Die Debatte

Braucht es einen unabhängigen christlichen Journalismus?

Kaum je dachten Medienschaffende so kritisch über ihr Handwerk nach wie heute und suchen neue Ideen. Davon könnte auch der christliche Journalismus profitieren. Ein Kommentar von Fritz Imhof.
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Eric Gujer

Journalisten hatten viel einzustecken, seit Donald Trump missliebige Meldungen als Fake News abtut und das Magazin «Der Spiegel» zugeben musste, einem Reporter auf den Leim gegangen zu sein, der Teile seiner Texte frei erfunden hat. Vor zwei Jahren hat sich bereits der Chefredaktor der NZZ am Sonntag, Felix E. Müller, ausführlich zu seinen journalistischen Werten geäussert (Livenet berichtete).

Speziell die NZZ, die dieses Jahr auf eine 240-jährige Geschichte zurückblickt, macht sich periodisch Gedanken über den selbst gepflegten Journalismus. Am vergangenen Samstag äusserte sich jetzt der aktuelle NZZ-Chefredaktor Eric Gujer zur Frage «Kann man Medien vertrauen?». Der Journalist sei mit dem Banker zu vergleichen. Beide seien auf das Vertrauen der Menschen angewiesen. Journalisten müssten aber auch den Mut haben, Position zu ergreifen – aber auch die Bereitschaft, dafür von der Leserschaft kritisiert zu werden.

Sind wir zu harmlos?

Obwohl sich die Leserschaft gerne in ihrer Haltung und Meinung durch Medienleute bestätigen lässt, darf dies nicht dazu führen, dass man keine Debatten führt. Gerade der christliche Journalismus will ja Glauben wecken und fördern, gute Modelle und Innovationen vorstellen und sie fördern. Gelingendes beschreiben und verbreiten. Heisst das aber, auf kritische Fragen zu verzichten? Kritische Fragen können vielleicht auch Werks- und Gemeindeleiter auf Schwachpunkte aufmerksam machen und zum Weiterdenken animieren.

Machen wir vor allem PR, statt Fragen zu stellen?

Die NZZ lässt sich von einem innovativen Denker einen Spiegel vorhalten und kritische Fragen an ihre eigene Arbeit stellen. Der Ex-Spiegel-Redaktor und Buchautor Gabor Steingart kritisiert im Interview der gleichen Ausgabe den Haltungsjournalismus, der zum Beispiel eine grüne Politik einfordert, statt gute Hintergrundinformationen über die Klimathematik zu liefern. Er fordert mehr Neugier statt Haltung von den Medienschaffenden. Und die Bereitschaft, auf Lesende zu hören, die vielleicht mehr über das Thema wissen.

Und er setzt dem bekannten Spiegel-Motto «Sagen, was ist» den Slogan «Fördern, was kommt» gegenüber. Es ist auch das Privileg des christlichen Journalismus, nach Innovationen Ausschau zu halten, welche die Zukunft prägen könnten. Dabei aber nicht auf die nötigen Rückfragen zu verzichten.

Müssen wir mehr auf die Leserschaft hören?

Eric Gujer kommt in seinem Leitartikel zum Schluss, dass die Digitalisierung mit ihren neuen Möglichkeiten den Journalismus vor eine neue Herausforderung stellt, nämlich «die Fähigkeit zur Selbstkritik und das Bewusstsein, dass Leser nicht einfach Empfänger von Botschaften sind. Sie gestalten durch ihre Erwartungen und ihre Reaktionen das Medium mit.»

Nun bin ich neugierig, was in Zukunft an Vorschlägen aus den Reihen der Livenet-Leserschaft kommt.

Zum Thema:
Fromme Skepsis?: Christlicher Journalismus und die Werte des Felix E. Müller
Lügenpresse?: Auswege aus der ethischen Krise des Journalismus
Lee Strobel: Ex-Journalist prüft Wunderbericht

Datum: 14.01.2020
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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