Nur bei einer Minderheit der Heiraten in der Schweiz sind beide Partner Schweizer. Sind die Paare für binationale Herausforderungen gerüstet? Gerti Saxer spricht aus eigener Erfahrung und langer Berufspraxis.
Gerti Saxer (Bild: idea Schweiz / David Gyel)
Gerti Saxer (64) aus Goldach SG wuchs in Brasilien auf. Gegen Ende ihres
Betriebswirtschaftsstudiums heiratete sie den Schweizer Markus Saxer
und zog mit ihm in die Schweiz. «Ich war einfach verliebt und wollte mit
Markus zusammen sein», fasst sie ihre damalige Entscheidung in einem
Interview im Wochenmagazin ideaSpektrum 2020.23
zusammen. Sie habe überhaupt nicht lange überlegt. Später bildete Gerti
Saxer sich als systemische Einzel-, Paar- und Familientherapeutin sowie
Supervisorin weiter. Sie führte bis im Januar 2020 eine eigene
Beratungspraxis und und leitete die Informationsstelle für
Ausländerinnen und Ausländer der Stadt St. Gallen. So lernte sie
zahlreiche Paare mit ähnlichem Hintergrund kennen.
«Die Frage des Preises!»
Angesichts der
Tatsache, dass bei mehr als der Hälfte der Heiraten zumindest einer der
beiden Partner nicht Schweizer Nationalität hat, sind Herausforderungen
von binationalen Paaren kein unwesentliches Thema für Kirche und
Gesellschaft.
Gerti Saxer nennt eine Frage, die sich binationale Paare zu Beginn
ihrer Beziehung stellen müssen: «Die Frage des Preises!» Natürlich sei
dies nicht im Sinne von Geld gemeint. Und selbstverständich habe jede
Ehe einen Preis. «Aber in einer interkulturellen Ehe ist der Preis
vielleicht für den einen viel höher als für den anderen.» Auch sie
selber sei längere Zeit über gewisse Aspekte ihrer Situation verbittert
gewesen.
Unglückliche Reaktionen in der Gemeinde
Christliche Gemeinden können diese Paare laut Gerti Saxer
schon stark unterstützen, wenn sie sich an der Person interessieren und
ehrlich nach dem Ergehen fragen. Zwei häufige Reaktionen nennt sie im
idea-Interview, die nicht hilfreich seien: «Einerseits wird öfters
vermittelt, dass das Paar zu unterschiedlich und deshalb die Ehe zum
Scheitern verurteilt sei. Die andere Reaktion glorifiziert die Beziehung
mit Aussagen wie: 'Ihr seid so herzig und doch beide gläubig', und
übersieht die Schwierigkeiten.» Mit solchen Reaktionen werde das Paar
mit seinen Herausforderungen alleine gelassen.