Grenzgängerforum Basel

Sprachfähig werden und für die Region etwas tun

Das 2. Basler Grenzgängerforum entwickelt sich zum breit gefächerten Netzwerk. Auf besonderes Interesse stiessen bei der zweiten Auflage die Workshops.
Das Gespräch in kleinen Runden ist ausschlaggebend im Grenzgängerforum.
Sprachfähig werden, von der Stadtmission Basel lernen: Referentin Irina Bossart.

«Wir müssen Macht abgeben, wenn wir wollen, dass Jugendliche sich integrieren und in der Gemeinde Verantwortung übernehmen», sagte Zeno Steuri, Mitinhaber der Firma «shochzwei» GmBH, im Workshop zur Soziokultur. Er hat den Teilnehmern eine Dokumentation ausgeteilt, in der eine Pyramide darüber Auskunft gibt, ab wann jemand selbstverantwortlich handelt. Der nächsten Generation Raum geben sei wichtig, wenn man wolle, dass Kirche von morgen gestaltet werde. 

Daniel Wahl, Redaktor bei Telebasel, diskutiert mit seinen Partnern darüber, was es bedeutet, wenn der Medienmarkt sich segmentiert und das gemeinsame Lagerfeuer wegbricht. Das war beispielsweise der Fall, als die ganze Schweiz «Wetten dass!» anschaute und am nächsten Morgen jeder darüber sprach.

Doch nicht das gemeinsame Bejammern schlimmer gesellschaftlicher Zusammenhänge bestimmte das zweite Basler Grenzgängerforum. Im Gegenteil. «Wie gehen wir unternehmerisch in Verantwortung?» fragen sich Workshopteilnehmer der Gruppe: «Unternehmer und Ethik», moderiert von Tony Ronchi, Unternehmer und Immobilienfachmann. «Wie können wir Start-ups fördern?» «Reden wir ernsthaft von Unternehmer- oder von Angestelltentum?» Dass die Energiewende auch biblisch zu begründen ist, belegte Antoine Millioud, CEO des Kleinkraftwerks Birseck AG. Er machte dies für alle in der Gruppe wissenschaftlich nachvollziehbar.

Bevor man in den Gruppen diskutierte, wurde das Thema kenntnisreich umrissen, ebenso fanden Vorstellungsrunden statt. «Ich bin Zahnarzt und finde das ganze mit der Finanzkrise dermassen komplex, dass ich es erklärt bekommen muss!» sagt einer. Ein anderer dagegen ist Pastor, verantwortlich für ein grosses Budget. Dr. Christoph Albrecht ist Jesuit und Flüchtlingsseelsorger und fragt sich, wie Basel mit wachsender Armut umgeht. «Seien wir doch ehrlich», so Workshopleiter Herbert Kumbartsky, CFO bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank. «Wir werden verzichten müssen, und das fällt uns schwer.»

Geschichten von Hoffnung und Liebe

Den Workshopangeboten wurden zwei Grundsatzreferate vorangestellt. Irina Bossart, Theologin und Historikerin, portraitierte die Stadtmission Basel und skizzierte ihren Beitrag zum Wohle der Stadt innerhalb des 19. und 20. Jahrhunderts. Die Stärke eines Volkes messe sich am Wohl der Schwachen, so einer ihrer Grundsätze. Während früher der Schwerpunkt auf Diakonie und Evangelisation gelegen habe, sei es nun die Diakonie. Bossart empfahl den Besuchern des Forums, neue Grundhaltungen einzunehmen. Im Zuge von knapper werdenden Ressourcen «machte Teilen Sinn». Bei zunehmendem Individualismus gelte dies auch für eine sogenannte «jesuanische Freundschaftskultur, die über den Horizont der Kleinfamilie hinaus weise.

