Am meisten zu denken geben dürfte die Tatsache, dass jeder Achte im Kanton Zürich Ende 2000 keine Bindung an eine Religionsgemeinschaft angab. Der Verfasser der Studie schreibt, dass viele Konfessionslose „durchaus religiös sein können“, etwa indem sie esoterischen Vorstellungen anhangen. Während die Zahl der Reformierten von 638'000 auf 498'000 fiel (40 Prozent) und die Zahl der Katholiken leicht von 406'000 auf 380'000 (31 Prozent) abnahm, stieg die Zahl der Muslime von 4'000 auf 67'000 (5,3 Prozent). Fast sechsmal mehr Schweizerinnen und Schweizer bezeichneten sich bei der letzten Volkszählung als Muslime als noch 1990. 1970 hatten 18'000 Personen keine religiöse Zugehörigkeit angegeben; im Jahr 2000 waren es 165'000 – jede(r) achte Einwohner(in). In der Stadt Zürich ist sogar eine von sechs Personen ohne Bekenntnis, an der ‚Goldküste‘ im Bezirk Meilen eine von sieben. Eine Karte zeigt „eine deutlich Konzentration von Konfessionslosen im Süd-Westen des Kantons“. Die Studie führt dies auf die „stärkere Individualisierung“ in urbanen Zentren zurück. „Der gesellschaftliche Wandel erschüttert, problematisiert und relativiert auf Dauer angelegte und institutionell vorgegebene Bindungen.“ Die Studie weist auf, dass konfessionslose Personen überdurchschnittlich oft ledig oder geschieden sind: 47 Prozent dieses Segments (41 Prozent der Reformierten) sind ledig, über 10 Prozent (7 Prozent der Reformierten) sind geschieden. Während von den Konfessionslosen 41 Prozent verheiratet sind (bei den Landeskirchen und den Juden leicht mehr), stellen die Verheirateten bei den Freikirchen, den Orthodoxen und den Muslimen die Mehrheit. Noch immer deutlich reformiert geprägt ist allein der nördliche, ländliche Bezirk Andelfingen (62 Prozent). Am anderen Ende der Skala liegt die Stadt Zürich mit nur noch 30 Prozent Reformierten. Ausser Pfäffikon (50) und dem Limmattaler Industriebezirk Dietikon (34) haben alle weiteren Bezirke einen reformierten Bevölkerungsanteil zwischen 40 und 50 Prozent. Der Anteil der Reformierten an der Gesamtbevölkerung nahm in dreissig Jahren in allen Landbezirken und in Winterthur um 15 bis 19 Prozent ab, in der Stadt Zürich um 23 Prozent. Die Mitgliedschaft bei evangelischen Freikirchen haben 2,7 Prozent der Zürcher angegeben (manche Freikirchler sind auch Mitglied der reformierten Landeskirche). In den Oberländer Bezirken Hinwil (4,3) und Pfäffikon (3,8) und in Andelfingen (3,9) ist ihr Anteil am höchsten. Winterthur hat mit 3,4 Prozent fast einen doppelt so hohen Anteil von Freikirchlern wie Zürich (1,8). Insgesamt ergibt die Volkszählung 2000 doppelt so viele Muslime wie ‚bekennende‘ Freikirchler im Kanton. Die Studie zeigt auch die Altersstrukturen von sechs Konfessionsgruppen (die Freikirchler sind nicht aufgeführt). Im Durchschnitt deutlich jünger als die alteingesessenen Reformierten sind Katholiken und Konfessionslose. Den grössten Anteil an Kindern bis 14 Jahren weisen Muslime (etwa 15 Prozent) und Juden (etwa 13 Prozent) auf. Bei den Reformierten sind es gegen 7, bei den Katholiken und den Konfessionslosen gut 6 Prozent. Wird die konfessionelle Landschaft im bevölkerungsreichsten Schweizer Kanton künftig noch vielfältiger werden? Laut der Studie hängt dies einerseits von der Zuwanderung aus dem Ausland ab, andererseits „von der Konfession, welche die Kinder gemischt-religiöser Eltern erhalten“. Verwandte Themen:Jeder achte ohne Religionszugehörigkeit
Starke Zuwanderung und Konversionen zum Islam
Abwendung von den Kirchen
Zusammenhang zwischen religiöser Bindung und Zivilstand
30 Prozent Reformierte in der Zwinglistadt
Weniger Freikirchler als Muslime
Wer hat am meisten Kinder?
Gemischt-religiöse Familien
Volkszählung und die Freikirchen
Schweizer Religionslandschaft im Umbruch
Datum: 22.03.2003
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch