„Verkündigt den Glauben in den Hochburgen des Atheismus“

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Hannover. Auch als Minderheit haben Christen einen Auftrag zur Mitgestaltung der Gesellschaft. Das erklärte der Vorsitzende des Kongresses Christlicher Führungskräfte, Pastor Horst Marquardt zum Abschluss der dreitägigen Veranstaltung in Hannover.

Er erinnerte an Missionare wie den Apostel Paulus, die auch ohne äussere Machtmittel die europäische Kultur und Rechtsordnung entscheidend geprägt hätten. Die ersten Christen hätten ihren Glauben in den damaligen Zentren der Gottlosigkeit verkündigt, in denen sie grossem Misstrauen, Unverständnis und Spott ausgesetzt gewesen seien. Zu den heutigen Hochburgen des Atheismus zählten die Grossstädte. Moderne Tempel seien Bankhochhäuser, Sportarenen und Autosalons. Auf ihren Altären würden statt Tieren und Feldfrüchten Geld, Zeit und Kraft geopfert.

Mehr Menschen orientierten sich an Horoskopen, als sonntags in die Kirche gingen. Menschen, deren Lebenssinn aus Essen und Trinken bestehe, seien kaum in der Lage, sich für das Wohlergehen von Mitarbeitern, Kollegen oder Patienten einzusetzen. Nötig sei eine zukunftsorientierte Ausrichtung des Lebens, wie sie der christliche Glaube ermögliche. Dies sollten vor allem Führungskräfte bedenken, von deren innerer Einstellung das Wohlergehen der Bevölkerung abhänge.

Führungskräfte brauchen Mentoren

Die meisten Leitungspersonen seien starkem Druck ausgesetzt, erläuterten die Persönlichkeitsstrainer Jörg und Regine Maubach (Krefeld) auf dem Kongress christlicher Führungskräfte in Hannover. Es sei daher wichtig, jemanden zu haben, dem man vertraue und den um Rat fragen könne. Umgekehrt sollten Führungskräfte andere Menschen auf ihrem Berufsweg begleiten. So böte es sich beispielsweise an, sich im eigenen Unternehmen zwei oder drei jüngere Mitarbeiter zu suchen, die man betreue. So könnten junge Menschen von den Kenntnissen und Erfahrungen älterer Christen in Leitungspositionen profitieren. Das Vorbild stehe in der Bibel. Jesus habe sich zwölf Jünger erwählt und aus ihnen noch einmal drei, zu denen er ein besonders enges Verhältnis hatte.

“Niederlagen müssen ihren Platz im Leben haben”

Wirtschaftlicher Erfolg darf nicht zum entscheidenden Lebensmassstab werden, sagte der geschäftsführende Gesellschafter der Trumpf GmbH & Co KG, Berthold Leibinger (Ditzingen). Materiell bescheidende Verhältnisse seien kein Beweis für einen fehlenden Gnadenstand und Misserfolg kein Ausdruck göttlichen Zorns. Wer wie einige calvinistische Geistliche behaupte, dass Geschäftserfolg ein Beweis für Erwählung sei, stelle das Evangelium auf den Kopf. Zwar müssten Unternehmen erfolgreich sein, doch lasse sich der Wert des Einzelnen nie am persönlichen Erfolg messen. Ein Christ wisse sich auch im Unglück von Gott angenommen.

Konflikte unter Christen oft heftiger als in weltlichen Organisationen

Dies berichtete der Gemeindeberater Johannes Stockmayer (Metzingen bei Reutlingen) beim Kongress christlicher Führungskräfte in Hannover. In einem Seminar bedauerte er die Unfähigkeit von Christen, zwischen Person und Sache zu unterscheiden. Das Äussern gegensätzlicher Ansichten werde meist als Infragestellung von Glaubenserfahrungen verstanden und dann als Angriff auf die persönliche Frömmigkeit zurückgewiesen. Das erschwere ein vernünftiges Gespräch und die Erarbeitung von Kompromissen. Als wichtigsten Grund nannte Stockmayer ein in christlichen Kreisen besonders ausgeprägtes Harmoniebedürfnis, das keine Streitkultur entstehen lasse. Man erhoffe ein Stück heile Welt, die Gemeindemitgliedern Heimat, Schutz und Bruderschaft bieten soll. Solchen Erwartungen seien andere Organisationen nicht ausgesetzt. Laut Stockmayer gehört es zu den wichtigsten Aufgaben von Führungskräften, schwelende Konflikte zu erkennen und Lösungen zuzuführen.

KOMMENTAR

Die fünf Botschaften

Günter Saalfrank

Der Kongress für christliche Führungskräfte in Hannover kam genau zur richtigen Zeit. Denn die Wirtschaft steckt in der Krise. Und mit ihr viele Verantwortliche. Sie wissen, so wie es war, kann es nicht weitergehen. Umdenken und Neuorientierung sind gefragt. Kein Wunder, dass deshalb die dreitägige Tagung mit dem mehrdeutigen Thema “Mit Werten in Führung gehen” einen wahren Boom erlebte: 2.200 Teilnehmer – 60 Prozent mehr als beim letzten Führungskräftekongress.

