Glaube und Wissenschaft

Gott lässt sich (zum Glück) nicht beweisen

Immer wieder einmal betonen Christen, dass Gott sich beweisen lasse. Und immer wieder einmal antworten Atheisten, dass für sie Gottes Nicht-Existenz bewiesen sei. Beides ist Humbug! Bereits der Ansatz, Gott zu beweisen, geht in die verkehrte Richtung. Zum Glück ist Gott grösser als diese menschlichen Lösungsversuche. Ein Kommentar von Hauke Burgarth.
Gott und Wissenschaft
Werner Gitt
Redaktor Hauke Burgarth

Gerade berichtete das evangelische Nachrichtenmagazin Idea, dass der bekannte Evangelist und Informatiker Werner Gitt bei einer Evangelisationsveranstaltung die Auffassung vertrat: «Gott lässt sich beweisen». Mit dieser Meinung steht Gitt nicht alleine da. Zahlreiche Christen vor ihm – von Thomas von Aquin bis Anselm von Canterbury – wollten Gott beweisen. Nach einhelliger Überzeugung sind sie damit allerdings gescheitert. Die zahlreichen sogenannten Gottesbeweise zeigen weniger die Realität Gottes, tatsächlich sind sie eher Belege für christliche Sehnsüchte.

Das Problem mit dem Zirkelschluss

Die grösste Schwäche aller Gottesbeweise umgeht einer der berühmtesten Vertreter, Anselm von Canterbury, durch eine einfache Vorannahme: «Anselm wendet sich mit seinem Beweis ausdrücklich an Gläubige, die die Inhalte ihres Glaubens verstehen wollen, oder sachlich gesagt, an einen das Verstehen suchenden Glauben.» (Wikipedia) Wer sowieso schon an Gott glaubt, erhält durch Anselms «Beweise» eine weitere Basis für seine Überzeugung. Wer nicht glaubt, den überzeugen Anselms Gründe auch nicht. Ein ähnlicher Zirkelschluss liegt auch Werner Gitts «Beweisen» zugrunde. Sein «prophetisch-mathematischer Gottesbeweis» besagt, dass es nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung so gut wie unmöglich sei, dass sich rund 3’000 biblische Prophezeiungen rein zufällig erfüllt hätten. Schon die erste dieser Verheissungen macht allerdings das Problem des Zirkelschlusses deutlich. Nach der Beschreibung des Sündenfalls folgt in der Bibel ein Blick in die Zukunft: «Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.» (1. Mose Kapitel 3, Vers 15) Natürlich lässt sich dieser Vers im Rückblick von Menschen, die bereits an Jesus glauben, auf Christus hin verstehen. Eindeutig im Sinne eines Beweises ist er allerdings nicht. So wenig wie die weiteren Verheissungen der Bibel, die ebenfalls den Glauben voraussetzen, um überhaupt als solche verstanden zu werden.

Sehnsucht nach Klarheit

Was zeigen Gottesbeweise aber, wenn es keine tragfähigen Beweise im wissenschaftlichen Sinn sind? Nun, zum Beispiel unterstreichen sie tiefe Sehnsüchte von Christen, wie den Wunsch nach Klarheit. Die Welt war schon immer unverständlich und sie ist im Laufe der Jahrtausende nicht leichter durchschaubar geworden. Da ist es nur verständlich, dass sich Christen wünschen, sie könnten Gott zutiefst verstehen und ausserdem anderen ihren Glauben so erklären, dass jeder einfach sagen muss: «Stimmt, es kann gar nicht anders sein.» Das wichtigste Argument gegen dieses Beweis-Verständnis liefert allerdings die Bibel selber. Denn das grosse Buch der Christen ist nun einmal keine Formelsammlung, kein vom Steuerprüfer beglaubigter Jahresbericht. Die Bibel ist vielmehr eine spannende Mischung aus Gedichten und Erzählungen. Und Gott verweigert sich darin in schöner Regelmässigkeit einem klaren Einsortiert-Werden. Jedes Mal, wenn Menschen nach der richtigen Schublade für ihn suchen, unterstreicht er: «Ich suche nicht deine richtige Antwort, sondern die Beziehung zu dir.»

Sehnsucht nach Vernunft

Scheinbare Gottesbeweise befriedigen noch weitere Sehnsüchte. Zum Beispiel die, nicht als unvernünftig zu gelten. Manche Atheisten setzen Glaube und Unvernunft gleich und bezeichnen «Gläubige» damit generell als dumm. Das ist problematisch. Und nicht nur, weil es andere herabsetzt. Denn hier begegnen sich nicht irrationaler Glaube und rationaler Atheismus. Es treffen sich auch nicht vernünftiger Glaube und unvernünftiger Atheismus. Atheismus und Glaube sind vielmehr beides Glaubenssysteme. Beide lassen sich weder schlüssig beweisen noch widerlegen. Beide sind an sich weder vernünftig noch unvernünftig. Sie bilden vielmehr eine Grundlage für unser Denken, für unsere Wahrnehmung der Welt. Manchen Atheisten mögen die Versuche guttun, Christen als geistig minderbemittelt darzustellen, weil sie an Gott glauben. Auch manche Christen mögen sich an dem Gedanken freuen, dass Gott ja längst bewiesen ist, was nur einige ignorante Atheisten nicht begreifen wollen. Nur wird man leider nicht dadurch klüger, dass man sein Gegenüber als dumm bezeichnet … Wer als Christ dagegen echte Argumente für seinen eigenen Glauben hat und darüber mit Andersdenkenden diskutieren kann, ohne sie als unvernünftig zu bezeichnen, wird viele interessante Gespräche führen. Und wird letztlich sogar Menschen gewinnen.

Beweisbar ist nicht besser

Besonders deutlich wird die Schwäche der Gottesbeweise, wenn man sie mit Gottes Darstellung in der Bibel vergleicht: Er selbst beweist sich nämlich nicht. Letztlich würde das bedeuten, dass er sich zum Forschungsgegenstand macht, zum Objekt, passend für unser Denken und Reden. Ein wirklich beweisbarer Gott wäre ein «kleiner» Gott. Das Wesen Gottes – Liebe – ist dagegen nur erfahrbar. Dasselbe gilt für wichtige Eigenschaften Gottes wie Allmacht, Treue, Heiligkeit, Unendlichkeit … Sie lassen sich nicht auf den Objektträger legen und unter dem Mikroskop betrachten. Sie lassen sich nicht durch Argumente beweisen. Aber sie sind auch nicht unlogisch und irrational. Gott beweist sich nicht. Er wirbt aber um uns. Und er tut damit viel mehr als mit jedem echten Gottesbeweis – er lädt uns ein und bietet uns sein Leben, seinen Frieden, sein Heil: «Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen» (Matthäus Kapitel 11, Verse 28-29). Wer sich darauf einlässt, erlebt Gottes Realität. Zum Glück lässt Gott sich nicht beweisen.

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Datum: 15.06.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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