Liebe - vieldeutig und doch so speziell

Man liebt den Lebenspartner und seine Kinder nicht gleich wie den Hund und die Pizza.
Man verwechselt Liebe gerne mit Anerkennung, Annahme mit Übereinstimmung und Vergebung mit Kompromissbereitschaft.

Liebe ist etwas, das sich nicht für Geld kaufen lässt. Es gehört zum Leben wie Essen und Trinken. Jeder Mensch braucht Liebe in seinem Leben, sonst verkümmert er. Ist es ein Gefühl, ein Wert, ein Willensakt? Das Wort Liebe wird für alles Mögliche verwendet, oft missbraucht und falsch gedeutet. Was "Liebe" wirklich bedeutet, wo Irrtümer und Fehldeutungen vorliegen, erklärt Jerry Cook, Theologe, Seminarleiter und ehemaliger Pastor einer Gemeinde in Seattle. Schlussendlich kommt es auf das richtige Verhältnis zu Gott an.

Liebe, Annahme und Vergebung, welch grossartigen Worte. Sie wecken Emotionen und rufen Erinnerungen, Erwartungen und manchmal gar Schmerzen hervor. In einer Welt der explodierenden Technologieentwicklung, globalen Vernetzung und unglaublich schnellen Informationsverbreitung ist das Bedürfnis nach Liebe, Annahme und Vergebung immer noch Bestandteil unserer Seele. Es sickert durch die Vielfalt unserer Sehnsüchte in unser Leben. Das Bedürfnis, geliebt zu werden, auch wenn man sich nicht liebenswert fühlt.

Gleiches Wort - viele Deutungen

Das Bedürfnis angenommen und bedingungslos geliebt zu werden sogar nach der grössten Enttäuschung oder dem schwärzesten Tag, Vergebung zu erhalten, wenn man sie nicht verdient und sich zu stark schämt, um überhaupt auf Vergebung zu hoffen - dies sind elementare Bedürfnisse eines jeden Menschen.

Wenn jemand sagt: "Ich liebe dich", was sagt diese Person wirklich? In der englischen Sprache kennt man nur ein Wort für "Liebe". Man braucht es für alle nur denkbaren Gelegenheiten. Man liebt Eiscreme, den Hund, Skifahren. Man liebt die eigenen Kinder, die Frau, Pizza .... Jerry Cook meint: "Ich liebe den Hund nicht wie meine Frau! Auch meine Kinder liebe ich nicht auf die gleiche Weise wie ich Pizza liebe." Man braucht das gleiche Wort. Aber es liegen Welten zwischen der jeweiligen Bedeutung.

Gleiche Wörter haben nicht nur oft verschiedene Bedeutungen, man überträgt auch unterschiedliche Vorstellungen auf sie, die scheinbar mit diesen zusammenhängen. So verwechselt man Liebe leicht mit Anerkennung, Annahme mit Übereinstimmung und Vergebung mit Kompromissbereitschaft.

Was Liebe nicht ist!

Wenn man Liebe mit Anerkennung verwechselt, versperrte man sich selbst die Möglichkeit, wahre Liebe kennen zu lernen. "Sally war eine äusserst begabte, attraktive junge Frau. Sie sass verwirrt und gebrochen in meinen Büro psychisch und geistlich völlig ausgelaugt. " berichtet Cook. Sie erzählte von den überwältigenden Erwartungen, die sie erdrückten. Es schien, als würden ihr alle Menschen in ihrem Leben - ihr Pastor, ihr Ehemann, ihre Kinder, ihre Eltern und sogar ihre Freunde - ihre Erwartungen aufdrängen. Sally war am Rande ihrer Kräfte und stand am Anfang einer Depression. Es war ihr unmöglich, alle Erwartungen zu erfüllen. Deswegen glaubte sie, vor ihren Freunden und vor Gott versagt zu haben. Sie spürte deren Enttäuschung und die Schuldgefühle, die dies mit sich brachte. Sally sagte: "Ich kann es niemandem recht machen. Ich glaube nicht, dass mich noch jemand liebt!". Diese verzweifelte junge Frau hat nach Cook einen sehr schmerzhaften Fehler gemacht. Geliebt zu werden, bedeutete für sie, von anderen Menschen Anerkennung erhalten zu müssen. Missbilligung war für sie dasselbe, wie nicht geliebt zu werden.

Eine zweite verdrehte Vorstellung ist die, Liebe mit Billigung zu verwechseln. Wenn man jemanden liebt, muss man nicht automatisch all seine Entscheidungen als richtig erachten. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt als dies. Liebe ist die Entscheidung, das Beste für seinen Nächsten zu suchen, was nicht immer Billigung bedeutet. Wenn man destruktive Entscheidungen trifft, die uns von Gott entfernen, dann benötigt man keine blinde Unterstützung. Man braucht jemanden, der sich in den Weg stellt und uns aufhält.

"Vor kurzem spielte sich in unserer Stadt eine Tragödie ab", berichtet Cook. "An einer Alkohol reichen Party befand sich ein junger Mann, der viel zu betrunken war, um noch Auto fahren zu können. Seine Freunde wollten seine Schlüssel zurückbehalten. Doch als er wütend und aggressiv wurde, gaben sie ihm diese zurück. Er fuhr in seinem neuen Auto los, das ihm seine Eltern erst gerade geschenkt hatten. Nur wenige Sekunden später raste er in einen Strommast, wobei er und eine junge Frau umkamen." Seine Freunde glaubten aus Liebe gehandelt zu haben, so Cook, doch dies kostete den jungen Man sein Leben.