Was die Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung und Kirche geboten bekamen, war eine gute Mischung aus Referaten, Seminaren, Podiumsdiskussion, Musik, Bewegungsübungen, Andachten und Gebet. Die Vorträge zeigten ein breites Spektrum: Von persönlichen Glaubenszeugnissen (“In den schlimmsten Tagen bete ich am meisten”.) über scharfsinnige Analysen der gegenwärtigen Situation (“Die Verdrossenheit der Deutschen hängt wesentlich mit dem Vakuum von Grundsätzen bei wirtschaftlichen Führenden zusammen.”) bis zu platt wirkenden Betrachtungen (“Alles, was nicht der Ausbreitung des Evangeliums dient, stammt vom Satan.”). Was bei den Referaten auch auffiel: Eher unbekannte Referenten stehen zwar im Schatten prominenter Redner, die als Zugpferde für eine Grossveranstaltung wichtig sind. Doch die weniger Prominenten haben auch eine Menge zu sagen: Vor allem dann, wenn sie nicht nur sachlich referieren, sondern auch persönlich von ihrem Glauben reden.

Zwischen Spitzenleistung und Demut

Bei den Seminaren waren vor allem die Angebote gefragt, bei denen es um die Arbeit an der eigenen Person, um Lebensstil und Persönlichkeitsbildung sowie um Umgang und Kommunikation mit den Mitarbeitern geht. Offensichtlich drückt den Führungskräften hier am meisten der Schuh. Was sie mitnehmen konnten, waren hilfreiche Tipps und praktische Anregungen. Wie ein roter Faden durchzog den Kongress in Hannover die Frage, wie sich Beruf und christlicher Glaube verbinden lassen. Denn innerhalb der Woche geht es um Leistung und darum, die Nase vorne zu haben. Am Sonntag heisst es dann, demütig zu sein und sich zurücknehmen. Diese Spannung zwischen rational zu handeln und geistlich zu denken, wollte die dreitägige Tagung auflösen helfen.

Von Hannover gehen fünf Botschaften aus:
1. In Zeiten der Krise besinnen sich Menschen wieder auf das, was trägt. Werte wie Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit sind wieder gefragt. Dagegen stehen materielle Werte, die nur vermeintlich Sicherheit geben, nicht mehr so hoch im Kurs. Christliche Führungskräfte können für andere “Licht und Salz der Welt” sein, wenn sie glaubwürdig vorleben, was sie trägt und ihnen Hoffnung gibt. Wer aber Werte nur praktiziert, um erfolgreich zu sein, wird Schiffbruch erleiden.

2. Orientierung geben kann nur, wer selbst Orientierung hat. Kennzeichen für Führungskräfte sind nicht – wie es ein Referent formulierte – klingelnde Handys, sondern der tägliche Anruf Gottes. Orientierung meint, sich in Freiheit an Gott zu binden und das erste Gebot (“Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben mir.”) wieder in den Mittelpunkt zu stellen.

3. Es ist keinesfalls verwerflich, Profit anzustreben. Vielmehr ist dies unerlässlich, will eine Firma Zukunft haben. Statt nur nach Rendite sollten Führungskräfte aber auch nach ewigen Werten streben wie dem Urvertrauen in den himmlischen Vater. Entscheidend darf für Unternehmer nicht sein, wie viel Gewinn sie machen, sondern was sie mit ihrer Firma im Leben anderer Menschen bewirken. Wer zum Beispiel seinen Mitarbeitern Wertschätzung entgegenbringt, sät Segen.

4. Der christliche Glaube ist kein Garant für beruflichen Erfolg. Vielmehr erlebten Christen auch Niederlagen und Rückschläge. Davon war beim Kongress immer wieder die Rede. Das verhinderte, dass der Glaube zu einem Erfolgsrezept für Fromme hochstilisiert wurde. Wohl aber gibt der Glaube an Gott Kraft, Mut und Rückenstärkung – nicht nur in schwierigen Zeiten. Deshalb die Botschaft: “Auch mit Gott gerät man in Krisen, aber in Krisen findet man Halt”.

5. Über Werte und Orientierung in der Gesellschaft nachzudenken, kann nicht allein Sache einzelner christlicher Organisationen oder Kirchen sein. Gut, wenn es wie in Hannover zu einer konzentrierten Aktion kommt. Die Zusammenarbeit eines freien Trägers (Evangelische Nachrichtenagentur idea) und eines Wirtschaftsunternehmens (Firma Tempus-Zeitplansysteme) mit der evangelischen Kirche (hannoversche Landeskirche) ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vor Jahren wäre eine solche Zusammenarbeit wohl kaum denkbar gewesen.

Auch wenn es abgedroschen klingen mag: Hätte es den Kongress für christliche Führungskräfte nicht gegeben, man hätte ihn erfinden müssen. Denn er lässt Verantwortliche in Wirtschaft, Verwaltung und Kirche mit ihren Fragen und ihrer Suche nach Neuorientierung nicht allein. Sondern er hilft ihnen, Antworten zu finden, sowie Beruf und Glauben besser zusammenzubringen. Bleibt deshalb zu hoffen, dass es nicht der letzte Kongress dieser Art war.

Datum: 23.01.2003
Quelle: idea Deutschland

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