Adam, wo bist du?

Adam, von Michelangelo, Ausschnitt
Adam, von Michelangelo

In unseren Sommerferien steckte uns auf dem Zeltplatz eine Nachbarin eine Frauenzeitschrift zu. Wieder, auf der Titelseite: "Wo sind die Männer?" Offensichtlich sind Männer Mangelware.

Nicht nur Frauen fragen nach uns. Auch Kinder, junge Erwachsene, Gemeinden, Organisationen, Werke und Missionen, Parteien und Ämter. Eine ganze Gesellschaft, eine ganze Zeit ruft nach uns, den Männern! Hoffnungen verbinden sich mit uns Männern. Was für eine historische Stunde! Welch eine Gelegenheit! Tut das gut, gewünscht zu sein, erwartet zu werden! Was für eine Freude, wenn...

Der perfekte Mann

Tja, was für eine Freude wäre es, wenn mit diesem Ruf nach uns Männern nicht so viele Bedingungen verknüpft wären, wie ein Mann sein sollte, der nützlich und eben Mann ist! Schaut man sich in der Männerliteratur etwas um und hört sich Vorträge über das Thema "Mann" an, so hagelt es meist von Ansprüchen und Forderungen. Entschieden und doch einfühlsam, kreativ, flexibel und doch treu und loyal soll er sein, der gewünschte Mann. Er soll sich durchsetzen können und doch offen sein für anderes. Logik und Weisheit, barmherzige Autorität zeichnen ihn aus. Der gesuchte Mann lebt schöpferisch. Er sucht die Einheit von Fühlen und Denken, hat Toleranz und Verständnis. Er beherrscht nicht, sondern ist ein Mann des Dialogs. Er hat Interesse an inneren Werten und nicht am Erfolg, an Ehre und Reichtum. Die Liste liesse sich beliebig weiterführen. Wird da nicht ein Übermann gefordert? Erschallt nicht auch unter uns immer wieder der Ruf nach einem solchen "Herrn Perfekt", der seine Kraft und Zeit Gott, der Frau, den Kindern, dem Haushalt, der Gemeinde, dem Beruf, dem Nächsten, der Gesellschaft, der Welt total opfert? Aber solange wir in einer gefallenen Schöpfung leben, wird es einen solch perfekten, totalen Mann nicht geben!

Mann bleibt Mann

Dieses Anspruchsdenken ist kaum geeignet, Männer wirklich zu verändern. Es treibt in eine falsche Richtung: weg vom Kreuz Christi, wo wir Männer meines Erachtens zunächst einmal hingehören. Die oben erwähnten Kataloge zur Verbesserung der Männlichkeit verführen zum Zupacken. Erneut werden wir angespornt zu Leistungen, ohne uns den eigentlichen Problemen stellen zu müssen. Die einen werden sich dieser Herausforderung willig stellen und versuchen, eine perfekte Männlichkeit zu leben. Sie werden versuchen, stark und sanft, entschlossen und einfühlsam, dialogfähig und kompromisslos zu sein. Konkurrenz, Leistungsdruck und Stress werden dadurch verschärft. Andere wiederum wird der Lärm um uns Männer unberührt lassen. Mit Ansprüchen und Leistungsforderungen klopft man sie nicht aus dem Busch. Aber wie auch immer wir Männer auf den mit Bedingungen verknüpften Ruf nach uns reagieren, die eigentlichen Probleme bleiben unberührt.

"Mann - wo bist Du?" Gott ruft nach uns Männern. Nicht nur. Aber auch. "Adam - wo bist du?" Adam versteckt sich. Warum? Er hat versagt. Doch es fällt ihm ausserordentlich schwer, als Versager dazustehen. Er schiebt die Schuld ab. Nur keine Schwäche auf sich beruhen lassen. Da sind wir beim springenden Punkt! Leistungen erbringen, Machtproben bestehen, imponieren und sich als stark erweisen, darauf sind wir getrimmt. Nur ja keinen Imageverlust riskieren durch Anzeichen von Schwäche. Sind nicht so manche Männerleben gezeichnet von einer unheilvollen Sucht nach Bedeutung? Und diese Sucht wird durch das erwähnte Anspruchsdenken an uns Männer keineswegs geheilt.

Petrus weint

Auch Jesus ruft Männer. Was beschäftigt die Männer um Jesus? Wohl typisch männlich stehen sie in Konkurrenz zueinander. Sie diskutieren, wer der Grösste sei. Suchen Machtpositionen zu gewinnen. Gedanken an eine Niederlage werden entschieden abgelehnt. Auch hier finden wir wieder das Anspruchsdenken. Der Anschluss an Jesus muss nützen. Etwas bringen. Nur ja keinen Flop riskieren. Dann geht alles schief. Nach männlichen Kriterien gemessen, scheitert Jesus. Und damit scheitern auch seine Männer. Sie haben die Anerkennung, die sie durch den Anschluss an Jesus suchten, nicht erhalten. Wie Adam gehen sie auf Distanz. Verstecken sich. Schieben die Schuld ab. Petrus leugnet. Mann - wo bist Du? Das Kreuz macht's möglich! Die ganze Männlichkeit stürzt zusammen wie ein Kartenhaus. Petrus, ein Mann, weint! Dann erleben diese Männer etwas Unfassbares. Drei Tage später besucht sie Jesus wieder. "Ist das möglich?" mögen sie gedacht haben. "Nach all dem, was geschehen ist, verlässt uns Gott nicht. Wir sind geliebt, geschätzt und anerkannt. Trotz allem! Er verlangt keine Übermänner. Fehler sind erlaubt. Wir dürfen versagen und werden nicht entlassen!" Was für eine Entspannung hat diese Erkenntnis in das Leben dieser Männer gebracht! Welche Entkrampfung! Und jetzt fährt in diese Männer der Geist Gottes. Nimmt Besitz von ihnen. Und macht gerade aus ihrer Schwachheit Stärke. Aber unzweideutig ist es eine andere Stärke, eine fremde Stärke, die sie nicht im Griff haben. Nicht der eigene Wille, nicht der eigene Vorsatz, tapfer und stark zu sein, macht sie feurig, sprühend, initiativ, offensiv, entschlossen und leidenschaftlich, sondern der Geist Christi, der nun in ihnen wohnt. Jetzt nehmen sie ihre Verantwortung wahr. Stellen auf eine überzeugende und faszinierende Art und Weise ihren Mann.

