Diagnose

Sechs Fallstricke

1. Somatisierung Gefahr:
Achtung

Emotionale Aspekte werden ausgeblendet, Abklärung und Therapie nur auf der somatischen (körperlichen) Ebene.

Lösung: Auf der körperlichen Ebene arbeiten, über die Körpersprache kommunizieren. Vertrauen aufbauen, Halt geben, Angst eingrenzen, punktuell Emotionen ansprechen.

Unnötige Abklärungen vermeiden.

2. Psychologisierung

Gefahr: relevante körperliche Krankheiten werden übersehen oder nicht ernst genommen. Lösung: Kenntnis der körperlichen und psychiatrischen Störungsbilder.

Vorsicht mit vorschnellen und einseitigen psychologischen Deutungen und Kausalitäten. Anerkennen, dass wir nur immer einen Teil der Realität erfassen können

3. Somatopsychische Aspekte

Worum geht es? «Wenn mein Körper umkippt, dann kippt auch meine Seele um.» Die Missempfindungen des Körpers, die Arbeit des Immunsystems, die Produktion von Hormonen und Botenstoffen, der Schmerz verkrampfter Muskeln oder geblähter Darmschlingen – sie alle haben einen Einfluss auf unser Wohlbefinden.

4. Spiritualisierung

Gefahr: Die körperlichen und seelischen Symptome werden spirituell oder religiös gedeutet; entsprechend werden spirituelle Interventionen gewählt, wie Freibeten oder Geistheilung.

Der Betroffene übernimmt meist eine passive Rolle und wird zum Objekt der Behandlung. Oft keine langfristige Besserung.

Ausweg: Auch der gläubige Mensch kann unter Schwachheit und körperlichen Symptomen leiden. Diese sind nicht Zeichen eines geistlichen Defizits, sondern Teil des menschlichen Daseins.

5. Gegenübertragung

Problem: Die Klagen und Beschwerden eines Patienten können Gegenreaktionen bei Angehörigen, Helfenden und Ärzten auslösen, z.B. Hilflosigkeit, Ärger, Lustlosigkeit. Patienten werden als schwierig, passiv-aggressiv, fordernd erlebt. Diese wiederum spüren die Ablehnung durch die Umwelt.

Lösung: Übertragungsgefühle sowie eigene emotionale Reaktion (= Gegenübertragung) wahrnehmen. Interaktion zum vertieften Verständnis des Patienten nutzen (Balint, Psychodynamik). Innere Distanz gewinnen. Die eigentliche Not des Patienten erkennen. Beziehung halten, den Weg mit der leidenden Person gehen, ohne sich zu sehr «anstecken» zu lassen. Supervision (auch für Seelsorger) ist sehr hilfreich.

6. Machbarkeit

Ärzte und Therapeuten haben oft ein überhöhtes Ideal der Heilung. Dieses wird unterstützt durch die Erwartungen der Patienten und ihrer Angehörigen. Eine vollständige Heilung ist aber bei psychosomatischen Patienten meist nicht möglich. Vielmehr geht es um den besseren Umgang mit der Symptomatik oder den Problemen.

Ausweg: Ärzte/Therapeuten müssen sich vom Heilungsanspruch lösen. Das primäre Ziel ist nicht die Heilung, sondern die Beziehung zum Patienten. Dies ist der Weg von einer Arzt-zentrierten zu einer Patienten-zentrierten Medizin. (modifiziert nach R. Hefti)

Zum Dossier: www.psychosomatik.jesus.ch
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Datum: 10.02.2005
Autor: Dr. med. Samuel Pfeifer
Quelle: seminare-ps.net

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