Täufer-Frauen voran

Fit zum Predigen und Leiten

In holländischen Mennoniten-Gemeinden nahmen Frauen schon vor 100 Jahren leitende Funktionen ein. Der Bienenberg zog vor 40 Jahren nach. Eine Bienenberg-Dozentin über theologische und praktische Stolpersteine.
Marie Noëlle Yoder-Baecher

Marie Noëlle Yoder-Baecher, 37, ist Dozentin in der französischsprachigen Abteilung des Theologischen Seminars Bienenberg. In der Festschrift für Bernhard Ott «Fit für die Welt!?» beschreibt sie engagiert die Situation der Frauen in Täufergemeinden.

Schon in der Einleitung macht sie deutlich, wie ihr Herz schlägt: «Ich habe einen Traum. Den Traum einer versöhnten Gemeinde, wo es effektiv nicht mehr wichtig ist, ob jemand 'Mann oder Frau' ist (Die Bibel, Galater, Kapitel 3, Vers 28). Den Traum einer Gemeinde, wo alle gemäss den ihnen von Gott geschenkten Gaben dienen – ohne Vorrang des einen Geschlechts über das andere.»

Holland ging vor einem Jahrhundert voran

Yoder-Baecher macht deutlich, dass dieses Thema auch unter Mennoniten längst nicht abgehakt ist. Die einen würden sich wundern, dass man noch darauf zurückkomme, nachdem zum Beispiel Mennonitengemeinden in Holland schon vor hundert Jahren Frauen zum Leiten und Predigen zuliessen. Andere würden sich nach wie vor auf die Bibel, 1. Korinther, Kapitel 14, Vers 34 stützen («die Frau schweige in der Gemeinde»).

Die Autorin räumt ein, dass der biblische Befund zu diesem Thema nicht einfach ist und Raum für unterschiedliche Interpretationen offen lässt, «und dies aufgrund von Texten, die wir als inspiriert einschätzen und die von denselben Autoren stammen» – im Neuen Testament vor allem von Paulus.

Bienenberg als Trendsetter

Sie macht sodann einige hermeneutische Überlegungen, bei denen sie die Grundlage für die gegensätzlichen Positionen ausleuchtet und insbesondere auf den Gedanken der neuen Schöpfung und der christlichen Gemeinde als einer Gemeinschaft fokussiert, welche bestehende kulturelle und soziale Gegensätze aufhebt. Auch die Mennoniten haben diesbezüglich eine Geschichte hinter sich. Das Bildungszentrum Bienenberg war anfänglich konservativ, hat sich dann aber bereits vor 40 Jahren entschieden, mit Marie-Noëlle Faure eine erste Dozentin anzustellen. Später kamen weitere Frauen hinzu, und in den Gemeinden wuchs nach anfänglicher Skepsis die Akzeptanz für den Dienst der Frauen. Sie berufen zunehmend Frauen in ihre Leitungspositionen.

Defizite bei der Umsetzung

Dennoch beobachtet Marie Noëlle Yoder-Baecher auch in den Mennonitengemeinden, dass Frauen in Leitungsfunktionen nicht häufig anzutreffen sind, und dass sie zuweilen «sexistischen oder abschätzigen Bemerkungen» ausgesetzt seien. Es brauche «Achtsamkeit» seitens der Kirchen und seitens der Frauen, um voran zu kommen – zum Beispiel in einer Sprache im Gottesdienst und in Liedern, die auch Frauen meint. Selbst wo die Mitarbeit der Frauen geschätzt wird, beobachtet Yoder-Baecher zuweilen einen Gegensatz zwischen Theorie und Praxis, wenn es um die Besetzung von Leitungsämtern geht. Die Frauen selbst müssten aber wohl noch vermehrt bereit sein, Risiken einzugehen, denn sie brauchten naturgemäss oft mehr Sicherheit, für einen Leitungsdienst befähigt zu sein, als Männer.

Stolpersteine für den Dienst der Frau in der Gemeinde

Die Bienenberg-Dozentin spricht in diesem Zusammenhang auch weitere Fragen an, die sich speziell für Frauen stellen, ob sie jetzt Familienfrauen oder Single seien. Für Mütter mit einem starken Engagement in der Gemeinde stelle sich die Frage nach der Rolle ihres Mannes und der zeitlichen Verfügbarkeit. Single-Frauen seien häufiger der Gefahr eines Burnouts ausgesetzt, da sie sich nicht in eine Familie zurückziehen könnten. Es gebe eben keinen pfannenfertige Ideallösungen für einen gelingenden Gemeindedienst der Frau.

Zum Thema:
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Datum: 27.04.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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