Die
Wirtschaft brummt, die Börsenkurse steigen. Trotzdem profitieren nicht alle
Gruppen von Menschen von diesem Aufschwung. Swissmem-Präsident Hans Hess, einer der Referenten am Forum Christlicher Führungskräfte, erklärt im Interview, was in diesem Spannungsfeld zu tun ist.
Swissmem-Präsident Hans Hess
Hans Hess ist eine der wichtigsten Führungspersönlichkeiten
in der Schweizer Wirtschaft. Als Präsident des Verbands Swissmem vertritt er
die Interessen der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie. Hess weiss, dass
zum Leben nicht nur Erfolge, sondern auch Niederlagen gehören. Darüber spricht
er am Forum christlicher Führungskräfte, das unter dem Motto «gewinnen –
verlieren» am 9. und 10. März 2018 in Fribourg stattfindet.
Als Führungspersönlichkeit der Wirtschaft bewegen Sie sich immer in einem
erheblichen Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen. Welche Gruppen sollen
vom Gewinn eines Unternehmens am meisten profitieren? Hans Hess: Von einem Unternehmer erwarten die unterschiedlichen
Anspruchsgruppen wie Kunden, Mitarbeitende, Aktionäre, Partner oder die lokale
Gemeinde teilweise entgegengesetztes Verhalten. Mir war es deshalb immer ein
wichtiges Anliegen, diese unterschiedlichen Interessen in einer gewissen
Balance zu halten. Am wichtigsten sind meines Erachtens aber klar die Kunden,
denn nur sie geben dem Unternehmen das Geld, mit dem es Löhne, Rechnungen,
Dividenden oder Gemeindesteuern zahlen kann.
Die
Interessen von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik sind oftmals nicht
deckungsgleich. Wie findet man hier das richtige Gleichgewicht?
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik müssen erkennen,
dass sie aufeinander angewiesen sind und sich deshalb zusammenraufen müssen, um
die Herausforderungen der Zukunft anzugehen und erfolgreich zu bewältigen. Das
wichtigste Mittel dazu scheint der Dialog, der sowohl aus «Senden», wie auch
aus «Empfangen» und aus «Reflektieren» bestehen muss. Es braucht aber auch eine
gute Portion Uneigennützigkeit: Wer nur seine eigene politische Karriere, nur
seinen eigenen Lohn oder nur den Gewinn seines Unternehmens im Kopf hat, wird
dem Wohlergehen des Ganzen nicht gerecht. Wir müssen wieder lernen, an die
gemeinsamen, gesellschaftlichen Ziele zu denken: Arbeit, Wohlstand, Freiheit,
Gesundheit.
Wie
kann man verhindern, dass nicht ein Teil der Anspruchsgruppen zu Gewinnern wird
und der andere Teil zu Verlierern?
Für fast alle Menschen gibt es immer wieder
schwierigere und bessere Zeiten, in denen sie sich als Verlierer oder Gewinner
fühlen. Das gehört zum Leben. Wir dürfen aber nicht ganze Gruppen von Menschen
über längere Zeit zu Verlierern werden lassen. Denn gerade in einer demokratischen
Gesellschaft haben Verlierer als Stimmbürgen auch etwas zu sagen. Nicht zum
Verlierer zu werden, ist aber auch eine Aufgabe jedes Einzelnen. Man kann sich
bemühen, gesund zu leben. Man kann sich bemühen, sich laufend weiterzubilden,
um arbeitsmarktfähig zu bleiben. Man kann eben nicht über seine Verhältnisse
leben. Vieles haben wir selber in der Hand. Und für diejenigen, denen das nicht
gelingt, gibt es soziale Auffangnetze, allen voran die Familie, aber auch die
Kirche, der Verein, die Gemeinde.
Der
Glaube kann ein wichtiger Kompass sein für sinnvolle und nachhaltige
Entscheidungen in der Führung sein. Wie zeigt sich das konkret?
Fast alle Menschen haben einen inneren Kompass und ein
inneres Wertesystem. Für viele basiert dieses Wertesystem auf einem Glauben
oder auf anderen gesellschaftlichen Normen darüber, was sinnvoll und nachhaltig
ist und was nicht. Ein wichtiges ethisches Prinzip lautet: «Was du nicht
willst, dass man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.» Alle Menschen und
insbesondere alle Führungskräfte fällen jeden Tag hunderte wichtige und weniger
wichtige Entscheidungen. Der Glaube gibt nicht auf alle diese Fragen direkte
Antworten. Aber er erlaubt ein Wertsystem, innerhalb dessen man sinnvolle und
nachhaltige Entscheide fällen kann.
Zur
Person Hans Hess
Bekannt ist der
diplomierte Werkstoff-Ingenieur insbesondere als Präsident von Swissmem sowie
als Vizepräsident von Economiesuisse. Hans Hess war zehn Jahre lang CEO von
Leica Geosystems und gründete 2006 das Beratungsunternehmen Hanesco AG. Heute
ist er Verwaltungsratspräsident der kotierten Comet sowie der Familiengesellschaft
Reichle & De-Massari. Zudem ist er Mitglied in den Verwaltungsräten von
Burckhardt Compression und Dormakaba.
Forum christlicher Führungskräfte
Das Forum 2018 wird vom nationalen, überkonfessionellen,
branchen- und parteiübergreifenden Verein Forum christlicher
Führungskräfte organisiert. Ziel ist, Verantwortungsträgern und Führungskräften
aus unterschiedlichsten Bereichen Inspiration, Hoffnung und praxisnahe
Lösungsansätze zu vermitteln.
Es findet statt:
Freitag, 9. März 2018, 9.30 bis 22 Uhr
Samstag, 10. März 2018, 8.30 bis 15 Uhr
Forum Fribourg – Expo Centre. Weitere Informationen