Etienne

Ich fand meinen Ausweg

Während ich auf der Gasse, im Wald und in Notschlafstellen lebte, betete meine ehemalige Jugendgruppe für mich. Der Entzug war hart, doch ich erlebte, wie Gott mir die Kraft gab, die Schmerzen auszuhalten.
Etienne Wolf

Als äusserlich cooler Typ, innerlich unsicher und leicht beeinflussbar, trat ich mit 16 meine Spengler-Sanitär-Lehre an. Weil ich dazugehören wollte, fing auch ich an, regelmässig Hasch zu konsumieren. Mein Lebenswandel brachte mir viel Streit mit den Eltern ein. Bis dahin hatten wir nämlich eine gute Zeit zusammen, ja ich kann sagen, dass ich eine glückliche Kindheit hatte. Als ich etwa 12-jährig war, wendeten sich meine Eltern dem christlichen Glauben zu, und von da an wurde ich christlich erzogen. Auch ich wollte ein Leben mit Jesus führen, denn ich wusste tief in mir drin, dass er lebt. Doch während meiner Lehrzeit entfernte ich mich immer mehr von ihm und meinen Eltern.

Mit neunzehn Jahren zog ich daheim aus und mit meiner damaligen Freundin zusammen. Sie litt sehr unter meinem Drogenkonsum, sagte jedoch nur wenig, aus Angst, mich zu verlieren. In der Rekrutenschule nahm mein Drogenkonsum zu. In dieser Zeit wurde mir mein Lebenswandel überdrüssig und ich beschloss, nach der RS ganz neu anzufangen.

Zusammen mit meiner Freundin zog ich in den Kanton Aargau, wo ich eine Stelle auf meinem erlernten Beruf fand. Äusserlich war alles perfekt, aber innerlich war ich noch der gleiche Mensch, wie vor der RS. Anfangs hatten meine Freundin und ich eine tolle Beziehung, doch es war mehr Schein als Sein.

Jetzt bin ich süchtig

Meine Freundin begann sich mit Esoterik zu befassen, was ich mit meinem christlichen Hintergrund nicht unterstützen konnte. Die Beziehung bröckelte ab und schliesslich fiel unser Kartenhaus zusammen. Ich stand plötzlich ganz alleine da und hatte keinen Halt mehr. In diese hoffnunglose Situation hinein kam ein Kollege und gab mir eine Folie mit Heroin zum Probieren. Miteinander fingen wir an, das Zeug regelmässig reinzuziehen, anfangs nur am Wochenende, später täglich. Meine Arbeitsleistung sank auf das Minimum, doch mit Ausreden hielt ich mich über Wasser.

Vor meinen finanziellen Problemen verschloss ich die Augen. Ich chauffierte zwar Dealer nach Zürich und zurück und bekam dafür Drogen, doch die Probleme wurden immer grösser. Nachdem ich eine Nacht auf einer Raststätte verbracht hatte, griff mich die Polizei auf. Sie konnten mir zwar nichts nachweisen, doch ich blieb an jenem Morgen erstmals dem Arbeitsplatz fern. Es folgte eine schlimme Zeit. Ich lebte die meiste Zeit auf der Gasse, im Wald oder in Notschlafstellen. Ich war am Ende meines jungen Lebens angelangt. Ich wusste: Jetzt bin ich süchtig.

Betende Freunde

Während ich dies alles durchlebte, betete meine ehemalige christliche Jugendgruppe für mich. Der Leiter bat Gott, dass er mich an ein Telefon treiben solle und ich meinen Eltern ein Lebenszeichen geben möge. Auch meine Eltern waren aktiv. Sie suchten mich intensiv bis nach Olten. In welcher Sorge müssen sie um mich gewesen sein!

Eines Morgens auf dem Weg zu einem Kollegen kam ich bei einer Telefonzelle vorbei und eine Stimme sprach: "Ruf deine Eltern an!" Zuerst ignorierte ich die Stimme und ging weiter. Der Kollege war nicht zu Hause. Als ich auf dem Rückweg wieder bei der Telefonzelle vorbeikam, hörte ich wieder die Stimme: "Ruf deine Eltern an!" Ich fragte eine Frau nach Kleingeld und rief zu Hause an. Die Eltern hatten Ferien. Zufall?

Sie fuhren sofort zu mir, brachten mich zu einem Arzt und ich bekam Methadon.

Nachtgespräch

Ich erkannte, dass ich umkehren musste, und so suchten wir eine Entzugsstation. Ich machte in Zürich einen schweren Entzug durch. In der dritten Nacht gingen der Betreuer und ich nach draussen, um eine Zigarette zu rauchen. Es regnete und war kalt. Ich war barfuss, um meine Füsse auf dem kalten Teerplatz ein wenig abzukühlen.

Nach der Zigarette fragte er mich, ob wir nicht zusammen beten wollen. Beten? Wir fingen bei Psalm 1 an zu lesen, und zwischen den Psalmen beteten wir. Ich bekannte Gott in dieser Nacht meine Schuld, und ich weinte mein Leid förmlich heraus. In dieser Stunde begegnete ich Gott und war ihm ganz nahe. Der Entzug war noch nicht vorbei, doch ich erlebte, wie Gott mir die Kraft gab, die Schmerzen auszuhalten.

Ich hatte in dieser Zeit einen deutlichen Traum, in dem ich aufgefordert wurde: "Etienne, mache eine Therapie." Ich trat dann in eine christliche Therapie ein. In dieser Zeit schöpfte ich neue Hoffnung. Wie ich nachher zu einer Lehrstelle kam und eine zweite Lehre erfolgreich bestand, wäre nochmals eine Geschichte.

Lesen sie auch: Ins Spital statt in die Flitterwochen

Datum: 29.03.2002
Autor: Etienne Wolf
Quelle: Erlebt.ch

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