Einsamkeit

Total vernetzt und doch so schmerzlich einsam

Immer mehr erweist sich Einsamkeit als Geisel unserer Zeit: Total vernetzt zu sein und doch einsam. Sich mitten unter vielen Menschen zu bewegen und sich doch verlassen zu fühlen. Wie lässt sich dieses Gefühl überwinden?
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Allein gelassen: Es ist nötig, sich ehrlich mit den Gründen für die Einsamkeit zu beschäftigen.
Das Ende von Einsamkeit dank intimer Gemeinschaft mit Gott

Kennen Sie die Situationen, in denen Sie sich einsam und verlassen vorkommen? Zeiten, in denen Sie sich fragen, ob sich überhaupt jemand für Sie interessiert? Wissen Sie, was es heisst, unter vielen Menschen zu sein und sich doch allein zu fühlen? Vielleicht sind Sie auch mit allen neuen Kommunikationsmitteln ausgestattet und fühlen sich doch abgeschnitten. Die neuen Kommunikationsmittel haben zwar alles schneller und die Kontaktaufnahme leichter gemacht. Sie haben aber auch die Hektik gesteigert, die ein Feind wahrer Begegnung ist. Diese Hektik lässt das Heer der Einsamen rasant anwachsen.

Keine Zeit

Wir leben in einem unsäglichen Wohlstand. Der Zeitaufwand, um sich das Lebensnotwendige zu verschaffen, hat sich markant verringert. Noch nie hatten Menschen so viel Freizeit. Doch die Suche nach mehr und nach dem Besten hält uns so auf Trab, dass wir keine mehr Zeit haben, einander zu begegnen. Die Befreiung des Einzelnen, so leben zu können, wie er will, ist weit vorgeschritten. Individuelle Lebensgestaltung mit möglichst wenig Einschränkung ist gefragt. Jeder will sich so viel vom Wohlstands- und Erlebniskuchen abschneiden wie nur möglich. Dabei werden feste Bindungen, verbindliche Beziehungen, Gemeinschaft, die auch einschränkt, als Hindernisse empfunden, die man rasch überwinden muss.

Single-Leben, Beziehungen auf Zeit, aneinander vorbei leben in Ehe und Familie, Trennung und Scheidung und das Abschiebung der Alten sind die logischen Konsequenzen.

Keine Kraft

Besonders schmerzlich wird Einsamkeit in unserer hektischen und selbstzentrierten Gesellschaft, wenn Menschen durch körperliches oder seelisches Leiden oder den Verlust eines vertrauten Menschen an den Rand der Gemeinschaft gedrängt werden oder sich selber aus Beziehungen zurückziehen. Sie schaffen es oft nicht mehr aus eigener Kraft, Kontakt zu suchen, und können gar nicht mehr aus ihrer Einsamkeit ausbrechen. Die Menschen in ihrer Umgebung sind vielfach ebenso hilflos oder zu stark mit sich selbst beschäftigt, um den Schritt zum Einsamen hin zu tun. Das steigert den Schmerz der Einsamkeit. Gefühle der Wertlosigkeit und Ablehnung, Verletzung und Verbitterung sind die traurigen Folgen.

Stolz

Einsamkeit gibt es nicht erst in der modernen Gesellschaft. Die Hektik aber hat sie noch verschärft. Der Mensch ist von Gott zur Gemeinschaft geschaffen. Seit die Gemeinschaft mit Gott durch die Sünde zerstört und unter den Menschen gestört wurde, gehört Einsamkeit mit zum Leben. Die Einsamkeit sollte einem eigentlich daran erinnern, dass wir zur Gemeinschaft geschaffen sind. Alles, was Gemeinschaft hindert und zerstört, führt deshalb in die Einsamkeit! Unser Stolz hindert uns daran, ehrlich zu sein. Feigenblätter und dickeres Material, hinter denen wir unsere Schwächen, unsere Schuld und unser Versagen verstecken, machen einsam.

Selbstmitleid

Weil wir wissen, wie unehrlich wir selber sind, misstrauen wir auch den andern und bleiben letztlich mit unserer Not allein. Wenn Menschen an uns schuldig geworden sind und uns verletzt haben, neigen wir dazu, die Bitterkeit zu nähren, statt den Weg der Anklage und Versöhnung zu suchen. Die Bitterkeit wiederum fördert die Angst vor tiefen Beziehungen. Häufig suchen wir in diesem Stadium die Schuld nicht bei uns selbst, sondern baden uns im Selbstmitleid und schieben die Schuld für unsere Einsamkeit auf die andern.

