Multiple Sklerose

Die Krankheit mit den 1'000 Gesichtern

Allein in Deutschland leiden nach Schätzungen rund 120'000 Menschen, in der Schweiz über 10'000 Menschen unter Multipler Sklerose (MS). Wie gehen Christen und Gemeinden mit dem Thema um?
MS-Betroffene wünschen sich einen selbstverständlichen Umgang mit Behinderten.

Christine Schollmeier – Majorin der Heilsarmee in Hamburg – leidet seit über 30 Jahren an der tückischen, als unheilbar geltenden entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die heute 64-Jährige berichtete der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, dass sie nach der Diagnose eine Art Abkommen mit Gott getroffen habe: Wenn er es ermöglicht, will sie ihr Arbeitsleben in den Dienst der Heilsarmee stellen. Mit Unterstützung ihrer Freikirche hat sie das geschafft. In vier Monaten erreicht sie nun das Rentenalter.

Im Blick auf die unterschiedliche Ausprägung von MS spricht Schollmeier von der «Krankheit mit den 1'000 Gesichtern»: «Wenn jemandem die Kaffeekanne aus den Händen fällt, ist das nicht gleich Schusseligkeit.» Andere kämpften damit, Sätze zu formulieren oder mit Müdigkeitsattacken. Die Krankheit verschlimmere sich schubweise. Wie sie fortschreite, wisse niemand.

Nach ihren Worten können christliche Gemeinden MS-Betroffenen und auch allen Gehbehinderten schon mit einfachen Mitteln helfen, indem sie beispielsweise an jeder Treppenstufe ein Geländer anbringen. Schollmeier versucht – wenn immer möglich –, ohne fremde Hilfe auszukommen. Mit ihrer starken Gehbehinderung scheitert sie jedoch schnell an solchen Stufen. Wie sie weiter berichtet, hätten ihr die Ärzte seinerzeit von einer Schwangerschaft abgeraten, weil sie die Folgen von MS verschlimmern könnte. Umso schmerzhafter trafen die «lieb gemeinten» Nachfragen der Geschwister in der Gemeinde, ob sie und ihr im Jahr 2009 verstorbener Mann nicht langsam ans Kinderkriegen denken würden.

Selbstverständlicherer Umgang mit behinderten Menschen

Mit seiner Krankheit arrangiert hat sich auch Matthias Bender aus dem mittelhessischen Ehringshausen bei Wetzlar. Vor 14 Jahren tauchte der Verdacht auf, er könnte einen Hirntumor oder MS haben oder an den Folgen eines Zeckenbisses leiden. Die Diagnose «MS» erwies sich als das kleinere Übel, zumal er nur zwei Krankheitsschübe erlebte. Bender hat ein Taubheitsgefühl im Arm und ist nicht mehr so belastungsfähig wie früher. Seine Aufgabe als Geschäftsführer bei der Evangelischen Nachrichtenagentur idea musste er deshalb aufgeben. Eine neue Teilzeitarbeit ermöglichte ihm aber auch ein ehrenamtliches Engagement als stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises für Sport im CVJM-Gesamtverband. Er wünscht sich einen selbstverständlicheren Umgang mit behinderten Menschen. Dies gelinge im Sport häufig besser als in christlichen Gemeinden.

Buch zum Thema:
«Eigentlich kerngesund - mit Hindernissen mutig leben» von Andrea Schneider

Datum: 06.06.2013
Quelle: idea

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