Max
ist überzeugter Christ. Wenn Max wiederholt schlimme Träume hat, fragt
er sich: «Spricht Gott oder der Teufel zu mir?» Keiner von beiden, sagt
Wolfgang Bittner. Es ist unsere Seele. Sie sagt uns, was das Bewusstsein
nicht zu sagen vermag. Aber wie verstehe ich, was sie sagt?
Die Referate des Studientags der Fritz Blanke Gesellschaft (FBG)
wurden ergänzt durch Berichte aus der Praxis. Therapeutin Cornelia
Kohler und Pfarrer Jens Kaldewey gaben Einblicke in ihre Träume. An
ihrem Beispiel sollte deutlich gemacht werden, wie man ein
verantwortetes Verständnis von Träumen gewinnen kann.
Jens Kaldewey und Wolfgang Bittner
«Wenn
die Seele redet, redet sie relativ klar.» Das ist die Erfahrung von
Jens Kaldewey. Ihm hat die Traumsprache geholfen, sich in vielen
Schritten vom frommen Leistungsdruck zu verabschieden. Da kommt in einem
Traum ein gütiger Mensch auf ihn zu und sagt: «Ich brauche noch die
Adresse deines Vaters.» Das inspiriert Jens Kaldewey dazu, nach dem
Traum nach Bremen zu reisen. «Ich musste noch einmal eine Runde drehen
und meinem Vater nachspüren», erinnert er sich. Dieser Prägung, die
besagte: Dein Leben hat nur Wert, wenn du nützlich bist. «Ich habe mich
davon bewusst losgesagt,» sagt er.
Cornelia Kohler träumte von einer Artischocke, spitz und mit harter
Schale. Sie hat sich danach informiert: Wie kocht man eigentlich
Artischocken? Für sie war klar: «Ich möchte mehr an mein Herz ran. Ich
schütze mich zu oft.»
Träume haben unterschiedliche Qualitäten
Träume spiegeln manchmal einfach Alltag. Oder sie erschrecken als
Albträume. Oder erstaunen durch Trost. Gerade an Wegbiegungen des
eigenen Lebens, ob beim Einzelnen oder einer Gruppe ist die Seele
hellwach. Das zeigten vielfältige biblische Berichte, auf die Ulrike
Bittner einging. So erhält Jakob Zuspruch, er werde Land, Kinder, Segen
erhalten. Das ist sehr hilfreich für Jakob. Er hat gerade alles
verlassen und ist noch nicht beim Neuen angekommen.
Wege, die Seele zu verstehen
«Ich bin kein Traumdeuter und mag das Wort auch nicht», sagte Wolfgang
Bittner. Dennoch gab er fünf Grundsätze weiter. So habe die Seele ein
eigenes Urteil, eigene Wünsche. Sie sei aber nicht im Besitz der
Wahrheit (Psalm 103).
Manchmal könne oder wolle man nicht wissen, was die Seele einem sagen
will. Da solle man sich überraschen lassen! Menschen im Traum stehen für
die Rolle, die sie für mich einnahmen und die emotionale Besetzung, die
ich ihnen zuweise. «Ich träume immer nur von mir selbst, nicht von oder
über andere!», betonte Bittner. Zuständig für die Deutung sei so auch
immer und alleine der Träumende selbst. Träume wollten nicht verwirren.
Sie wollten klären helfen. Manchmal warnten sie vor Gefahren oder wiesen
sogar Handlungsalternativen auf.
Deuten, was man träumt
Wenn Max nun sehr verstört ist und Klarheit gewinnen will, kann er
seinen Traum aufschreiben. Das darf durchaus fragmentarisch sein. Er
kann ihn aber auch einem Freund oder Seelsorger erzählen und dabei
versuchen, ganz genau zu bleiben. War es so? Oder so? Er darf nicht die
Kleinigkeiten übersehen, muss auf Wiederholungen achten und nach dem
Überraschenden fragen. Er kann sich die Rollen anschauen, für die die
Personen stehen. «In der Regel hat die Traumgeschichte einen klaren
Ausgang und vor allem eine Dynamik», so Bittner. Wichtig sind auch die
Gefühle. Welche hatte ich im Traum, welche danach?
Zu den Hindernissen einer Deutung, so Bittner, gehören die zu schnellen Schlussfolgerungen. Als Paulus (Apostelgeschichte 20/21)
einen Eindruck hatte, lieferte dieser die Deutung nicht gleichzeitig
mit. Paulus weiss nur, dass ihn in Jerusalem Gefangenschaft und Leiden
erwarten. Er folgert: «Was dort mit mir geschehen wird, weiss ich
nicht.»
Veranstalter:
Fritz Blanke Gesellschaft (FBG): Die FBG vermittelt theologische und
spirituelle Einsichten und Kenntnisse unter Beachtung der politischen
und gesellschaftsrelevanten Realitäten unserer Zeit.
Die nächsten Studientage zum Thema «Seele – eine biblische Modell–Theorie?» finden am 28. Januar 2017 statt.