Seit sieben Jahren besteht in Bern eine afrikanische Kirche mit ungefähr hundert Mitgliedern. Rund die Hälfte von ihnen sind Asylbewerber aus verschiedenen Ländern Afrikas, so auch ihr Pastor Eduardo Kiakanua. Revolution-one hat die Kirche besucht und durch Musik und Gespräche ein Stück afrikanische Lebensart mitbekommen.
Punkt elf Uhr beginnt die Band ein bekanntes französisches Lobpreislied zu spielen. Es sind erst ungefähr zwanzig Leute da, die Reihen füllen sich erst nach und nach im Verlauf der nächsten halben Stunde. Hereinkommende werden freundlich und lautstark begrüsst, kleinere und grössere Kinder rennen umher. Wer mitsingt, singt laut und bewegt, viele klatschen und tanzen zu afrikanischen Rhythmen.
Jeder ist hier "frère" und "soeur". Wer einen anderen nicht kennt, geht auf ihn zu, stellt sich vor und betet für ihn.
Die Predigt wird in Ingala (Kongo) gesprochen und auf Französisch übersetzt, und immer wieder mit einem lautstarken "Amen!" von der ganzen Gemeinde bekräftigt. Nach dem Gottesdienst bleiben viele länger da, für Gespräche und Gebete, auch, um sich neuen Gesichtern ausgiebig vorzustellen. Als Neuankömmling fühlt man sich sofort aufgehoben und willkommen.
Im Jahre 1990 hatte der Leiter der Vineyard Bern, Martin Bühlmann, eine Vision: innerhalb von zwei Wochen würde eine Gruppe Afrikaner seine Gemeinde besuchen. Diese Gruppe kam- und wuchs. Aus den Gottesdienstbesuchen entstand schnell das Bedürfnis, ein eigenes Gefäss innerhalb der Gemeinde zu haben. So wurde eine eigenständige afrikanische Gebetsgruppe gegründet. Ein paar Jahre später fand Eduardo Kiakanua, der in Brasilien Theologie studiert hatte, den Kontakt zu dieser Gruppe, und erklärte sich auf Anfrage der Vineyard einverstanden, die Leitung dieser Gruppe zu übernehmen und eine selbstständige Gemeinde aufzubauen.
Kiakanua ist heute noch Pastor der afrikanischen Kirche und stolz auf deren siebenjährige Geschichte: "Unsere Kirche ist ein Ort der Integration und des geistlichen Auftankens!"
Etwa hundert Menschen besuchen den wöchentlichen Gottesdienst an der Nägeligasse in Bern. 40% von ihnen sind Asylbewerber aus Durchgangsheimen und stammen aus Ländern wie Burkina Faso, Togo, Ruanda, Kongo und Angola. Viele haben bewegte Lebensgeschichten hinter sich, sind durch die Kirche der Prostitution, dem Drogenhandel entkommen.
Laut Kiakanua kennen im Kanton Bern alle französischsprechenden Afrikaner die Kirche. In Zweierteams besuchen Kirchenmitglieder jeweils die Durchgangszentren der Umgebung und machen auf die Gottesdienste aufmerksam. "Wir sind eine Kirche für desorientierte Menschen, die ihre Wurzeln durch den Heimatwechsel verloren haben und Angst davor haben, auch ihre Identität zu verlieren. Unsere Kirche will ihnen helfen und ihnen zeigen, dass sie hier dazugehören", sagt Kiakanua.
Er weiss, wovon er spricht: Nach seinem Theologie-Studium in Brasilia kehrte er nach Angola zurück. 1994 musste er aus dem kriegsgeplagten Land mit seiner Familie in die Schweiz fliehen. Er kann hier nur bleiben, weil ihn die Vineyard zu 60% angestellt hat.
Ein grosses Problem der Kirche sind die ständigen Wechsel. "Wenn nicht immer wieder Leute abgeschoben oder in andere Zentren verwiesen würden, wären wir heute eine Gemeinde von 400-500 Leuten", so Kiakanua. Einige Kirchenbesucher kommen von weiter her, Interlaken zum Beispiel. Vielen anderen ist die Reise einfach zu teuer. Deshalb sind nun einige Projekte in Planung: noch diesen Sommer sollen in Interlaken und Fribourg und später in Solothurn afrikanische Gemeinden aufgebaut werden.
Kiakanua glaubt, dass die Schweizer viel von der Lebens- und Glaubensart der Afrikaner lernen könnten. "Wir wollen nicht eine afrikanische Kirche bleiben- wir möchten dem Kanton und dem ganzen Land dienen, weil sie uns aufgenommen haben. Wir möchten Gutes tun, und dieses Gute ist unter anderem die Evangelisation. Wir möchten Präsenz markieren, im Kanton und auch im ganzen Land!"
Infos:
Die Gottesdienste der afrikanischen Gemeinde finden jeden Sonntagmorgen um elf Uhr im Soussol des EGW-Gebäudes an der Nägeligasse in Bern statt.
Kontakt: Eduardo Kiakanua, Vineyard, Zeughausgasse 14, 3001 Bern