Stärke gewinnen

Solche Männer, so meine ich, werden in all ihrer Unvollkommenheit und Sündhaftigkeit für unsere Zeit eine Wohltat sein. Männer, die immer wieder das Kreuz erfahren. Und das Kreuz erfahren heisst, durch Hinweise des Geistes Gottes sehen, schmerzhaft und traurig erleben, wie wir Männer trotz allen guten Vorsätzen oft mehr für unsere Anerkennung kämpfen als für die Interessen Gottes. Das Kreuz erfahren heisst, durch Impulse des Geistes Gottes einsehen, wie oft wir uns verstecken und schützen, um nicht als Versager, als Schwache entlarvt zu werden. Wie oft wir uns drücken, um unseren so schmerzvoll empfundenen Unzulänglichkeiten ja nicht zu begegnen. Und wie oft wir gerade deshalb anstatt aus der Stärke Gottes aus unserer eigenen Männlichkeit heraus handeln. Mann, die Zeit ist günstig! Der Heilige Geist möchte mit Dir reden. Er sucht Dich. Wo bist Du?
Peter Schulthess

Freudige Sache

Ich bin mit Freude Mann und kann mir kein spannenderes Leben vorstellen! Je mehr ich Jesus Christus mein Leben auch im Alltag bestimmen lasse, desto weniger beherrschen mich die Einflüsse der Umwelt und mein eigener Egoismus. Weil ich weiss, dass Gott mich geschaffen hat und mich mit meinen Gaben und Grenzen "brutto" liebt, ist Mannsein für mich eine freudige und befreiende Sache! Weil ich bedingungslos angenommen bin, brauche ich kein perfekter Alleskönner, kein romantischer Ritter in glänzender Rüstung und kein geistlicher Glaubensriese zu sein. Ich möchte nur eines sein: Gottes Mann. Er macht mich fähig, Verantwortung zu tragen für andere. Er gibt mir Kraft, Entscheidungen zu treffen. Und in allem schenkt er mir Mut, auch zu meinen Schwächen zu stehen und mich über die Ergänzung durch meine Mitmenschen zu freuen. Er hat die oberste Verantwortung - darum gehe ich mit Freude mit ihm in die Zukunft!
Hanspeter Hugentobler

Guter Plan

Mit Freuden Mann sein - was heisst das für mich? Gott hat mich so gewollt - ein Mann in seinem Plan, unverwechselbar mit Gaben, Fähigkeiten, Neigungen. Er hat mich als Ehemann und Vater in eine andersartige Verantwortung gestellt, als sie meine Frau zu tragen hat.

Mit Freuden Mann sein - wie erlebe ich das? Priesterlichen Dienst tun in Familie und Gemeinde, an Menschen im Alltag. Dass sie mir ihr Vertrauen schenken, ist manchmal kaum zu verstehen. Welche Hilfe erfahre ich auch selbst durch die Schwester, den Bruder an meiner Seite!

Mit Freuden Mann sein - was macht es mir schwer? Gott zeigt mir meine Grenzen. Nicht immer bin ich bereit, sie zu akzeptieren. Nicht immer kann ich verstehen, dass sie Gottes guter Plan für mein Leben sind. Mit Freuden Mann sein - wo und warum fällt es mir leicht? In den Begrenzungen, und gerade in ihnen, erfahre ich: Gott hat mich lieb! Durch Jesus ist mein Leben heil. Das macht froh!
Kurt Kress

Vorangehen

Das Mannsein bietet viel Befriedigung und Erfüllung, heisst aber auch, Last und Verantwortung zu tragen. So sehe ich meine Rolle als Mann. Ich bin gerne Vorsteher der Familie. Mit meinen spezifischen Gaben versuche ich, meine Frau zu ergänzen. Nicht das Befehlen und Herrschen sollen meine Rolle kennzeichnen, sondern das Vorangehen. Dies gilt auch für Beruf und Gemeinde. Oft empfinde ich es als nicht einfach, all den hohen Anforderungen und Erwartungen zu genügen. Das Mannsein ist anspruchsvoller geworden! Schlimm ist es nicht, aneinander schuldig zu werden, sondern schlimm ist es, Schuld nicht zu bereinigen. Zu lieben, auch wenn das Gegenüber einmal weniger liebenswürdig erscheint, kann zur gesegneten Erfahrung werden. Als Mann die Prioritäten richtig zu setzen und seine Aufgaben verantwortungsbewusst zu erfüllen, ist für mich immer wieder ein Geschenk Gottes.
Hans Müller

Datum: 27.03.2002
Autor: Peter Schulthess
Quelle: Chrischona Magazin

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