Koexistenz im 21. Jahrhundert

Nicht nur Luchs und Biene

Topaktuell ist die Frage: Wie kann ein gutes Miteinander verschiedener Kulturen, Arten und Lebensformen gelingen? Vorurteile, Ängste und negative Erlebnisse führen zu Schwierigkeiten im Alltag.
Luchs (Bild: Unsplash)
Eine fleissige Biene

Und das kleine Virus zeigt einmal mehr: Die Krönung der Schöpfung ist nicht alleiniger Herrscher auf diesem «wunder-vollen» Globus. Es braucht Respekt und Regeln, damit Mensch mit Mensch und restlicher Natur gut zusammenleben können.

Ist es immer noch sehr gut?

Am Anfang der Bibel steht: «Und Gott sah alles an, und es war sehr gut… Er setzte den Menschen in den Garten Eden, um ihn zu bebauen und bewahren.» Und wozu schuf er die Tiere? Als er sah, dass es nicht gut war, dass der Mensch allein sei, schuf er die Tiere und dann einen weiteren Menschen. (1. Mose 2,18-23)

Es ist und bleibt der Auftrag des Homo erectus, den Zustand so zu pflegen, «dass es sehr gut ist» und die schöne, komplexe und gottgegebene Welt funktioniert.

Die aktuelle Pandemie hinterfragt, ob nicht schnelle Änderungen im Umgang mit Tieren und der gesamten Natur dran wären? Fledermaus-Übertragungen oder Schweinegrippe und andere Krankheiten, die aus Massentierhaltungen stammen, geben ein starkes Signal. Auch beim Klimawandel mit seinen Folgen wird immer klarer, wie heftig gestört das Gleichgewicht des Ökosystems ist.

Dementsprechend hat jedes Tier und jede Pflanze seinen wichtigen Platz im Netzwerk der Natur. Ergänzung und Diversität macht Sinn und befruchtet.

Was Biene und Luchs gemeinsam haben

Das Beispiel der Biene, die einen Bärenanteil der Bestäubung von Pflanzen erledigt, schockierte die Zuschauer spätestens, als der Film «More than honey» ausgestrahlt wurde. Das wunderbare Ökosystem ist sensibel. Verändert oder zerstört man etwas, kann es brutale Folgen haben, was hier künstliche Bestäubung mit einem Wahnsinnsaufwand bedeutet. Die bedrohten Früchte, Gemüse und vieles mehr wären in prächtiger Symbiose mit den hübschen Insekten, hätten sie noch ihren natürlichen Lebensraum.

Aber sehen wir auf den Luchs, der beispielweise bei der Wildregulierung helfen könnte und naturgemäss auch würde. Nun hat der Mensch schon fast in alle Naturgebiete eingegriffen und muss sich vermehrt mit den Konsequenzen beschäftigen. Dasselbe gilt für die natürliche Rückkehr vom eurasischen Luchs in der Schweiz. Das Wiederansiedlungs-Projekt feiert aktuell sein 50-Jahr-Jubiläum.

Die grösste Kleinkatze Europas

Der Luchs gilt als Kleinkatze, obwohl er wiederum in Europa die grösste seiner Art ist. Das veranschaulicht seine Schulterhöhe von 36-70cm.

Im Schweizer Jura wurde vor 200 Jahren der Lynx (lateinisch) völlig ausgerottet; was vor allem zeigt, dass das gefleckte Tier ganz selbstverständlich zur heimischen Landschaft gehörte. Also sich nicht erst per Visumsantrag oder Bürgerrecht einkaufen musste. Scheinbar passte das dem Schweizer nicht, und er brachte es fertig, das Tier mit den hübschen Pinsel-Ohren vollständig loszuwerden. Da müssen wir uns schon folgende Fragen stellen: Wie kann sich der Mensch anmassen zu entscheiden, welche Tier- und Menschenart an einem Ort leben darf? Weshalb soll der Luchs wegbleiben, obwohl er zum natürlichen Umfeld gehört?

Doch klar ist auch: Jedes Zusammenleben braucht ein Minimum an Verständigung und Regeln, das erleben wir schon im Alltag der Familie.

