Marriage-Week-Studie

Scheidungen sind teuer – auch für die Volkswirtschaft

Die volkswirtschaftlichen Kosten von Familientrennungen könnten gemäss Schätzungen hunderte Millionen ausmachen. Eine Studie will es genauer wissen.
Ehestreit

An der Marriage-Week Konferenz am Mittwoch in Bern stellte der Ökonom Wolfram Kägi, Geschäftsführer der B,S,S. Volkswirtschaftliche Beratung AG in Basel, erste Erkenntnisse einer entsprechenden Studie vor. Eine vergleichbare Studie in den USA ist zum Schluss gekommen, dass Familientrennungen jährlich Kosten von 112 Milliarden Dollar verursachen. Übertragen auf die Schweiz, ergäbe dies rund drei Milliarden Franken. Doch der Vergleich mit den USA trägt der Realität zu wenig Rechnung.

Um gültige Zahlen zu erhalten, die für die Schweizer Verhältnisse schlüssig sind, verwendet Kägi ein Wirkungsmodell, das beschreibt, wie sich Familientrennungen auf die Betroffenen selbst und auf die Gesellschaft auswirken. Nicht nur finanziell, sondern zum Beispiel auch auf die Gesundheit der Betroffenen. Oder auf ihre Lebensqualität. 

Zwar sei die Datenbasis in der Schweiz dünn, aber man könne zum Beispiel die Höhe der nicht zurückbezahlten Alimentenbevorschussung von jährlich rund 64 Millionen oder die von den Kantonen getragenen Prozesskosten für Scheidungen von 30 Millionen Franken pro Jahr konkret beziffern. Ausserdem werde rund 20% der Sozialhilfe von geschiedenen Personen bezogen, was mehrere hundert Millionen Franken ausmacht. Allerdings geht aus den Zahlen nicht hervor, ob die Betroffenen schon vor der Trennung Sozialhilfe-abhängig waren, wie der Verfasser der Studie betonte. Und ob zwischen dem Sozialhilfebezug und der Trennung ein kausaler Zusammenhang besteht. 

Trennung und Scheidung können krank machen. Doch es ist nicht so einfach, zum Beispiel die Therapiekosten für Depressionen als Folge einer Scheidung zu beziffern, da man nicht weiss, wie der Gesundheitszustand der Betroffenen vor der Scheidung war.

Dennoch sind die Auftraggeber an einer Fortsetzung der Studie interessiert. Sollte die Finanzierung der kompletten Studie zustande kommen, will B,S,S. auch weitere Kosten untersuchen, die zum Beispiel durch Kinderarmut aufgrund von Scheidungen ausgelöst werden. Oder die finanziellen Auswirkungen von Scheidungen auf die Produktivität der Betroffenen. 

Auch die doppelten Haushaltsführungen aufgrund von Trennungen verursachen Kosten. Umgekehrt könnten laut B,S,S. höhere Steuereinnahmen erzielt werden, wenn aufgrund einer Scheidung beide Partner erwerbstätig sind.

Laut Christoph Monsch, dem Präsidenten von MarriageWeek, ist die Fortsetzung der Studie finanziell nicht gesichert. Als Alternative sieht er zum Beispiel die Weiterführung der Studie im Rahmen einer Doktorarbeit im Fach Ökonomie. Wolfram Kägi hat noch eine andere Idee: Das Thema könnte in Expertengesprächen und von Fokusgruppen aufgenommen und weitergeführt werden.

Datum: 30.01.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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