Jüngerschaft soll Teil vom Kirchenprogramm sein (Bild: bigstock)
Wie sieht die Kirche der Zukunft aus? Und wie sieht Jüngerschaft konkret aus? Im Livenet-Talk sprechen drei Gäste über einen missionalen Lebensstil und ein nötiges Umdenken der Kirche.
Die Bewegung 3dm setzt sich schon lange mit der
Frage auseinander, wie ein missionaler Lebensstil gelingen kann. Livenet-Chefredaktor Florian Wüthrich begrüsst drei Gäste im Talk, die an ihren
Erfahrungen teilhaben lassen.
«Ich kam nie in die vierte Generation der Multiplikation»
Roger C. Keller
Der Direktor von 3dm, Roger Keller (58), ist
verheiratet, hat vier Kinder und acht Enkel. Seine Hobbys sind Golf und
Fussball. Seine besondere Leidenschaft ist aber die Kirche. «Mein Leben gehört
der Kirche. Seit ich Jesus mit 23 Jahren kennengelernt habe, jage ich dem Leben
der Kirche nach.»
Mit 30 gründete Roger erstmals eine Kirche. «Viele Leute
kamen zum Glauben, wir hatten eine super Zeit.» Doch dann fügt er an: «Ich kam
aber nie in die vierte Generation der Multiplikation.» Er teilte sein Leben mit
Leuten, die auch andere an ihrem Leben teilhaben liessen. Doch dann ging es
nicht mehr weiter. Er fragte sich auch, warum nicht mehr Menschen Jesus
annehmen und weshalb die Nachfolger von Jesus nicht entspannter sind. Er begann,
ganz neu zu lernen.
Es braucht ein Umdenken
Viele Gläubige in westlichen Ländern sind
übersättigt von Programmen. «Wer Sonntags nicht mehr zur Kirche kommt, ist
nicht einfach nicht mehr gläubig, sondern oft einfach übersättigt.» Da stellt
sich die Frage, wie der Glaube im Alltag gelebt wird. Für Roger beginnt Jüngerschaft
mit den einfachen Fragen «Was sagt Gott zu mir?» und «Was mache ich damit?».
«Nachfolge führt immer zu Mission. Leider haben wir diese Dinge in unserer
Kultur getrennt. Wir bemühen uns jetzt, sie wieder zusammenzubringen.»
Abraham Keller
Rogers Sohn Abraham, ebenfalls Gast im
Livenet-Talk, sagt: «Ich sehne mich nach einem Umdenken der Kirche, nach
Kirchen, die für unsere Gesellschaft relevant sind.» Er wünscht sich, dass
Christen Menschen in ihre Bestimmung hineinführen. «Hierzu braucht es das
Umdenken, dass wir nicht zur Kirche gehen, sondern selbst die Kirche sind.»
Sprachfähigkeit und Beziehungen
Heute erkennt Roger den stärksten Grund, weshalb
er die vierte Generation der Multiplikation nicht erreichte, in seiner fehlenden
Sprachfähigkeit. «Meine Intuition kann ich nicht multiplizieren. Ich muss eine
Sprache finden, die ich weitergeben kann.» Inzwischen hat er viel investiert
und sich Sprachfähigkeit angeeignet. «Dadurch können wir uns heute
multiplizieren.» Neben Sprachfähigkeit sind natürliche Beziehungen elementar.
Roger Keller knüpfte viele Kontakte, indem er Nachbarn
um Hilfe bat. «Viele Leute sind gerne bereit zu helfen.» Er stellt sich auch die Frage,
worin er sich investiert. «Einen Teil meiner Zeit verschenke ich meiner Stadt.»
So ging er zum FC Kreuzlingen, wo er seine Erfahrungen als Coach einbrachte.
Heute ist er im Vorstand und als technischer Leiter engagiert.
Gefestigt in der eigenen Identität
Maritta Schneider
Als dritter Gast bereichert Maritta Schneider die
Runde. Sie erzählt von ihrem Umzug nach Kreuzlingen und wie sie von Roger und
seiner Familie in eine neue Kultur eingeführt wurde. Als sie zwei Jahre später
mit ihrer Familie in den Aargau zog, wo sie bei der Gründung einer Privatschule
mithilft, hatte die missionale DNA sie erfasst. Durch die Learning-Community
bleibt sie im Gespräch mit Christen ähnlicher Ausrichtung. Diese Communitys
haben ihr geholfen, selbst sprachfähig und, wie sie besonders betont, in ihrer
Identität gefestigt zu werden.
Celebration und Lebensstil
Zusammen mit seiner Frau Jeanna leitet Abraham
seit zwei Jahren das ICF Winterthur. «Durch 3dm wurde ich ausgerüstet, nicht
nur Programme zu machen, sondern Menschen zu befähigen.» Er ist begeistert von
der Celebration Kulutur des ICF und will das alltägliche Leben damit
zusammenbringen.
Corona sahen sie nicht als Bedrohung für die Kirche. «Die
Leute verstanden, dass sie selbst die Kirche sind und nicht von einem
Sonntagsprogramm abhängig sind.» Sie ermutigten Menschen auch, mit ihren Nachbarn
zusammen zu sein.
«Den Sonntag braucht es», hält Abraham fest.
«Ohne gemeinsam vor Gott zu kommen, finde ich es schwierig.» Er glaubt aber,
dass es genauso auch eine Befähigungskultur braucht. Die Leute sollen sich
ihrer Identität in Jesus gewiss werden und nicht ständig das Gefühl haben, sich in der Kirche mehr einbringen zu müssen.