Ein Päckli für 7.50: Nicht Krieg gegen Raucher, sondern Schutz für Nichtraucher!

Entspannung in der Freizeit – fast 40 Prozent der Schweizer Jugendlichen rauchen.
Mit Sehnsüchten werden Jugendliche abgeholt

Das Bundesamt für Gesundheit erwägt stärkere Massnahmen zum Schutz von Nichtrauchern und zur Nikotin-Prävention. Nachdem die ‚NZZ am Sonntag’ ein Gespräch mit BAG-Direktor Thomas Zeltner gebracht hat, haut der Blick auf den Putz und spricht von einem „Krieg gegen Raucher“.

Das Boulevard-Blatt fragt angesichts der „Grossoffensive“, ob Rauchen bald zum Verbrechen werde. Dabei tut das Bundesamt nur, was die Vernunft, auch die volkswirtschaftliche, und die Tabakkonvention gebieten.

Denn die Schweiz hat vor einigen Wochen die internationale Vereinbarung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterzeichnet. Damit hat sie sich zu wirkungsvolleren Massnahmen verpflichtet. Höhere Preise, mehr Warnungen und Verbote sind für Thomas Zeltner, Direktor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), nötig, um der Volkssucht zu wehren.

Dringend: Verkauf an Jugendliche einschränken

Er will landesweit Zigarettenwerbung und den Verkauf an Jugendliche einschränken. Ein Verbot des Verkaufs an Jugendliche sei nicht sinnvoll, solange sie sich weiterhin an Automaten bedienen könnten, sagte Zeltner der ‚NZZ am Sonntag’ (in Frankreich und Polen sind Automaten verboten worden).

Bluff der Werbelobby

Zeltner begrüsst kantonale Vorstösse wie den von Baselland, wo das gesetzliche Verbot des Zigarettenverkaufs an Jugendliche unter 18 Jahren erwogen wird, strebt aber eine Lösung auf Bundesebene an.

Was die Tabaklobby als „freiwillige Selbstbeschränkung“ in der Werbung unter Jugendlichen ausgibt, reicht nach Zeltner nicht: „Auf Plakaten, in Kinos, in Zeitungen und Zeitschriften, wo das Zielpublikum nicht überprüft werden kann, wollen wir die Tabakwerbung unterbinden.“ Und zwar noch vor 2007.

Bevölkerung kritischer gegenüber blauem Dunst

Der BAG-Direktor rechnet mit dem geballten Widerstand von Tabakhandelslobby und Werbewirtschaft. Aber er hält fest, dass sich seit der Ablehnung der Zwillings-Initiative 1993 (Werbeverbot für Alkohol und Zigaretten) das Umfeld verändert hat. „Die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber dem Rauchen ist heute deutlich kritischer als 1993.“

Werbung banalisiert Giftkonsum

Wenn sich damals die Schweiz mit einem Werbeverbot zur Insel in Europa gemacht hätte, werde sich nun bald zur Insel, wenn sie Werbung weiterhin zulasse, sagt Zeltner.

Denn Studien zeigten eindeutig, dass Tabakwerbung zu mehr Konsum führt. „Tabakwerbung banalisiert Zigaretten als alltägliches Produkt: Wenn man für Zigaretten überall Werbung betreiben kann, dann können die nicht schädlich sein.“ Darum soll auch Sponsoring, etwa von Sportveranstaltungen, verboten sein.

Passivraucher wider Willen

Das BAG wird grössere Gefahr-Hinweise auf den Zigarettenpäckli beantragen und drängt auf ein Rahmengesetz zum Schutz der Nichtraucher. „Die Schweiz ist beim gefährlichen Passivrauchen tatsächlich nicht sehr weit“, gibt Zeltner zu, doch ein allgemeines Rauchverbot in Restaurants wie in Irland sei nicht durchzusetzen. Dabei zeigen „auch Schweizer Studien klar, dass die Mehrheit der Bevölkerung unter dem Passivrauchen leidet“.

Der Preis darf auf 7.50 Franken hochgehen

Zeltner vermutet, dass noch bei einem Preis des Zigarettenpäcklis von 7.50 Franken der Bund mehr einnimmt (künftig vielleicht auch für die Krankenversicherung), weil die Zahl der Raucher abnimmt, ohne dass der Schmuggel zum Problem wird. “Zahlreiche Studien und Erfahrungen belegen, dass bei einer Preiserhöhung von 10 Prozent der Konsum um 4, bei Jugendlichen sogar um 7 Prozent abnimmt.“

Enorme Kosten für die Gesellschaft

In der Schweiz sterben jedes Jahr mehr als 8'000 Personen vorzeitig an den Folgen des Tabakkonsums. Laut dem BAG belaufen sich die Kosten für medizinische Behandlungen auf 1,2 Milliarden Franken. Die Erwerbsaufallskosten betragen 3,8 Milliarden. Und die durch den Lebensqualitätsverlust bedingten Kosten werden mit 5,0 Milliarden Franken beziffert (die Zahlen stammen von 1995, dürften heute bedeutend höher liegen).

Mehr Jugendliche rauchen

Das Bundesamt schätzt, dass 2003 im Land „etwa 14,2 Milliarden Zigaretten verkauft wurden, das entspricht ungefähr 710 Mio. Zigarettenpaketen bzw. 360 Paketen pro Raucher/in und Jahr. Die Schweiz zählt nahezu 2 Mio. Rauchende, das heisst 31% der Bevölkerung ab dem 15. Altersjahr rauchen.“

In den letzten zehn Jahren hat der Anteil der jugendlichen Rauchenden zwischen 15 und 19 Jahren stark zugenommen. „Bei jungen Männern ist er zwischen 1992 und 1997 von 29% auf 41% angestiegen, bei den jungen Frauen gar von 18% auf 38%.“

Das BAG zum Rauchen:
http://www.suchtundaids.bag.admin.ch/themen

Datum: 20.07.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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