Wegweiser im Dschungel

Wo man Werte findet

Wohin sollen wir gehen
Matthias Horx

Dass wir Werte brauchen, damit sind die meisten einverstanden. Die Frage ist nur, was das für Werte sein sollen. Erstaunliche aktuelle Grundlagen für Werte im 21. Jahrhundert findet man in der Bibel bei den Zehn Geboten.

Überall wird die Wertefrage diskutiert. Talkshows, in denen über den sinnstiftenden Zusammenhalt der Gesellschaft beratschlagt wird, machen gute Quote. Und wer heute mehr als drei zusammenhängende Sätze zum Thema „Werte“ sagen kann, darf mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer TV-Runde Platz nehmen, egal ob Wissenschaftler, Journalist, Politiker, Menschenrechtler, Theologe oder das 68er-Elternpaar aus Castrop-Rauxel. Nach dreissig Besorgnis vermittelnden Minuten ist dann meist allen klar, was ohnehin schon jeder ahnte: Wir brauchen Werte! Interessant werden dieserart Diskussionen dann erst wieder bei der Rückfrage, welche Werte denn gemeint seien. Doch da herrscht oft betretenes Schweigen. Und der Zuschauer daheim fragt sich: Was hat das ganze Gerede um die Werte bislang eigentlich gebracht?

Wir müssen Werte vermitteln

In den letzten Jahren tauchten regelmässig Ratgeber zur praktischen Lebensbewältigung, Werteorientierung und Sinnstiftung in den Bestsellerlisten ganz oben auf. Bücher von Menschen, die die Orientierungslosigkeit der Gesellschaft anprangerten und konkrete Lösungen anboten („Schluss mit lustig“) oder sich von eben dieser Gesellschaft verabschiedeten, um sich auf den Weg der Selbstfindung zu begeben („Ich bin dann mal weg“). Nicht zu vergessen die vielfach ausgedrückte Sehnsucht nach Werten in unzähligen Leitartikeln, Titelgeschichten und Politikerstatements. „Höhepunkte“ dieser Debatte waren leider jedoch oft die Momente, in denen der modernen Gesellschaft durch dramatische Reaktionen ihrer Zöglinge die eigene Desorientierung und Haltlosigkeit vor Augen geführt wurde: Erfurt, Emsdetten, Tessin. Und wieder wurde nach jeder einzelnen grausamen Eruption gefordert: „Wir müssen Werte vermitteln – sonst läuft die Gesellschaft selbst irgendwann Amok!“

Welche Wertlein hätten Sie denn gern?

Im Zeitalter der Postmoderne mixt der Mensch sich gerne den ganz persönlichen Wertecocktail – ohne sich im Vorfeld viel Gedanken über den Kater danach zu machen. Natürlich gibt es auch gemeinsame Werte auf die wir uns verständigen könnten: Ehrlichkeit, beispielsweise, rangiert laut einer aktuellen Emnid-Umfrage im deutschen Wertekatalog ganz oben – aber der Anteil derer, die bei ihrer Einkommenssteuererklärung lügen, ist in der gleichen Gruppe mit hoher Wahrscheinlichkeit eben auch erheblich. Liegt nicht gerade das Verstörende in der Wertedebatte darin begründet, dass der Mensch von heute den Anspruch hat, sich sein eigenes subjektivistisches Wertesystem bauen zu dürfen oder zu müssen?

Dass Werte allein deshalb verbindlich sind, weil sie sich in der Tradition bewährt haben und zum Teil der Kultur des christlichen Abendlandes entstammen, klingt für viele schon nicht mehr plausibel. Es herrscht keine Einigkeit in der Gesellschaft darüber, „was wir achten und was wir ächten wollen“, sagte die Leiterin des Institus für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher, etwa während des Kongresses christlicher Führungskräfte in Leipzig. Zwar werde viel über Werte geredet, aber „wir feiern dubiose Stars und Sternchen mehr als Menschen, die sich aufopferungsvoll in die Gesellschaft einbringen“. Die Wertigkeiten innerhalb der Gesellschaft haben sich in den vergangenen Jahren beachtlich verschoben. Zusätzlich komme hinzu, dass viele Menschen keine Zeit mehr hätten, „nach dem Woher und Wohin des Lebens zu fragen.“

Ersetzt am Ende also die Debatte über Werte vielleicht sogar noch die Rede von Gott? Viele Menschen leben heutzutage einfach orientierungslos in den Tag hinein und kultivieren dabei ihren Egoismus. Längst legt nicht mehr der Schöpfer fest, was gut und lebenswichtig ist, sondern das Geschöpf. Nur einige der Folgen: Korruption, Kindesmisshandlungen, Scheidungen auf Rekordniveau.

