Sudans Christen dürfen auf Frieden hoffen

Noch sind Christen im Sudan von Kriegshandlungen der Regierung gegen sie bedroht, aber Hoffnung ist jetzt berechtigt.

In Sudan erlauben die Friedensgespräche dieses Jahres und die mit ihnen verbundene Waffenruhe zwischen der arabisch-islamischen Regierung von Khartum und der christlich geführten südsudanesischen „Sudan People’s Liberation Army” (SPLA) endlich wieder Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Der ursprünglich von Nubiern – einem den ägyptischen Kopten verwandten Volk – bewohnte Sudan war im ersten Jahrtausend ein christliches Land. Es leistete dem von Ägypten nilaufwärts vordringenden Islam lang Zeit Widerstand. Zwischen 1300 und 1800 wurde die Region am oberen Nil und seinen Quellflüssen jedoch vollständig islamisiert und arabisiert. Erst mit der Eroberung durch Türken und Ägypter im 19. Jahrhundert kamen wieder orientalische Christen ins Land, insbesondere Kopten, Griechen und Armenier. Daniele Comboni wurde zum ersten christlichen Glaubensboten unter den schwarzen Völkern im äussersten Süden. Denn diese wurden nicht zum Islam bekehrt, damit man sie als Sklaven jagen und verkaufen konnte.

Erste blühende Christenheit

Aus einem Zweckbündnis von Sklavenhändlern und islamischen Fanatikern entstand sodann um 1880 die erste „Islamische Revolution” der Neuzeit: der sogenannte Mahdisten-Aufstand. Er wurde erst 20 Jahre später von Briten und Ägyptern niedergeworfen. Im nun gebildeten „anglo-ägyptischen” Sudan waren Religionen und Konfessionen getrennt, um Reibungen untereinander zu vermeiden. Der arabische Norden blieb den Muslimen reserviert, dort wurde jede christliche Mission verboten. Den Südsudan teilten die Kolonialherren in anglikanische, katholische und protestantische Misisonsgebiete ein. So entstand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine blühende sudanesische Christenheit, die sich allerdings auf die schwarzafrikanische Bevölkerung des Südens beschränkte.

Unabhängigkeit bringt Christen in Bedrängnis

Nach der Unabhängigkeit des Sudans von 1956 kamen in Khartum abwechselnd wieder die Mahdisten oder kommunistische Regierungen an die Macht. Sie vertrieben alle ausländischen Missionare und ihre Helfer. Beide versuchten, den Süden zu arabisieren bzw. im Fall von Premier Sadek al-Mahdi auch zu islamisieren. Die schwarzen Christen leisteten Widerstand. Es kam zum ersten sudanesischen Bürgerkrieg.

Auch Pfingstkirchen und Adventisten

Ihn beendete erst 1972 das Militärregime Numeiri mit politischer Autonomie und Religionsfreiheit für den Süden. In den folgenden Jahren konnten auch Pfinstkirchen und Adventisten dort Fuss fassen. Seit damals stehen im Sudan etwa 20 Millionen arabisierten Muslimen 6 Millionen schwarze Animisten und 5 Millionen Christen gegenüber. Von ihnen sind fast zwei Drittel Katholiken, 35% gehören evangelischen Kirchen an.

Vertreibungen und Sklaverei

In den achtziger Jahren sicherten sich aber wieder islamistische Kräfte die Herrschaft im Rahmen des Militärregimes von Omar al-Baschir. Jetzt wurden die Christen im Süden nicht nur neu bekämpft, sondern auch gezielt aus ihrer Heimat vertrieben, teils sogar wie vor über 100 Jahren in die Sklaverei verkauft. Diese hat man im Sudan genauso wie die mittelalterlichen Körperstrafen einfach wieder eingeführt: Pfarrer, bei denen Abendmahlswein gefunden wurde, liessen die Khartumer Machthaber im Namen des islamischen Alkoholverbotes öffentlich auspeitschen.

Erst mit dem Sturz von Baschirs Islam-Ideologen Hassan al-Turabi und seit dem neuen Friedenspozess mit der südsudanesischen Befreiungsbewegung SPLA verbessert sich die religiöse Lage der Christen im Sudan wieder. Weiter wird aber brutal gegen christliche Politiker und Journalisten vorgegangen, gerade in der Hauptstadt Khartum. Erst im August wurde die grösste Zeitung des Landes, der „Khartoum Monitor”, ganz verboten. Sie hatte über die anhaltende Versklavung von schwarzen Christen berichtet.

Zerstreuung und neue Bedrohung

Als Folge der Flucht vor dem Bürgerkrieg mit seinen zwei Millionen Todesopfern sowie durch Vertreibungs- und Versklavungsaktionen sind die schwarzen Christen aus dem Süden heute aber über ganz Sudan verteilt. Sogar im nordwestlichen Darfur finden sie sich und sind dort in diesem Jahr mit zu Opfern der neuen bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Regierungstruppen und den Separatisten von der SLM (Sudan Liberation Movement) geworden. Diese kämpfen für Darfurs Unabhängigkeit von Khartum: Es war jahrhundertelang ein eigener innerafrikanischer Staat, bis es vom Kolonialismus – ähnlich wie der Sudsudan – zum englischen Machtbereich am oberen Nil geschlagen wurde.

Gegen den neuen Freiheitswillen von Darfur, und damit auch gegen die Christen, die es dorthin verschlagen hat, setzt das Islamisten-Regime von Khartum nach glaubwürdigen Berichten immer häufiger Giftgas ein. Davon aber nimmt die Weltöffentlichkeit noch kaum Kenntnis. Die Fürbitte für die Christen im Sudan bleibt damit ein dringendes Anliegen.

Datum: 08.12.2003
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet.ch

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