Der Ausweg

Die Einsamkeit erinnert uns daran, dass wir auf die Gemeinschaft mit Gott angewiesen sind. Aus eigener Kraft schaffen wir es nicht, den Teufelskreis der Einsamkeit wirklich zu durchbrechen. Gott ist in Jesus Christus in unsere Einsamkeit gekommen. Er hat sich als Mensch sehr einsam und verletzlich gemacht, um uns den Weg zu sich wieder zu öffnen. Seine Einsamkeit ging tiefer, als sie je ein Mensch erleben kann. Als er am Kreuz schrie: «Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?», erlitt er das ganze Ausmass der Einsamkeit.

Wenn uns einer in unserer Einsamkeit versteht, ist es Jesus. Am Ausmass der Einsamkeit von Jesus erkennen wir die Schrecklichkeit unserer Sünde. Weil Jesus für unsere Sünde diese totale Verlassenheit durchlitten hat, brauchen wir Sünde nicht mehr zu verstecken. Wir können sie bekennen und Vergebung annehmen (Johannes 1,5–10) und sie andern weitergeben. Es führt kein besserer Weg aus der Einsamkeit in die Gemeinschaft mit Gott und mit Menschen zurück.

Die Konsequenzen

Diese Erkenntnis und Erfahrung muss Konsequenzen haben. Wenn Gott alles daran gesetzt hat, um uns aus der Einsamkeit in seine Gemeinschaft zurückzuholen, dann hat er uns mit aller Deutlichkeit an unsere Bestimmung erinnert: Wir sollen Gemeinschaft mit ihm und unseren Mitmenschen leben!

Unsere Einsamkeit und die unseres Nächsten wird nur überwunden, wenn wir umkehren von unserer Hektik, unserem Trip der Selbstverwirklichung und Bedürfnisbefriedigung und wieder bereit werden, einander in Liebe zu begegnen und zu ertragen. Dazu hat uns Gott geschaffen, erlöst und berufen. Um Einsamkeit zu überwinden, müssen wir uns aufmachen, an Beziehungen zu bauen und sie nicht einfach von andern zu erwarten. Wer sein Leben in Beziehungen (vor allem auch mit einsamen Menschen) investiert, dessen Einsamkeit wird rapide abnehmen.

Vollendung?

Trotz Gemeinschaft mit Gott und den Menschen, die wunderbar sein kann, werden wir die Einsamkeit in unserem Leben nie vollständig überwinden. Es bleibt auch in der tiefsten menschlichen Beziehung ein Stück Einsamkeit zurück, weil unser Vertrauen zu Gott und zu unserem Nächsten in dieser Welt nie vollkommen perfekt sein kann. Wir werden den letzten Rest der Furcht voreinander nicht los, weil wir Menschen sind, die immer wieder aneinander schuldig werden. Wir werden als Menschen auch unser Schicksal und Gott nicht immer verstehen und uns verlassen fühlen. Wer diesen letzten Rest, diese Grenzen jeder Gemeinschaft nicht annimmt, wird auf eine andere Weise einsam, weil er aus der Enttäuschung an seinem Ideal die Schritte zur Versöhnung verweigert und sich zurückzieht.

Die letzte Überwindung der Einsamkeit ist uns erst für den Himmel versprochen. Einsamkeit wird erst dort endgültig aufgehoben. Erst dort wird Gemeinschaft mit Gott und den Menschen ungetrübt sein.

Tipps gegen die Einsamkeit

1. Drücken Sie den Schmerz über die Einsamkeit vor Gott aus.
2. Sehen Sie den Gründen für die Einsamkeit ehrlich in die Augen.
3. Suchen Sie die Verantwortung für die Einsamkeit nicht nur bei den andern.
4. Machen Sie den ersten Schritt zur Versöhnung.
5. Fragen Sie sich: Welchem Einsamen kann ich beistehen?
6. Vergessen Sie nicht, dass in der tiefsten Einsamkeit nur die Gemeinschaft mit Gott wirklich helfen kann (Psalm 73,25–26).

Datum: 28.09.2004
Autor: Ernst Gassmann
Quelle: Chrischona Magazin

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