Die kenianische Theologin Nyambura Njoroge zeigte am Beispiel von HIV/Aids, wie traumatisch die Situation in Afrika, besonders für Frauen und Mädchen, geworden sei. Es sei heute ungeheuer schwierig geworden, in Afrika von «Entwicklung» zu sprechen. Zu allen Problemen, die spezifisch die Frauen beträfen, komme noch die Tatsache, dass 200 Millionen Menschen in Afrika unter chronischer Unterernährung litten und Millionen auf diesem Kontinent von tödlichen Krankheiten bedroht oder vor militärischen Konflikten auf der Flucht seien. Entwicklungsprojekte dürften in Afrika allerdings nicht nur vom Westen aufgedrückt, sondern müssten in eine Sprache übersetzt werden, welche die Menschen ernst nehme. Gerade der Kirche falle dabei eine wichtige Aufgabe zu, sagte die beim Ökumenischen Rat in Genf tätige Theologin.

Zur Frage einer geschlechtergerechten Menschenrechtspolitik äusserte sich die Völkerrechtlerin Erika Schläppi. Das «Übereinkommen zur Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung gegen Frauen» (Cedaw) sei dabei ein wichtiges Instrument. Es verpflichte die 181 Unterzeichnerstaaten, die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen zu fördern. Das aus dem Jahr 1979 stammende Uno-Dokument könne durchaus zu einem entwicklungspolitischen Instrument werden, sagte die Berner Juristin. So könne dadurch bei der Gewährung von Entwicklungshilfe gleichzeitig Druck auf Partnerstaaten gemacht werden, damit diese die Frauenrechte besser respektierten.

Das Cedaw-Abkommen gilt nicht nur für Entwicklungsländer. Auch die Schweiz wird dadurch verpflichtet. Über manche Bereiche wird sie besonders Rechenschaft ablegen müssen, etwa über die Defizite der Lohngleichheit oder über die staatlichen Massnahmen im Kampf gegen die häusliche Gewalt.

Datum: 03.04.2006
Autor: Thomas Hanimann
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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