Annahme heisst nicht Übereinstimmung

Man muss immer daran denken, dass Annahme und Übereinstimmung zwei vollkommen andere Themen sind, unterstreicht Cook. Annahme beruht nicht auf Gemeinsamkeiten, Annahme beruht auf Wertschätzung. Menschen, die auf der Suche nach Annahme der Übereinstimmung nachjagen, haben im allgemeinen ein äusserst geringes Selbstwertgefühl. Häufig sind es Menschen, die emotionell erpresst worden sind; sie wurden belohnt, wenn sie gleicher Meinung waren oder sich gefügt haben. Andernfalls aber wurden sie abgelehnt. Annahme bedeutet nicht automatisch, dass man einer Meinung ist. Es bedeutet jedoch, dass man seine Meinung nie in einer Art vorbringt, die den andern erniedrigt oder missbraucht.

Annahme versichert jedem eine faire Anhörung. Manchmal ist man versucht, einen Kommentar oder eine Meinung einer Person aufgrund ihres Auftretens oder ihres Rufes - sogar aufgrund ihrer Rasse oder Verhaltensweise - zu ignorieren. Diese respektlose Geringschätzung der Werte eines anderen Menschen ist offene Ablehnung. Annahme gibt dem Nächsten das Gefühl, bedeutungsvoll zu sein und ernst genommen zu werden. Annahme bedeutet, dass man sein Gegenüber davon befreit, irgendwelche Bedingungen erfüllen oder etwas vorspielen zu müssen, um Liebe und Aufmerksamkeit zu erhalten.

Annahme wird gemäss Cook meist durch kleine Dinge vermittelt, wie ein offenes Ohr, ungebrochene Aufmerksamkeit, Fragen, die zum Ausdruck bringen: "Ich versuche zu verstehen." Annahme umarmt uns in unseren Schwächen und ermutigt uns in unseren Stärken. Sie erlaubt uns, stärker zu werden als wir es uns selbst erträumen können. Wertschätzung ist das Fundament der Annahme. Wie auch immer das Verhalten oder die Überzeugung des andern aussehen: Für Jesus ist jeder wertvoll genug. Er starb für uns alle, um uns zu erretten und weil er uns wiederherstellen will. "Als wir noch Sünder waren, starb Christus für uns". Dies sei die höchste Tat der Liebe und der Annahme.

Vergebung ist nicht Kompromissbereitschaft

"Ein hübsches junges Mädchen aus unserer Nachbarschaft, gerade mal dreizehn Jahre alt, hat Selbstmord begangen", erzählt Cook." Sie hat mit unseren zwei Söhnen die Schulbank gedrückt. Wir waren sprachlos, als wir diese schreckliche Nachricht erhielten. Barb, meine Frau, und ich besuchten ein Seminar, das von der Schule gesponsert wurde und uns helfen sollte, unsere Kinder durch diese schmerzhafte Zeit zu begleiten. An einem Abend sprach der Leiter über Vergebung. Er sagte: "Vergebung bedeutet, die andere Person als unschuldig zu betrachten." Ich schrieb meiner Frau auf einen Zettel: "Das klappt nicht!".

Es klappt erstens nicht, weil Menschen sich und einander oft absichtlich Schmerzen zufügen. Wenn man Unschuld vortäuscht, so bagatellisiert man die Schmerzen des andern und schafft eine falsche Realität. Heuchelei und Verstellung bilden keine Grundlage für Vergebung und für Heilung. Es klappt zweitens nicht, weil es das Gericht ist, das sich mit Schuld und Unschuld beschäftigt. Vergebung besagt: "Wie auch immer deine Motive aussehen, ich entscheide mich, dich nicht zu bestrafen. Du wirst nicht mein Objekt der Rache. Ich werde dich jetzt und auch in Zukunft nicht bestrafen. Das Gericht mag dich tatsächlich für schuldig befinden und deine Bestrafung festsetzen. In einer gefallenen Gesellschaft ist dies eine Notwendigkeit. Aber ich, ich werde dich nicht bestrafen". Vergebung bedeutet, dass man auf sein Verlangen nach Rache und Bestrafung verzichtet.

Gottes Liebe, Annahme und Vergebung

Von Gott sind wir bedingungslos geliebt. Gott will das Beste für uns Menschen. Wir sind ohne die geringsten Zweifel angenommen. Gott wird nicht immer unserer Meinung sein, aber er wird uns immer annehmen. Uns ist vergeben. Gott wartet nicht darauf, uns zu bestrafen. Es ist die Sünde, die die Sünde bestraft. "Die Folge der Sünde ist der Tod, das Geschenk Gottes ist das ewige Leben...".

In dem Ausmass, in dem man Gottes Liebe in seinem Leben zulässt und seine Annahme erlebt, kann man andere Menschen lieben und annehmen. In dem Ausmass, in dem man Gottes Vergebung empfängt und in ihr lebt, kann man anderen Menschen vergeben. Es kommt auf das richtige Verhältnis zu Gott an.

Autor: Jerry Cook, redigiert: Livenet, Antoinette Lüchinger

Datum: 27.11.2003
Quelle: equipped

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