Rudi Walter

Er verspielte das Geld seiner Frau und seiner Mutter

Glücksspiel war für Rudi Walter eine Flucht aus der Realität. Als das Spiel zur Sucht wird, ist er bereit, alles dafür zu opfern: sein gesamtes Hab und Gut, seine Familie und sogar sein Leben.
Rudi Walter und seine Frau Claudia

Rudi Walter gehört zur Volksgruppe der Roma. Im zweiten Weltkrieg verfolgt, war sein Vater zusammen mit 56 Familienmitgliedern ins KZ Auschwitz gekommen und hatte als einer der wenigen überlebt. Trotz der Schatten der Vergangenheit hatte Rudi Walter mit fünf Geschwistern eine schöne Kindheit. Selbst macht er eine Ausbildung als Textilfachmann und dann als Autohändler, heiratet und bekommt eine Tochter. Alles scheint perfekt zu sein.

Die heile Welt gerät aus den Fugen

1982 erkrankt der Vater unheilbar an Lungenkrebs. Und Rudi Walter fällt in ein Loch: «Ich konnte einfach nicht begreifen, dass mein Vater damals dem KZ entkommen war und nun an Krebs sterben sollte. Und ich konnte das Elend nicht mehr ertragen, ihn so leiden zu sehen. Als der Sarg dann bei der Beerdigung ins Grab gesenkt wurde, bin ich mit ihm gestorben.»

Die Trauer wird zur Spielsucht

«Von da an änderte sich mein ganzes Leben: Ich wurde depressiv und fing an Roulette zu spielen, meine Zeit am Spielautomaten zu verbringen und Alkohol zu trinken.» Nichts davon hatte Rudi zuvor getan. Schon bald ist er täglich im Spielkasino. «Ich war süchtig und verspielte mein Erbe, das Erbe meiner Frau, das Geld meiner Mutter, meine Autofirma.»

Seine Ehefrau Claudia versucht die Familie zusammenzuhalten: «Als die Sucht begann, waren wir gerade mal zwei Jahre verheiratet und hatten eine zwei Monate alte Tochter. Es war schlimm. Wenn ich abends von der Arbeit nach Hause kam, konnte es passieren, dass ein Teppich oder das Fernsehgerät weg war, weil mein Mann alles nur Mögliche verkaufte, um Geld für seine Spielsucht zu bekommen. Und arbeiten musste ich, denn meinen Mann interessierte nicht, ob wir was zu essen hatten oder nicht.»

In den Klauen der Sucht

Wenn Rudi Walter zum Spielen geht, ist er ein anderer Mensch. Oft ist er Tage und nächtelang weg. Manchmal verspricht er seiner Frau aufzuhören, aber es sind leere Versprechungen. «Wenn ich alles verspielt hatte, hatte ich einige Tage Ruhe. Aber dann regte sich die Sucht wieder», erklärt er. Schon morgens fängt er an zu zittern. Er wird Spezialist im Geldauftreiben. «Mit der Zeit konnte ich das aber nicht mehr zurückzahlen. Nicht einmal mehr die Zinsen.» Von seinen Gläubigern bekommt Rudi Walter Morddrohungen, seine Familie lebt in Angst.

Fünf Jahre lang sucht Rudi Walter Hilfe bei Menschen, um seine Spielsucht loszuwerden. Doch niemand kann ihm helfen. Im April 1994 will Rudi Walter sich das Leben nehmen. «Ich liebte meine Familie nicht mehr, mein Leben hatte keinen Sinn mehr, die Sucht hatte mich fest im Griff. Ich hasste mich dafür, dass ich so war wie ich war und dass ich meine Frau so oft angelogen hatte.»

Eine Begegnung bringt Veränderung

Im Herbst jenes Jahres trifft er einen Sinto, der 17 Jahre lang drogenabhängig gewesen war. «Der wurde von heute auf morgen frei – ohne Therapie, ohne Entgiftung, ohne Entzug. Den kannte ich schon über 20 Jahre. Er kam zu mir und predigte mir das Evangelium von Jesus Christus. Ich habe ihm kein Wort geglaubt. Aber er war frei geworden und hatte auch einen ganz anderen Gesichtsausdruck. Nach ein, zwei Wochen war er immer noch frei.»

Der Freund lädt ihn mehrmals in eine Gemeinde ein und irgendwann geht Rudi mit. «In der Kirche sah ich Sinti, die ich gut kannte und von denen ich wusste, dass sie Verbrecher waren. Und nun sangen die plötzlich ‚Halleluja‘ und weinten.»

Nach dem Gottesdienst fährt Rudi Walter mit dem Vorsatz nach Hause: «Diese Wahnsinnigen werden mich nie mehr sehen.» Doch er trifft sie überall und immer reden sie von Jesus. «Das begriff ich nicht, dass die von heute auf morgen so anders waren. Der eine trank keinen Alkohol mehr, der andere rauchte nicht mehr, wieder ein anderer nahm keine Drogen mehr. Die hatten plötzlich Frieden im Herzen.»

180 Grad

Rudi Walter will es jetzt selbst wissen. In seiner Verzweiflung schreit er eines Nachts zum ersten Mal in seinem Leben zu diesem Jesus: «Wenn es dich wirklich gibt, dann nimm mir meine Spielsucht weg. Vergib mir meine Sünden, gib mir meine Familie wieder. Aber ich möchte, dass du mich befreist.» Und plötzlich spürt er die Gegenwart Jesu hautnah.

Nach diesem Erlebnis ist er tagelang irritiert. «Es war, als wäre mein Gehirn gelöscht. Die Suchtgedanken waren weg und kamen seither nie mehr wieder. Jesus hat mich auch vom Alkohol befreit, ohne Entzugserscheinungen.»

Seine Frau Claudia erinnert sich: «Eine Nachbarin kam zu mir und fragte: ‚Wie kommst du denn damit zurecht, dass du einen ganz neuen Mann hast?’ Alle hatten Angst vor ihm, weil er so unsympathisch, unfreundlich und aggressiv gewesen war. Nun war er von einem Tag auf den anderen total verändert: Er gab Menschen die Hand, umarmte sie, setzte sich zu einem Obdachlosen und erzählte ihm von Jesus. Er sang beim Einkaufen, weil er einfach nicht fassen konnte, dass Jesus ihn befreit hatte.» Zwei Wochen später entscheidet sich auch Claudia für ein Leben mit Jesus.

Leben als Christ

Trotz unendlicher Hoffnung und tiefem Frieden sind die folgenden fünf Jahre nicht einfach. Die Schulden müssen zurückbezahlt werden. Rudi Walter arbeitet als Hilfsarbeiter im Stahlbau. «Es war mir alles egal, Hauptsache, Jesus hatte mich von meiner Sucht befreit.»

Heute ist Rudi Walter Pastor, unterrichtet an drei Bibelschulen und setzt sich für Roma in Tschechien ein. «Was ich durch Jesus erlebt habe, muss ich einfach weitergeben!»

Buch zum Thema:
Uwe Heimowski: Spielsucht – ein Weg aus der Abhängigkeit

Datum: 17.11.2011
Autor: Miriam Hinrichs
Quelle: Jesus.ch / csra.de

Verwandte News
Werbung
Werbung
Livenet Service