Heiratsstrafe bald abgeschafft?

Die gültige Ehedefinition findet im Nationalrat keine Mehrheit mehr

Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Dieser Passus hat die Initiative gegen die Heiratsstrafe der CVP im Nationalrat abstürzen lassen.
Ein Ehepaar bei der Hochzeit.
Marianne Binder

In der mehrstündigen Debatte mussten sich die Initianten harte Worte gefallen lassen: «Konservativ», «rückwärtsgewandt», ja «diskriminierend», ja «wie ein schlechter Witz» sei der Passus. Vor der Debatte hatten CVP-Nationalratsmitglieder, die den Widerstand vorausahnten, sogar die Bereitschaft signalisiert, auf die Ehedefinition zu verzichten. Obwohl diese Bestandteil der aktuellen Bundesverfassung ist, wie Marianne Binder, Mitglied des Initiativkomitees, in einem Kommentar in der «Schweiz am Sonntag» vom 14. Dezember erinnert.

Binder wirft ihren Kritikern jetzt vor, mit dem Widerstand gegen die Ehedefinition eigentlich die geltende Bundesverfassung zu bekämpfen. Allerdings heisst es in Artikel 14 dazu lediglich: «Das Recht auf Ehe und Familie ist gewährleistet.» Allerdings sei vor der Abstimmung über die neue Bundesverfassung von 1995 die Ehe ausdrücklich im Sinne der Menschenrechtskonvention im traditionellen Sinn interpretiert und festgelegt worden, so Marianne Binder. Die CVP-Initianten betonten überdies, dass auch «eingetragene Partnerschaften» von der Initiative zur Abschaffung der Heiratsstrafe profitieren würden. Alles ohne Erfolg.

Die Parlamentsmehrheit mit Vertretern aus Freisinnigen, den Grünen und der SP, wollte keinen Passus in der Bundesverfassung dulden, der Homosexuellen später eine Ehe vorenthalten hätte. Sie gehen somit davon aus, dass diese Variante früher oder später kommt. Die freisinnigen Parlamentsmitglieder störte zudem, dass die Initiative ihre Absicht, die Individualbesteuerung durchzusetzen, durchkreuzt hätte. Eine Besteuerungsform, die ideologisch motiviert ist und sowohl den Behörden wie den Steuerpflichtigen einen grossen Mehraufwand bescheren würde. Der sonst immer geforderte schlanke Staat kann warten.

Damit dürfen aus gesellschaftspolitischen und ideologischen Gründen die heutigen Betroffenen – 30 Jahre nach einem Bundesgerichtsentscheid, der den Gesetzgeber zur Korrektur aufforderte – weiterhin auf die vollständige Abschaffung der Heiratsstrafe warten. Das ist eindeutig zu viel für einen Rechtsstaat, als den sich die Schweiz versteht. Marianne Binder vertraut jetzt darauf, dass sich die Bevölkerungsmehrheit nicht am traditionellen Ehebegriff stört und die Initiative annehmen wird. Hoffen wir's!

Datum: 15.12.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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