Wenn sich Menschen Lebensglück vorstellen, dann denken
sie häufig zuerst an eine Liebesbeziehung. Doch Partnerschaft und Ehe sind keine
Selbstläufer, sie brauchen «Pflege».
«Die Beziehung zwischen Mann und Frau ist heute der Ort, wo sich das Leben
der meisten Menschen entscheidet.» Diese 50 Jahre alte Feststellung des Arztes Theodor Bovet hat
nach Meinung des christlichen Psychologen Werner May nichts an seiner
Gültigkeit verloren.
In seinem
Buch «Verliebte Liebe. Sieben Fäden für ein
Liebesnetz, das hält» gibt May (Würzburg) Hinweise,
wie eine Beziehung erhalten und gefestigt werden kann. Es ist kein typischer Ratgeber, sondern vermittelt grundlegende
Einsichten und enthält Gedichte, die das jeweilige Thema auf eigene Weise
ansprechen. Dabei will May sein Buch nicht als Ratgeber für Beziehungskrisen
verstanden wissen. In einer vierteiligen Serie stellt jesus.ch die Inhalte
vor. Hier der vierte und letzte Teil.
Beziehung und Liebe brauchen Zeit
Einer der wichtigsten
Ratschläge von Werner May für eine Beziehung: regelmässig gemeinsam Zeit
verbringen. «Ohne gemeinsame
Zeit geht nichts, auch die Liebe nicht. Wenn wir nicht aufpassen, läuft die Liebe aus, weil sie keinen
Nachschub bekommt...»
May weist darauf hin,
dass eine Liebesbeziehung davon
lebt, dass beide sich investieren. «Denn wer
das Feuer der Liebe nicht nährt, läuft Gefahr, dass es erlöscht.» Wichtig sei, aufeinander zu schauen, zu geben
und einander zu schenken. Dabei dürften Christen darauf vertrauen, dass Gott
eine Beziehung stark macht.
Unterschiede können
bedrohen oder ergänzen
In jeder Beziehung sei es eine Herausforderung, mit der Unterschiedlichkeit
umzugehen. Es sei daher hilfreich zu erkennen, dass es gut ist, dass der andere
nicht ich ist, «auch wenn wir das
oft mehr als bedrohlich erleben, vor allem dann, wenn der andere mich so haben
möchte, wie er ist oder ich den anderen so, wie ich bin.»
Im Blick auf Unterschiede gelte es zu fragen: «Bedrohen sie mich, weil sie mich infrage stellen, oder werden sie mir
wertvoll, weil sie mich ergänzen, herausfordern, dazuzulernen und meinen
Horizont zu erweitern?» Denn in der
Unterschiedlichkeit lägen Chancen und Potenzial.
Selbst den ersten Schritt gehen
Werner May fordert dazu heraus, in der Beziehung selbst immer den
ersten Schritt zu gehen und nicht auf den anderen zu warten; das erspare
viel Streit und Kampf.
May
fragt: «Könnten
wir das zu einem Ziel machen? Ich will immer den ersten Schritt gehen! Immer
den ersten Schritt gehen zur Versöhnung: Nachzufragen, wie etwas gemeint sein
könnte, Fehler zuzugeben, in meinen Ansprüchen dem anderen einen Schritt
entgegenzukommen, einen Konflikt anzusprechen, ehrlich zu sein,… – Ich strecke
zuerst die Hand aus. – Ich lasse meine Brücke zuerst hinunter. – Ich sage
zuerst, was ich verkehrt gemacht habe. – Ich packe zuerst zu.» Das befreie den anderen
aber nicht davon, den Schritt dann auch zu machen.
Vorteile lebenslanger Beziehungen
Wenn eine Beziehung
unter dem Vorzeichen einer lebenslangen Partnerschaft steht, habe dies positive
Folgen, die über die reine Dauer hinausgehen. Treue setzt den Partner frei, wie May betont. Denn: «Ich darf schwach
sein, ohne Angst, den anderen zu verlieren. Ich kann Nein sagen, und der andere
rennt nicht weg! Ich kann Vertrauen entwickeln und meine Bedürfnisse zeigen,
was manchmal Jahre dauern kann. Ich darf Mensch sein in einer Beziehung mit
Höhen und Tiefen, über das Alter hinweg. Ich kann mit ihm rechnen, auch bei
Rückschlägen, auch wenn alles länger dauert.»
Zeit für Träume – Träume mit Zeit
Das lebenslange
Miteinander mache es zudem möglich, nicht nur in jungen Jahren zu träumen oder
Dinge zu träumen, die schon in wenigen Jahren erreicht sind. «So können wir
träumen, träumen von Dingen, die Zeit brauchen, Jahre, Jahrzehnte, weil ich
glaube, dass wir das durchhalten, weil der andere noch da ist. So können wir träumen und diese Träume
umsetzen, Häuser bauen, Bäume pflanzen, Kinder zeugen, Eltern pflegen,
miteinander weiser werden, diese unvollkommene Welt zum Blühen bringen.»
Zum Buchautor
Werner May ist seit über 40 Jahren mit Agnes verheiratet, sie haben sechs
erwachsene Kinder. May war von 1986 an über 25 Jahre erster Vorsitzender der
Ignis-Akademie für Christliche Psychologie in Kitzingen (bei Würzburg).