Wie wir anderen begegnen

«Im Kopf herrscht Krieg»

Manche Menschen regen sich oft und viel über andere auf. 
Mädchen schaut auf das Handy

Soziale Medien scheinen diesen Trend zu verstärken. Doch woher kommt dieser Krieg im Kopf?

Anonym im Netz lässt sich bestens über andere «ablassen». Hier kann jeder schimpfen und verurteilen, ohne dass er oder sie sich dazu erklären oder gar verantworten muss. Und meist gesellt sich zu dem Verurteilen auch grosse Empörung.

Im Kopf herrscht Krieg

Doch es ist auch möglich, sich über andere aufzuregen, obwohl es nicht um deren Verhalten geht. Flüchtige Begegnungen, ein kurzer «Scan» und schon läuft die innere Gedankenmaschine der Ablehnung an, meist befördert durch Vorurteile und spontane Antipathie.

Ein junger Mensch beschrieb das in sehr ehrlichen Sätzen so: «In meinem Kopf herrschte Krieg. Egal, wo ich war. Im Supermarkt, in der Uni, beim U-Bahnfahren. Diese Leute, ich verurteilte sie, ich verurteilte sie alle.» Die Beschreibung ist auf der Internetseite www.mymonk.de zu finden.

Und im Weiteren wird deutlich, wie heftig und ablehnend die Gedanken waren: «Wie der aussieht! Muss die noch im Bus fressen, wenn sie schon so fett ist! Diese Frisur ist einfach nur lächerlich! Der Idiot ist bestimmt gerade unterwegs zur Nachkontrolle beim Arzt wegen seiner Gehirnentfernung!»

Was steckt dahinter?

Warum aber reagiert jemand derart ablehnend und aggressiv? Natürlich können die Ursachen für ein solches Denken sehr unterschiedlich sein, aber es lassen sich ein paar mögliche Gründe benennen. Jemand, der auf andere so reagiert, der...

  • ist womöglich sehr unzufrieden mit sich und seiner Situation und deshalb aggressiv gegenüber anderen
  • braucht es, andere abzuwerten, um selbst besser dazustehen
  • hat es schwer, sich anzunehmen und hat kein «Ja» zu sich selbst
  • lebt in einem Gedankensystem von unten und oben, von Guten und Schlechten...

Richten ist ein No-go

Der christliche Lehrer Paulus schrieb an die Christen in Rom folgendes über Verurteilen und Richten: «Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der du richtest.» (Die Bibel, Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 2, Vers 1) Salopp ausgedrückt: Richten, verurteilen ist ein absolutes No-Go. Das geht gar nicht!

Und Paulus begründet auch, warum Menschen nicht richten sollen: «Denn worin du den andern richtest, verdammst du dich selbst, weil du eben dasselbe tust, was du richtest.» Wer richtet, auf den fällt das Urteil zurück.

Dabei sollte bedacht werden, dass Paulus im Zusammenhang dieser Aussage auch von Juden und Griechen sprach. Es gab sicher damals ein handfestes Überlegenheitsgefühl der Juden gegenüber den Griechen. Denn die waren aus Sicht der Juden ein Volk, das Gott offensichtlich nicht wollte, ein Volk von Unreinen und Verblendeten. Paulus macht in der Textpassage auch deutlich, dass das Urteilen nur Gott selbst zusteht.

Den anderen ins Abseits stellen

Natürlich kann jeder sagen, dass er ein Verhalten nicht gut findet, darum geht es nicht. Aber Urteilen geht einen entscheidenden Schritt weiter, weil es den Stab über den anderen bricht und ihn ins Abseits stellt. Man kann sehr wohl jemanden kritisieren, ohne ihn zu verdammen.

Jesus war anziehend für Verurteilte

Jesus war dafür bekannt, dass er sich den «Verurteilten» sogar ganz besonders zuwandte und mit ihnen viel Zeit verbrachte. Die frommen Juden warfen Jesus vor, er verbringe Zeit mit «Sündern, Betrügern und Menschen mit schlechtem Ruf».

Jesus antwortete darauf: «Die Gesunden brauchen keinen Arzt, sondern die Kranken! Begreift doch endlich, was Gott meint, wenn er sagt: 'Wenn jemand barmherzig ist, so ist mir das lieber als irgendwelche Opfer und Gaben.' Ich bin gekommen, um Sünder in die Gemeinschaft mit Gott zu rufen, und nicht solche, die sich sowieso für gut genug halten.» (Die Bibel, Matthäus-Evangelium, Kapitel 9, Verse 12-13)

Jesus gab Menschen die Chance auf Veränderung. Doch wer andere verurteilt, gesteht ihnen diese Chance nicht zu. Jesus sagte, in eigenen Worten formuliert: «Ich bin für die gekommen, deren Leben nicht in Ordnung ist.» Am weitesten entfernt von dieser Haltung waren ausgerechnet die Frommen. Damit waren sie, die Frommen, auch ganz weit weg von Jesus und Gott.

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Datum: 21.10.2020
Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet

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