«Ich kam an keinem Spiegel
vorbei, ohne zu sehen, ob die Frisur sitzt», erinnert sich Claudio Minder an
sein Jahr als Mister Schweiz 2000 zurück. Der ihm auch heute noch freundlich
gesonnene Spiegel zeigt inzwischen einen Schuh-Unternehmer, der in 23 Ländern
tätig ist – und der Lkw-Ladungen für humanitäre Zwecke stiftet.
Claudio Minder in der Produktion in Korea
«Mein Jahr als Mister Schweiz Jahr war spannend», erinnert sich Claudio
Minder im Gespräch mit Livenet. «Es zeigte mir persönlich aber auch vieles
auf.» Nicht alles sei positiv gewesen. «Man wird abhängig von etwas, das einen vereinnahmt. Wenn die Leute klatschen,
fühlt man sich gut. Wenn der Zuspruch und die Bestätigung nicht mehr da sind,
sieht das anders aus.»
Er habe gemerkt,
dass er auf Distanz gehen muss. «Sonst werden die eigenen Hochs und Tiefs von solchen
Faktoren abhängig: Kommt man in der Zeitung, ist man zufrieden; erscheint Monate
lang nichts, fällt man ins Tief.»
In 23 Ländern aktiv
Claudio Minder mit einem Joya-Schuh
In dieser
Umbruchphase lernte er Karl Müller Jr. kennen, den Sohn von
«MBT»-Schuhunternehmer Karl Müller. «Wir entwickelten gemeinsam das
Schuh-Projekt 'Joya', das teilweise zu
einem riesigen Segen geworden ist.»
So produzieren sie heute rückenfreundliche Schuhe. «Durch Karl Müller Jr.'s
Familien-Vorgeschichte ist bereits ein Bezug zu gesunden Schuhen da. Wir
wollten von Beginn weg welche herstellen, die bestmöglich aussehen – von jungen
Menschen entwickelt. Daraus hat sich ein Unternehmen mit 60
Mitarbeitern in der Schweiz, Deutschland, den USA und Südkorea entwickelt, das
inzwischen in 23 Ländern aktiv ist. Der grösste Absatzmarkt ist Deutschland.»
«Auf ihn vertrauen»
Ein paar Jahre lang entwickelte sich mit «Joya» eine Mitbewerber-Marke
zur Marke «Kybun», das MBT-Nachfolgeprodukt, welches von Karl Müller Senior
nach dem Verkauf der Marke MBT lanciert wurde. «Mittlerweile gibt es eine sehr
positive Entwicklung und wir nähern uns gegenseitig an und nutzen Synergien –
zum Beispiel gemeinsame Messeauftritte oder gemeinsame Gesundheitszentren»,
sagt Claudio Minder, der inzwischen dreifacher Familienvater ist.
Immer wieder gab
es dabei Hochs und Tiefs. «Das war nicht immer so rosig und lustig. Es gab
Zeiten, da hatten wir Schwierigkeiten, die Löhne zu zahlen und ich fragte mich, was Gott uns damit sagen will. Ich musste
lernen, ganz auf ihn zu vertrauen. Eine Firma zu führen, die in so vielen
Ländern tätig ist, habe ich nicht gelernt und mir anfänglich auch nicht
vorstellen können.»
Joya-Park und humanitäre
Projekte
Gegenwärtig heisst das Stadion des Super-League-Clubs FC St. Gallen
«Kybun-Park». Wird sie bald «Joya-Park» genannt? Claudio Minder lacht: «Schön
wäre es, aber wir wären nicht in der Lage, das zu stemmen. Da gibt es andere
Marken», und fügt mit einem Augenzwinkern an: «Aber wir sind stolzer Partner
des FC Amriswil.»
Die Joya-Schuhe werden über «Licht im Osten» in Moldawien verteilt.
Das Unternehmen ist darüber hinaus humanitär tätig. «Immer wieder spenden
wir eine Lkw-Ladung Schuhe an das Werk 'Licht im Osten', das die Fracht nach
Moldawien, in die Ukraine und nach Rumänien bringt. Die Schuhe werden da sehr
geschätzt. Es kommt vor, dass dort die Menschen auch in der Kälte mit Sandalen
in den Gottesdienst kommen.»
Zudem werden lokale Hilfsprojekte unterstützt wie zum Beispiel in
St.Gallen der Verein «Endlesslive», der Randständigen und drogenabhängigen
Menschen hilft. «Wir sind nicht einzig auf Gewinnmaximierung aus. Wir
treten, was übrig ist, nicht an Restposten-Aufkäufer ab. Wir schreiben die
Materialien ab, verzichten auf den reduzierten Verkauf und beteiligen uns dadurch
an einem übergeordneten Auftrag.»
«Er ist mein Versorger»
Die letzten
Monate seien herausfordernd gewesen, «menschlich gesehen wäre die Situation
nicht zu bewältigen gewesen. Die äusseren Umstände sahen nicht gut aus.» Doch Gott sei ihm beigestanden. «Ich weiss, dass
er mein Versorger ist. Meine Schwäche und Überforderung nutzt er und im
Nachhinein merkte ich, dass es jetzt besser ist als zuvor geplant. Es passiert
nicht durch meine Fähigkeit, sondern durch Gottes Hände. Ohne ihn wären wir bei
Joya nie an dem Punkt angelangt, an dem wir jetzt stehen. Es ist beruhigend;
ich weiss, dass er einen Plan hat, sonst wäre es ein paarmal nicht aufgegangen.»
Claudio Minder erinnert sich: «Früher kam ich an keinem Spiegel vorbei, ohne
hineinzusehen, ob die Frisur sitzt. Aus dem Beautybereich kommend, habe ich
einen kompletten Wandel vollzogen. Unsere Schuhe sind nicht die schönsten, aber
sie bringen einen echten Mehrwert. Meistens verwöhnen gerade die schönen Schuhe
die Füsse nicht – daraus entsteht das Sinnbild, wonach 'der Schuh drückt'. Ich
fühlte mich zum Beispiel nicht besonders schön, obschon ich einen offiziellen Titel
hatte, der mir genau das bestätigte. Wir haben nicht die schönsten Schuhe, aber
matchentscheidend sind die innere Werte.»