Schwierigen Lebensumstände

«Vertraue ich auf Gott?»

Der Psychologe Reinhard H. Egg berät Menschen in schwierigen Lebensumständen.
«Gott hilft uns durchzuhalten, wenn wir mit unserer Kraft am Ende sind»: Reinhard H. Egg.

Jesus.ch: Manchmal ist das Leben wirklich hart. Welches sind die häufigsten Situationen, die die Menschen aus der Bahn werfen?
Reinhard H. Egg:
Es sind in erster Linie Ereignisse, die unsere bisherige Lebensweise in Frage stellen, also das Auseinanderbrechen einer Lebensbeziehung, beispielsweise durch eine Scheidung oder den Tod eines Menschen, der uns nahe steht. Im Weiteren gehören dazu die Gefährdung unserer Lebensgrundlage, beispielsweise durch einen Stellenverlust oder als Folge eines schweren Unfalles oder einer Krankheit.

Wie gelingt es, an diesen Situationen nicht kaputt zu gehen?
Solche Situationen sind ja meistens auch eine Herausforderung an unseren Glauben: «Vertraue ich auch in dieser schwierigen Lage darauf, dass Gott mich hält?» Da gibt es nichts anderes, als gegen alle negativen Erfahrungen, an Gott festzuhalten und ihn herauszufordern, wie es uns in der Bibel von Jakob berichtet wird: «Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn» (1.Mose, Kapitel 32, Vers 26). Dabei können Seelsorger und fübittende Freunde eine wichtige Hilfe sein.

«Positiv denken löst alle Probleme» - ist es wirklich so?
Positives Denken hilft sicher, unsere eigenen Kräfte und Ressourcen zur Lösung von Problemen bes-ser nutzen zu können. Aber wichtig ist, dass wir uns dabei dessen bewusst sind, dass hinter unseren Gaben Gott steht, der uns auch helfen wird, durchzuhalten, wenn wir mit unserer Kraft am Ende sind.

Wie gelingt es, an schwierigen äusseren Umständen innerlich zu wachsen?
Als ich 12 Jahre alt war, wurde mein Cousin, der für mich wie mein älterer Bruder war, in den Bergen vermisst. Die vier Tage, bis man seine Leiche in einer Lawine gefunden hatte, haben mich in die schwerste Glaubenskrise meines Lebens geführt. Diese Krise hat über ein Jahr gedauert. Das Vorbild des starken Glaubens der verwitweten Mutter meines Cousins hat mir sehr geholfen. So liess sie beispielsweise auf dem Grabstein ihres Sohnes das Bibelwort anbringen: «Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen. Der Name des Herrn sei gelobt.» (Hiob, Kapitel 1, Vers 21).

Wie kann ich schwierige Situationen aushalten, die über längere Zeit andauern?
Wichtig ist, dass ich vor Gott nicht «stark spielen», sonder ehrlich sein soll. Wenn sogar Jesus in seiner letzten Verzweiflung am Kreuz Gott die Frage gestellt hat: «Mein, Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?» (Die Bibel, Matthäus, Kapitel 27, Vers 46), so darf - nein: soll! - auch ich meine Fragen und Vorwürfe vor Gott bringen. Denn nur so bin ich für seine Antworten und Hilfen offen.

Wie kann ich Menschen helfen, die an schwierigen Umständen leiden?
Viele Menschen leiden heute darunter, dass sie niemanden haben, der in schwierigen Zeiten einfach bei ihnen ist, ihnen zuhört ohne viel selber zu reden, ihnen das Gefühl vermittelt: «Du bist mir wichtig!» Dazu gehört auch, dass man den Belasteten nicht unter Zeitdruck setzt. So können dann Gespräche entstehen, in denen ich vielleicht durch entsprechende Fragen weiterhelfen oder auch behutsam(!) meine eigenen Erfahrungen in ähnlichen Situationen einbringen kann. Helfen kann auch der Hinweis auf fachliche Hilfe durch Seelsorger, Therapeuten, Fachberater.

Reinhard H. Egg ist diplomierter Psychologe und führt gemeinsam mit seiner Frau eine biblisch-therapeutische Praxis in Erlenbach ZH ( www.egg-praxis.ch ).

Datum: 03.04.2009
Autor: David Sommerhalder
Quelle: Jesus.ch

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