Sichtweise eines 21-Jährigen

Warum so viele Jugendliche die Gemeinden verlassen

Warum sind die Jugendgruppen in so vielen Gemeinden leer oder Jugendarbeit nicht existent? Der 21-jährige Student Pablo Fernández hat das selbst erlebt. Er berichtet, warum er sich nicht demotivieren liess und hat Tipps für Gemeinden, Eltern und die Jugendlichen selbst.
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Ich bin in einer christlichen Familie aufgewachsen. Von klein auf war ich in der Gemeinde, auf Jugendfreizeiten, christlichen Konzerten etc. Viele meiner Freunde haben sich mit der Zeit von der Gemeinde entfernt. Es blieben nur wenige Jugendliche in meiner Gemeinde – und ich fragte mich: Was gibt ihnen die Gesellschaft, was ihnen die Kirche nicht geben kann? Bei wem liegt die Schuld, bei unseren Eltern, der Kirche oder bei Gott? Warum bin ich noch hier?

Das Problem: die Schwächen

Der Feind ist ziemlich klug und nutzt bei jedem Jugendlichen seine Schwächen aus, seien das Parties, Alkohol, Freunde, Beziehungen und so weiter. In meinem Fall hatte er es schwierig, weil ich ein ruhiger Typ bin. Ich ging samstags immer lieber ins Kino als in die Disko. Doch mein Schwachpunkt waren meine Freunde. In meiner Gemeinde gab es kaum noch Jugendliche, ich war demotiviert, hatte samstags nichts zu tun und so begann ich, mit meinen Freunden abzuhängen. Das ist an sich ja kein Problem, wir spielten Fussball, Basketball und Videospiele. Aber als sie anfingen, auf Parties zu gehen, Alkohol zu trinken und Mädchen abzuschleppen, musste ich mich entscheiden: Wollte ich mit dem Mainstream gehen, oder Jesus nachfolgen?

Ich denke, dass es drei wichtige Faktoren gibt, die Teenager und Jugendliche darin beeinflussen, ob sie die Gemeinde verlassen oder nicht:

Faktor 1: Die Eltern

Eltern müssen ihre Kinder erziehen, sowohl im säkularen als auch im geistlichen Bereich. Das Problem von vielen ist, dass sie ihren Kindern zu viel erlauben. Auch ich hatte oft keine Lust, in den Gottesdienst zu gehen. Doch meine Eltern gaben nicht nach – und ich bin dafür dankbar! Eltern sollten standhaft bleiben, nein sagen können, so dass wir Kinder, selbst wenn wir sauer werden, verstehen, dass sie dies zu unserem Besten tun.

Faktor 2: Die Kirche

Es ist nicht einfach, eine feste und in sich verbundene Jugendgruppe zu formen. Dafür braucht es Leiter, die sich verbindlich einbringen, den Jugendlichen ein Vorbild sind, die die Leute vereinen und schulen und jegliche Konflikte aussen vor lassen. Wir brauchen Einheit und Verbindlichkeit in unseren Gemeinden – und damit müssen wir bei uns selbst beginnen.

Wir Jugendlichen brauchen Spass, aber wir müssen auch über Gott lernen. Viele Gemeinden gehen da ins Extreme: Die einen hängen nur müssig rum, die anderen versammeln sich allein, um in der Bibel zu lesen – und die Jugendlichen langweilen sich und kommen nicht mehr wieder… Wir brauchen Ausgewogenheit! Gott ist nicht langweilig. Konzentrieren wir uns also nicht nur auf die Musik, die Jugendliche normalerweise anzieht, sondern auch auf den Dienst, auf Predigten und Gebetszeiten. Ausserdem brauchen wir gute Seelsorger, Leiter, welche den Teenagern helfen und ihnen Ratschläge geben bei Themen, die sie vielleicht nicht ihren Eltern anvertrauen.

Auf der anderen Seite würden viele Jugendliche auch gerne mithelfen und sich einbringen, doch vielen Leitern fehlt da das Vertrauen. Wir brauchen Gelegenheiten, um zu zeigen, dass wir auch in wenigem treu sein können. Die Gemeinden müssen verstehen: Wir sind ihre Zukunft!

Faktor 3: Wir selbst

Letztlich liegt die Entscheidung zu gehen oder zu bleiben, natürlich bei uns. Unsere Eltern und die Kirche können uns enttäuschen – aber wir sollten dennoch Gott vertrauen. Wir müssen verstehen, dass unser Weg nicht einfach ist. Die weltlichen Dinge ziehen uns an und wir denken, dass sie uns alles bietet, was wir brauchen – aber das stimmt nicht. Die meisten Jugendlichen unserer Gesellschaft sind innerlich leer, sie leben einzig auf das nächste Wochenende zu und ihnen fehlt ein tieferer Sinn im Leben. Und selbst, wenn es in deiner Gemeinde keine oder kaum junge Leute gibt, gib nicht auf. Lade andere Jugendliche ein, besuche auch andere Gemeinden und warte darauf, dass Gott wirkt!

Nach einigen Jahren lernte ich neue Jugendliche kennen, meine Gemeinde wuchs und so auch die Jugendgruppe. Ich weiss, dass Gott einen besonderen Plan für jeden von uns hat – und ihn zu seiner Zeit verwirklicht. Die Sache ist, sich nicht demotivieren zu lassen. So wie es in Römer steht: «Richtet euch nicht länger nach den Massstäben dieser Welt, sondern lernt, in einer neuen Weise zu denken, damit ihr verändert werdet und beurteilen könnt, ob etwas Gottes Wille ist – ob es gut ist, ob Gott Freude daran hat und ob es vollkommen ist.» (Römer, Kapitel 12, Vers 2)

Der Artikel wurde von Livenet übersetzt und gekürzt.

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Datum: 13.05.2016
Autor: Pablo Fernández / Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / Protestante Digital

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