Verkündigen hiesse, «Geschichten aufzuwickeln», statt Begriffe, Definitionen und Standpunkte zu vertreten. «Wer nur Standpunkte hat, ist ein unglaublich langweiliger Mensch», so Dr. Wolfgang Bittner, Studienleiter der Fritz Blanke Stiftung. Zwar seien unsere religiösen Floskeln und Formulierungen meistens «goldrichtig», aber die hebräische Art zu denken sei das nicht. Diese wieder zu erlernen liesse unsere Sprache gesunden und dem Leben zugewandt sein. Es gelte zu beschreiben, was wir geschaut haben und dann davon zu erzählen. Jesus, so Bittner, sei im Bereich der Weltliteratur einer der grössten Erzähler gewesen. Er habe so erzählt, dass keineer ausweichen konnte. Dabei ging es sich nicht um «Geschichtchen», sondern darum, gelebten Alltag transparent zu machen. Er ermutige dazu, in den Gemeinden Arbeitskreise zu entwickeln, die Geschichten zu Liebe, Hoffnung, Erlösung zusammentragen. Eine grosse theologische Aufgabe! 

Eine Vision verdichtet sich

Wie entstand das Forum eigentlich? Prof. Dr. Urs Gröhbiel, Initiator des Forums, ist seit vielen Jahren im Bereich «Neue Lerntechnologien» tätig. Im Laufe der Jahre hat er sich viel Wissen in diesem Bereich angeeignet. Das hat ihn zu einem «Professionellen» und zum Spezialisten gemacht und auch dazu geführt, dass er von vielen Seiten angefragt wurde. Er erlebt, dass der Bund auf ihn zukommt. Dass Banken seinen Rat suchen. Ihm wird deutlich, dass er etwas hat, das Nutzen für viele bringt. Aber kann es darum gehen, all sein Wissen ausschliesslich nur für eigene Einkommenszwecke zu nutzen? Er fragt nach «Millionen von Projektlein», die zum einen sehr erfolgreich, aber auch im Sand verliefen: Wo bleibt deren gesellschaftliche Wirkung? Welchen Wert hat das alles? Was habe ich bewirkt? Er entschied, sein Know-how in Zukunft für Entwicklungs- und Missionsarbeit einzusetzen. Er sucht nach Anwendungen, die einzelnen Menschen, der Gesellschaft nutzt. Lösungen, die konkret umgesetzt werden können.

Ideen konkret und wirksam umgesetzt

Mit dieser Idee geht er mit vielen Fachleuten aus Forschung, Lehre, Wirtschaft und Bildung ins Gespräch. Sie wird konkret und verdichtet sich: Lasst uns, die Fachleute aus dem Elfenbeinturm rausgehen, unsere Forschungskammern verlassen, um uns vernetzt einzubringen! Es geht darum, vielen einen Zugang zu anspruchsvollen Themen zu verschaffen, mit verschiedenen Fachleuten Lösungsansätze zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen auszuarbeiten, sei es in Form von Artikeln in Fachzeitschriften, Konzepten oder Projektideen. 

«Eine super Idee!» sagen alle, mit denen er redet. «Aber es wird nicht funktionieren!» Die Leute, die etwas zu sagen haben, haben einen randvollen Terminkalender und haben schlicht keine Zeit. «Also gut», sagt er sich. «Dann schliesse ich mich einfach anderen an, die so etwas Ähnliches bereits praktizieren. Ich muss nichts Neues gründen, sondern arbeite gerne mit anderen zusammen.» Die Vereinigten Bibelgruppen (VBG) kommen seiner Idee am Nächsten. Aber sie sind auf Schüler oder Studenten ausgerichtet und kommen eher aus der «evangelischen Ecke». «Ich fand aber gerade den interdenominationellen Austausch unter Fachleuten für Menschen an der Basis interessant.» 

Gröhbiehl zeigt sich nach dem 2. Basler Forum mit über 50 Teilnehmern sehr zufrieden: «Das A und O sind Beziehungen, Leute, die sich vertrauen und einander kennen.» Sein Ziel ist ein Netzwerk, das sich die nächsten drei, vier Jahre in Basel und Umgebung aufbaut und Präsenz zeigt. Ein nächstes Treffen ist bereits für Dezember diesen Jahres geplant.

Datum: 18.06.2013
Autor: Dorothea Gebauer
Quelle: Livenet / Grenzgängerforum

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