Vor Gericht:

«Schuldig!» – der Fall Uli Hoeness

Steuerhinterziehung in sieben Fällen mit einem Umfang von 28 Millionen Euro. Uli Hoeness ist schuldig und muss ins Gefängnis. Er akzeptiert die Strafe und spricht vom grössten Fehler seines Lebens. Ein Kommentar von Hauke Burgarth.
Uli Höness vor Gericht wegen Steuerhinterziehung

Jetzt ist klar: Uli Hoeness muss ins Gefängnis. Er akzeptiert seine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren wegen Steuerhinterziehung und verzichtet auf eine Berufung. Zudem tritt Hoeness mit sofortiger Wirkung von seinen Ämtern als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München zurück.

Für mich persönlich bleibt die Frage: Wie gehe ich damit um? Wie gehe ich als Christ damit um?

Mehr Härte?

«Kopf ab!» Das habe ich im Internet nicht gelesen, aber viele Kommentare waren nicht weit davon entfernt. Uli Hoeness ist zweifellos ein Mensch, der polarisiert. Wer gestern noch als «moralische Instanz» gehandelt wurde, kann heute nicht einfach ins Niemandsland abtauchen. Doch auch wenn sich mancher fragt, wie echt seine Reue ist, was die Motive sind, die ihn antreiben, eines macht das Münchner Urteil sehr deutlich: Hoeness kommt nicht einfach davon. Er muss zahlen und sich verantworten. Es ist keine Rede vom Kavaliersdelikt. Der Bayern-Manager wird als normaler Krimineller behandelt und bestraft. Eine besondere Härte («Er war so ein Vorbild.» «Er hat mich ja dermassen enttäuscht.») hat hier keinen Platz. Hoeness hat kriminell gehandelt und wird entsprechend behandelt – das schliesst aber eine tragbare Strafe und die Rückkehr in die Gesellschaft mit ein.

Mehr Gnade?

«Er hat doch so viel Gutes getan.» Ja, aber wer 25 Millionen Euro reguläre Steuern zahlt, wäscht sich damit nicht rein von einer 28-Millionen-Euro-Steuerschuld. Wer viel spendet, der erwirtschaftet sich damit keinen Freibrief für Veruntreuung von Geldern auf der anderen Seite. Hoeness hat mehrfach versichert, «reinen Tisch» zu machen. Der Wirtschaftsethiker Gerhard Wegner vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche Deutschlands findet neben Hoeness’ Bestrafung auch den Rückzug aus dessen öffentlichen Ämtern als «gut für die öffentliche moralische Hygiene». Er mache damit deutlich, dass er Verantwortung für seine Verfehlungen übernehme. Gnade muss nicht unbedingt die Form der Strafbefreiung annehmen. Sie zeigt sich auch daran, dass ein Neuanfang möglich ist, dass man schuldhaftes Verhalten lassen kann und nicht darin gefangen ist.

Mehr Ehrlichkeit – für unsere Gesellschaft

Der Prozess zeigt den Menschen Uli Hoeness als einen gierigen, berechnenden Mann, der schliesslich die Kontrolle verloren hat – über seine Finanzen, sein Verhalten und sein sorgfältig inszeniertes Image. Aber er hält auch unserer Gesellschaft einen Spiegel vor, die scheinbar ihre Helden braucht, also Menschen, die stellvertretend für uns alles schaffen sollen – was es nicht geben kann. Wenn dieselben Menschen sich dann plötzlich als Versager und als Sünder herausstellen, dann wird schnell umgedacht: Auf meiner Ebene darf so jemand nicht sein – entweder ich schaue zu ihm hoch oder auf ihn herunter. «Wir sind alle Sünder», hält die Bibel fest. Und ohne es als platte Entschuldigung gelten zu lassen, hilft mir das gegen die eben beschriebenen Extreme.

«I have a dream …»

Was könnte, was sollte jetzt geschehen? Ich würde mir wünschen, dass Steuergerechtigkeit auch nach Hoeness ein gesellschaftliches Anliegen bleibt. Ich wünschte, dass wir als Einzelne und als Medien einen Umgang mit Uli Hoeness & Co finden, der ihre Schuld zwar beim Namen nennt, sie aber nicht demontiert, ihnen einen Rückweg offen lässt. Und ich wünsche mir für mich selber, dass ich mir nie ein System der Doppelmoral aufbaue – mindestens diesen Wunsch kann ich mir selber erfüllen!

Datum: 14.03.2014
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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