Maja
und Martin Roth-Sauter sind ein frischgebackenes Ehepaar mit langjähriger
Erfahrung als Single. Ihr Reflektieren des Single-Status kann für manche ein
Augenöffner sein.
Martin und Maja Roth-Sauter (Bild: zVg)
Jahrzehntelang hatten Maja (57) und Martin (58)
als Single gelebt. 2020 haben sie geheiratet und damit zu einem neuen Blick
aufs Singlesein gefunden. Beim Reflektieren der vergangenen Jahre kommen
unterschiedliche Themen zur Sprache.
Wieso feiert eigentlich niemand die Singles?
Wie es viele Hochzeitspaare in diesem Jahr erlebt
haben, erschwerte die Corona-Krise auch für Maja und Martin das grosse Feiern.
«Das Standesamt gab uns einen früheren Termin», erzählt Martin. «Die Feier im
kleinen Rahmen mit fünf Personen war ganz nach meinem Geschmack.» Trotzdem
freute er sich über die Vielen, die ihnen während der anschliessenden
Kutschenfahrt Spalier standen.
Beim Hochzeitsfest, welches um ein paar Monate
verschoben werden musste, wurden die beiden mit Glückwünschen und Geschenken
überhäuft. So sehr sich Maja darüber gefreut hat, dachte sie: «Eigentlich hätte
man diese überwältigende Wertschätzung als Single viel mehr gebraucht. Zu
diesem Zeitpunkt war ich mit Martin ja ohnehin schon überreich beschenkt.»
Martin war dann überrascht, welche Aufmerksamkeit ihnen nach der Hochzeit
zuteilwurde. «Nie zuvor erhielt ich so viele positive Rückmeldungen. Durch die
Hochzeit schien ich für viele Menschen interessanter geworden zu sein.»
Eigentlich könnten auch Singles dieselbe Aufmerksamkeit erfahren. Schliesslich
ist auch ihr Leben wertvoll und interessant.
Singlesein ist nicht minderwertig
Während die Singlejahre für Martin oft mit einem
Leiden verbunden waren, war Maja mit ihrem Stand glücklich. «Als Single habe
ich immer gesagt, dass die Vorteile von Singles oder Verheirateten etwa gleich
gross sind.» Heute ist sie verheiratet und bestätigt diese Annahme. Als Single
hatte sie die Möglichkeit, Gott und den Menschen zu dienen, was heute nicht
mehr im gleichen Mass möglich ist. Nach Jahren in der Gemeindearbeit und im
Ländli-Shop, einer christlichen Buchhandlung, betreute sie eine Frau in ihrer
Krankheitszeit und anschliessend ihre Mutter, bis diese im Alter von 92 Jahren
starb. «Ich nahm meinen Zivilstand aus Gottes Hand und vertraute, dass sein Weg
der Beste ist.»
Martin tat sich etwas schwerer, sich mit seinem
Singlesein abzufinden. «Ich tat auch manches, um Frauen kennen zu lernen.
Abgesehen von einer zweijährigen Beziehung entwickelte sich aber nie etwas.»
Trotzdem wollte er sein Leben nicht nur im Warten auf eine Frau verbringen. «In
jungen Jahren setzte ich mich für die örtliche Jungschar ein und bildete mich
beruflich und sprachlich weiter. Später war ich acht Jahre als Student und Mitarbeiter
bei JMEM.»
«Der Singlestatus sollte nicht als minderwertig
betrachtet werden», ist Maja überzeugt. Sie glaubt sogar, dass Singles für
Familien und Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen. «Wenn Krisen aufkommen,
sind Singles oft die ersten, die tatkräftig Hand bieten können.»
Sind Singles erfolglose Partnersucher?
Als ungefähr 30-Jährige meldete sich Maja bei
einem christlichen Partnerdienst an und besuchte einen Singletreff. Damals
blieb die Suche aber erfolglos, und sie liess die Sache ruhen. Andere Singles investieren
sich viel mehr in die Partnersuche. Im Laufe der Jahre wurde es Martin wichtig,
Gemeinschaft mit Singles zu suchen, ohne dabei immer darauf aus zu sein, eine
Frau zu finden – auch wenn er dies natürlich hoffte. «Singletreffs zu besuchen
heisst einfach, Zeit mit Menschen in ähnlicher Lebenssituation zu verbringen.»
Mit dieser Haltung nahm er dann auch an einer Wanderwoche für Singles teil. Es
hätte eine gute Ferienwoche werden können, auch wenn er keiner spannenden Frau
begegnet wäre – doch dann traf er sogar seine Maja.
(Die meisten) Singles leben nicht nur dafür,
einen Partner zu finden. Deshalb sollten sie auch nicht als erfolglose
Partnersucher reduziert werden. Immerhin meistern sie ihr Leben mit allen Herausforderungen
oftmals alleine. Sie möchten als vollwertigen Menschen respektiert und
wertgeschätzt werden.
Singles müssen nicht alleine sein
Oft wird Single mit «allein sein» in Verbindung
gebracht. Das muss aber nicht sein. Maja schätzte das Leben in
Wohngemeinschaften und pflegte viele Kontakte. «Als Single ist es wichtig,
einen Ort zu haben, wo man hingehen kann, ohne es immer organisieren zu
müssen.»
Auch Martin schätzte es, mit Menschen unterwegs
zu sein. «Oft sass ich auf einer Bank am Waldrand und sprach mit Gott über
meine Situation.» Er glaubte, dass eine Beziehung das Beste in seinem Leben
sein würde und verstand deshalb nicht, weshalb Gott ihm «das Beste» nicht gab.
Es war wichtig, Menschen um sich zu haben, mit denen er solchen Frust teilen
konnte. Viele Singles haben Verletzungen erlitten und manche drohen, an ihrem
Zustand zu verbittern. Ermutigende Menschen können da Verständnis und
Wertschätzung entgegenbringen. Maja präzisiert: «Es ist auch hilfreich, bei der
Partnersuche auf die Hilfe und Gebete von Mitmenschen zählen zu dürfen.»
Auch wenn Maja und Martin, zur Überraschung vieler
Mitmenschen, heute nicht mehr Single sind, können sie doch noch immer von ihren
Erfahrungen profitieren. «Wir wollen die Singles im Auge behalten», halten sie
fest und wissen, dass es unzählige Gründe gibt, ihnen Wertschätzung
entgegenzubringen und vielleicht sogar mal in den Gemeinden für erfolgreiche
Partnersuchen zu beten. Trotz vielen einsamen und schwierigen Momenten kann
Martin sagen: «Die Singlezeit war auch eine schöne Zeit!»