China fürchtet sich vor Christen

SRF-Tagesschau berichtete aus Wenzhou

«Während in Europa die Angst vor einer Islamisierung zunimmt, fürchtet sich Chinas Regierung vor einer zunehmenden Christianisierung des Landes.» Die Tagesschau von Fernsehen SRF leitete mit dieser Aussage einen bemerkenswerten Beitrag ein.
Tagesschau-Sendung vom 11.10.2015 über Christenverfolgung in China
Entfernung des Kreuzes der Qiaosi Sunday Church in Hanzhou, China.

Über 100 Mio. Chinesen, und damit rund 10% der Bevölkerung, sollen das Christentum in irgendeiner Form angenommen haben, stellt Tagesschau-Moderatorin Cornelia Boesch am Sonntagabend in der Einleitung zu einer Reportage von Pascal Nufer fest. Der SRF-Journalist ist mit einem Kamerateam nach Wenzhou gereist, das bei den Christen als Jerusalem Chinas gelte. Denn: «Seit Monaten läuft nun in der Stadt Wenzhou eine regelrechte Anti-Christen-Kampagne», heisst es in der Anmoderation.

Kreuze in der Öffentlichkeit stören

Den kommunistischen Behörden sind offenbar vor allem die gut sichtbaren Kreuze vor und über Kirchen ein Ärgernis. Im Zuge der Kampagne seien rund 1'400 Kreuze aus dem Stadtbild von Wenzhou verschwunden, berichtet Pascal Nufer, der an drei Schauplätzen lokale Kirchenleiter und Christen interviewte: «Gestiegen ist dafür die Wut und Entschlossenheit der Christen», stellt er fest. Denn meistens richten die Christen das Kreuz wieder auf.

Doch es gibt auch Verzweiflung, vor allem in einem Fall, wo die Behörden angekündigt haben, eine grosse Kirche niederzureissen, weil sie angeblich illegal gebaut worden sei. «Das einzige, was die Christen der Regierung entgegensetzen können, ist allein ihr Glaube», sagt dazu Pascal Nufer. Und er schliesst die Reportage mit den Worten ab: «Wir verlassen die Christen in Wenzhou in der Ungewissheit, was als Nächstes passiert.»

Den lokalen Medien hat die Regierung einen Maulkorb verpasst: Sie dürfen nicht berichten, dass die Regierung Kreuze entfernt und Kirchen niederreist.

Aus der Tabuzone

Das Thema «Christenverfolgung» wurde bislang in den nationalen Schweizer Medien weitgehend tabuisiert, obwohl es - abgesehen von den demokratischen Gesellschaften – ein weltweites Phänomen ist. Die Vertreibung und Ermordung der Christen im Nahen Osten scheint allmählich die Sichtweise zu verändern. Ebenso die Vorstösse dazu im Nationalrat.

Geschäfte mit diktatorischen Regimes machen?

Ein Ärgernis könnte dagegen die antichristliche Politik der chinesischen Behörden für die Wirtschaftskreise sein, die vom Freiheihandelsabkommen der Schweiz mit China profitieren, das von Bundesrat Johann Schneider-Ammann vor Jahresfrist ausgehandelt und zusammen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten mit grossem Pomp gefeiert wurde. Es wurde später ohne grossen Widerstand vom Parlament ratifiziert. Schon damals kritisierten Menschenrechtsorganisationen, dass die Menschenrechte bei den Verhandlungen ausgeblendet wurden. Wenn die Verfolgung der christlichen Kirchen einen ähnlichen Stellenwert wie die Unterdrückung der politischen Dissidenten erhält, dürfte der Druck steigen, gute Geschäfte mit diktatorischen Regimen nicht ohne Rücksicht darauf zu tätigen, wie diese ihre Bevölkerung behandeln.

Tagesschau-Beitrag vom 11.10.2015

Zum Thema:
Die «ausländische» Religion: Chinas Angst vor den Christen
«Verletzung von Vorschriften»: China: Weitere Kreuze von Kirchen entfernt

Datum: 13.10.2015
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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