Bekommen die Hungernden in Niger die Hilfe, die sie brauchen?

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Adrio Bacchetta.

Die Hilfsorganisation «Ärzte ohne Grenzen» hat zur schnellen Hilfe für die Hungernden in Niger gedrängt. Es brauche jetzt so rasch wie möglich grosse Nahrungsmittellieferungen, sagte der Leiter von «Ärzte ohne Grenzen» in Deutschland, Adrio Bacchetta.

Noch könne eine Katastrophe in dem zentralafrikanischen Land abgewendet werden, meint Bacchetta. Jetzt könne entschieden werden, wie viel tausend Menschen mehr noch leiden müssten.

Zu spät die Stimme erhoben

Für die Krise im Niger machte Bacchetta neben der Trockenheit und der Heuschreckenplage vom Vorjahr auch die Regierung und die Staatengemeinschaft verantwortlich. Diese hätten zu lange daran festgehalten, die Bevölkerung für Lebensmittel zahlen zu lassen, um die dortigen Märkte nicht zu gefährden.

Noch im Juni lehnten es die Behörden ab, kostenlos Nahrungsmittel zu verteilen. Jetzt brauche es die massive Bereitstellung kostenloser Nahrungsmittel durch grosse Organisationen, um eine chronische Unterernährung von Hunderttausenden zu verhindern.

«Ärzte ohne Grenzen» hatte bereits im Oktober 2004 wie auch andere Organisationen vor der drohenden Hungersnot in Niger gewarnt. Es sei unverständlich, warum darauf nicht früher reagiert wurde, sagte Bacchetta. Die Organisation will sich bis Ende Jahr um 20'000 unterernährte Kinder kümmern. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als 2,5 Millionen Menschen bedroht, darunter 800’000 Kinder unter fünf Jahren.

Hohe Preise – und Transportprobleme

Transportprobleme und hohe Lebensmittelpreise erschweren laut dem Welternährungsprogramm (WFP) die Versorgung der Hungernden in Niger. Die schlechte Infrastruktur in Niger stellt die UN-Organisation vor grosse Probleme, wie ein Sprecher in Genf sagte. Zudem habe Niger keinen direkten Zugang zum Meer. Für das WFP sei es so gut wie unmöglich, Nahrungsmittel in Niger zu kaufen. Die Dürre und die anschliessenden Heuschreckenplage haben die Ernte zu 50 bis 100 Prozent vernichtet.

Landflucht

Nach Angaben des britischen Hilfswerks Oxfam ist die Not teilweise so schlimm, dass Familien ihren Kindern Gras und Blätter zu essen geben. Vor dem Hunger sind die Menschen in die Städte geflüchtet, die Felder liegen brach. Zudem herrsche in Niger ein massiver Mangel an Weideland. Auch das Vieh könne nicht mehr ernährt werden. «Die Tiere sterben weg», sagte der WFP-Sprecher. Auch von der nächsten Ernte im Oktober sei keine grundlegende Besserung der Lage zu erwarten.

Hilfe braucht Zeit

Vom Eingang der Spenden bis zur Auslieferung der Nahrungsmittel an die Bedürftigen dauert es rund drei Monate. Bisher gibt das WFP nach eigenen Angaben Nahrungsmittel an rund 1,2 Millionen Menschen ab.

Der Präsident von Niger, Mamadou Tanja, hat Vorwürfe zurückgewiesen, die Hungersnot in dem zentralafrikanischen Land unterschätzt zu haben. Die Bitten um internationale Hilfe seien zunächst ohne Antwort geblieben, sagte Mamadou bei einem Besuch in den Hungergebieten im Süden des Landes. Niger gilt als das zweitärmste Land der Erde.

Tsunami stand davor

Nach Einschätzung von Caritas international wurde die Not in Niger von der Weltöffentlichkeit lange zur Kenntnis genommen. «Die Katastrophe war bereits Ende vergangenen Jahres absehbar, aber es war angesichts des Tsunami sehr schwer für uns, Aufmerksamkeit für den Niger zu erregen», berichtet Frank Wiegandt, Mitarbeiter von Caritas international in Niamey. Man habe monatelang vergeblich um Spenden gebeten.

Die UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) warnte unterdessen, die Heuschrecken-Gefahr sei noch nicht vorbei. In den Sahel-Staaten Tschad, Mali, Mauretanien, Niger und Sudan müsse die intensive Überwachung fortgesetzt werden. Die Gefahr einer neuen Heuschreckenplage wie im vergangenen Jahr sei im Westen des Sudan und im Tschad besonders gross.

Welternährungsprogramm: www.wfp.org

Datum: 26.07.2005
Quelle: Epd

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