Herausforderungen
und belastende Situationen kennen die meisten Familien. Zu einem gesunden
Familienleben gibt Beraterin Susanna Aerne wertvolle Impulse.
In ihrer Praxis berät Susanna Aerne viele Paare
und Familien und kann so aus einem grossen Erfahrungsschatz berichten. Im
Livenet-Talk spricht sie mit Chefredaktor Florian Wüthrich.
Eine Familie funktioniert wie ein Zahnradwerk
Susanna illustriert das Familiensystem mit einem
Zahnradwerk. «Die einzelnen Zahnräder sind miteinander verbunden, kurbeln sich
gegenseitig an und entlasten sich. Sie hemmen und blockieren einander aber
auch. Es ist wichtig zu verstehen, dass das einzelne Zahnrad Einfluss aufs
ganze System hat.»
Die Situation eines Menschen könne nie unabhängig
seines Systems (Umfeld) betrachtet werden. «Wenn ein Familienmitglied wegfällt,
fällt ein Zahnrad weg und blockiert das ganze System.» Wenn jemand erkrankt
oder erschöpft ist, gibt das Spannungen im System. Auch
Verhaltensauffälligkeiten von Kindern lösen in der Familie Spannungen aus. Wenn
das Familiensystem, beispielsweise durch einen Todesfall, gestört ist, braucht
es ein externes System, um Stabilität zu geben. Dies können Verwandte, eine
andere Familie oder eine Kirche sein.
Herausforderungen heute
«Ich unterscheide zwischen zwei Arten von
Herausforderungen», erläutert Susanna. «Es gibt einerseits die
Herausforderungen, die von aussen ans Familiensystem herangetragen werden. Und
dann gibt es die Aufgaben und Anforderungen innerhalb der Familie.»
Herausforderungen von aussen können durch die Politik, die Gesellschaft, die
Berufswelt, die Schule oder die Kirche hervorgerufen werden. «Auch die
Medienwelt stellt heute grosse Anforderungen – besonders an junge Menschen.»
Die Medien suggerieren: «Du musst schöner sein! Du musst besser sein! Du musst
dich selbst inszenieren und aussergewöhnlich sein!» Diese Anforderungen können
bei Jugendlichen Zweifel auslösen, wer sie sind und wie sie sein müssen. «Über
diese Anforderungen müssen wir reden.» Susanna plädiert dafür, über Prioritäten
und Werte zu reden. «Wir haben zu viele junge Menschen, die erschöpft sind.»
Die Anforderungen sind einfach zu gross. Da gilt es, Klarheit zu schaffen und
Prioritäten zu setzen.
Als Familie eine Vision haben
Ein wichtiger Punkt ist, wie wir unsere Zeit
einteilen. «Auch als Paar bewusste Zeiten zu haben, ist sehr wichtig. Dadurch fühlen
sich letztlich die Kinder sicherer.» Susanna bezeichnet das Zeitenteilen und das
Setzen von Prioritäten als das A und O einer Familie mit Vision. Weiter gilt es,
Werte wie beispielsweise Annahme und Wertschätzung zu klären und eine
Familienkultur aufzubauen, in welcher sich Kinder entfalten können. «Es ist das
grösste Geschenk, wenn Eltern ihren Kindern den Glauben weitergeben.
Wertevermittlung bedeutet zu zeigen, wie der Glaube gelebt wird.»
«Es ist wichtig, als Familie eine Vision zu
haben», ist Susanna überzeugt. «Wenn wir als Familie wissen, was unser Ziel
ist, dann können wir dieses fokussieren und erreichen. Dann werden wir nicht
von jedem Wind hin und hergeworfen, sondern kennen unsere Prioritäten.»
Über gesunde Intuition und die Bedeutung der
Kirche
«Gott hat uns viel Intuition geschenkt.» Damit
will Susanna möglichen aufkommenden Stress nehmen. «Intuitiv machen wir vieles
richtig.» Wenn dann gewisse Werte und Prioritäten klar ausgedrückt werden
können, dann sei schon sehr viel gemacht. «Und wir dürfen auch Fehler machen,
daraus lernen und es dann besser machen.» Grundsätzlich plädiert sie einfach
für ein «bewusstes Familienleben».
Etwas
vom Wichtigsten überhaupt sei die emotionale Wärme in der Familie. «Zu wissen,
dass man angenommen und geliebt ist, ist das A und O innerhalb eines Systems.» Es
sei auch schön, wenn anderen Menschen am eigenen Familiensystem Anteil gegeben
werden kann. «Kirchen können Orte schaffen, wo Menschen Liebe, Annahme und
Zugehörigkeit finden. Denn Einsamkeit macht den Menschen kaputt und krank.»
Kirchen hätten da viel Potential und können auch vernetzen mit Fachpersonen.