Krallen ein- und ausfahren

Ein Superheld, der Krallen ausfahren kann – originell. Also, ziemlich (ja, seine Frisur ähnelt sogar einem Luchs). Denn dies hat uns die Natur schon längst vorgemacht, mit begrenzter Kino-Karriere. Die Katzenpfote kann genau dies: Klettern, krallen und wiederum, wie es so schön heisst, auf samtenen Pfoten umherschleichen, die sanfte Seite zeigen, die Krallen einziehen.

Ganz natürlich sucht der Luchs Nahrung, versorgt und pflegt seine Familie und schaut, dass es Nachwuchs gibt. Auch der Mensch hat Eigenschaften, die er unterschiedlich einsetzen kann. Er versorgt sich selber und hat zudem viele Hilfsmittel geschaffen, um seinen Komfort auszubauen.

Und auch er tut gut daran, weise abzuwägen, wo die samtenen Pfoten im Einsatz sind, und wo es wirklich nötig ist, die Krallen auszufahren – sei es auch nur zur Einschüchterung. Übertriebenes Krallen ist auch hier nicht nützlich. Und viele Schäden könnten vermieden werden, wenn zuerst ein Beobachten der Situation und Beschnuppern der Gegenseite geschehen würde, bevor auf Abwehr- und Angriffsmodus geschaltet wird.

Immer wieder erkennt der Homo erectus, dass er enger mit der ganzen Schöpfung verwoben ist, als er oft denkt.

Wichtiger Teil der Schöpfung, gegen Vorurteile

Wie angedeutet ist ein grosses Plus der Wildkatze, dass sie gegen Gämsen und Rehe vorgeht. Sie schützt somit Jungpflanzen von Buchen und anderen, die sonst verbissen würden und dann absterben; laut breit abgestütztem Monitoring in einem angemessenen Rahmen.

Es geht auch darum, dass der Mensch wieder mehr die schöpfungsgemässen Zusammenhänge versteht und wertschätzt und nicht nur benutzt, was ihm passt, oder sogar eliminiert und dann Landstriche und Lebewesen seinem Schicksal überlasst. Geben gehört zum Nehmen und ist lebenswichtig.

Und immer wieder kommt die biblisch-universale Formel und Hilfestellung zum Zuge: «Behandelt eure Mitmenschen in allem so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt.» (Matthäus Kapitel 7, Vers 12) Und das gilt natürlich für unser gesamtes Umfeld, nicht nur für Personen.

Multi-Kulti und Mono-Kulti

Jedem sein Plätzchen: So gilt auch, dass jede Art ihr eigentümliches Umfeld braucht. Das Leben unter seinesgleichen ist wichtig und berechtigt. Es bringt ein entspanntes Sein, wo Umgangsformen, Sprachen und Gewohnheiten nicht zu Fragen und Missverständnissen führen, sondern eine Selbstverständlichkeit vorhanden ist; und nicht gross Regeln definiert werden müssen.

Doch zu diesem Leben unter Gleichgesinnten gehört auch Diversität, die belebt und ergänzend wirkt.

Ein einfaches Zusammenspiel von Ruhe und Befruchtung lehrt uns die Mutter Erde als Boden. Das Feld und seine Erde auch mal brachliegen zu lassen, gibt Erholung und das Leben kehrt wieder zurück. Ständiges Aussaugen der Nährstoffe erzeugt eine öde Wüste, doch so bleibt die Fruchtbarkeit erhalten.

Es braucht eine neue Achtsamkeit, die nicht nur das Gute entdeckt, sondern diese bunte und vielfältige Welt weiterleben lässt.

Übrigens: Als Einzelgänger passt der Luchs nicht schlecht zum heutigen Menschen, der sich auch gern mal zurückzieht. Dennoch ist das Bedürfnis nach Gesellschaft da. Die Gastronomie sollte dann auch bald wieder zum Treffpunkt für den Feierabend-Drink werden. Auch willkommen: Ein Schluck Quellwasser in den Bergen, wo sich Luchs und Hase guten Abend sagen.

Vögel und Bundeshaus, aktuell gelungenes Beispiel von Ko-Existenz

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Datum: 29.04.2021
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

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