Sehnsucht nach Ewigem

In der Suche nach Werten ist trotzdem eine Trendwende erkennbar. Der Zukunftsforscher Matthias Horx beschreibt einen Grund dafür so: „Je mehr wir mit virtuellen Zeichen umgehen, je mehr die hastige Schrift der Computerterminals unser Leben prägt, desto grösser die Sehnsucht der Kultur nach Ewigem.“ Eine Sehnsucht, die gestillt werden kann durch ein neues Existenzverständnis gegenüber dem, von dem alles Ewige kommt: Gott selbst. In der Bibel heisst es in Apostelgeschichte, Kapitel 19, Vers 26: „Was mit Händen gemacht ist, das sind keine Götter.“ Im Sinne der Wertedebatte bedeutet dies: Werte, die sich Menschen selber schaffen, bieten keinen Halt. Werte brauchen jemanden, der sie setzt, aufrecht erhält und geltend macht.

Gerade deswegen beginnt Gott seine Rede von den Zehn Geboten im Alten Testament mit einer Selbstvorstellung: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat“ (Die Bibel, 2.Mose, Kapitel 20, Vers 21). Unmissverständlich – noch bevor er den Israeliten eine neue Lebensordnung gab und uns Menschen heute an soziale Verantwortlichkeiten erinnern will – steht die ehrfürchtige Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf auf der Prioritätenliste ganz oben: „Ich bin dein Gott!“ Das beinhaltet ein liebevolles Angebot: Die Beziehung zu einem Gott, der als Schöpfer das Leben bejaht und es in die bestmögliche Entfaltung führen will – nicht kommandierend, sondern befreiend. Und diese Beziehung ist ihm wichtig! Nicht umsonst sollen die ersten drei Gebote helfen, das Verhältnis zwischen Mensch und Gott wieder ins rechte Licht zu rücken, ehe es in den nächsten sieben um den Dienst am Nächsten und soziale Verantwortlichkeiten geht.

Warum aber sind all diese ethischen Anweisungen von Anfang an auf Gott bezogen? Die Antwort ist denkbar einfach: Wenn wir Gottes Autorität nicht achten, dann sind Grenzen kaum aufrecht zu erhalten. Die Folge: Wir setzen uns unserer eigenen menschlichen Willkür aus, die letztlich unseren Lebensinhalt bestimmt. Im Grunde unterscheidet uns dann nur wenig von dem reichen Jüngling, der in der Bibel erwähnt wird (Matthäus, Kapitel 19, Verse 16-26). Auch er sah die Gebote Gottes als verbindlich für sein Leben an. Doch ob er bereit war, das, was sein Leben sonst noch bestimmte, für das Vertrauen in eine Beziehung zu „seinem Gott“ aufzugeben, war eine andere Frage.

Zurück zu den Zehn Geboten

Zwei Drittel der Deutschen betrachten nach eigenen Angaben – über alle Konfessionsgrenzen hinweg – die Zehn Gebote für ihr tägliches Leben als verbindlich. „Eine Zeit, die nach Orientierung geradezu ruft, braucht die Zehn Gebote“, fordern Kirchenvertreter wie die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, Margot Kässmann. Es geht dabei nicht, wie von manchem Atheisten befürchtet, um ein Aufheben der Trennung zwischen Staat und Kirche. Es geht schlicht und einfach um Beziehungen – zu Gott und zu anderen Menschen. Denn nach der Bibel findet Leben immer in Beziehungen statt. Werte wie Liebe und Verantwortung lassen sich nicht einfach hierarchisch von oben herab verordnen. Selbst Gott hat diese Werte vorgelebt, indem er sich aufgemacht hat, diese in der direkten Beziehung zum Menschen zu vermitteln (Die Bibel, Johannes, Kapitel 3, Vers 16). Und er tut das bis heute. Wenn wir also die Zusage hören: „Ich bin dein Gott“, dann dürfen wir wissen, dass der Schöpfer uns ein Leben schenken möchte, das Orientierung, Werte und Verheissungen in sich birgt. Das zu verstehen und anzuerkennen könnte der Anfang einer wirklich konstruktiven Wertedebatte und das Grundgebot des Lebens.

Links zum Thema:
Die Zehn Gebote
Mehr über den Autor der Zehn Gebote erfahren

Datum: 22.10.2008
Autor: Stefan Rüth
Quelle: Neues Leben

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