Depression

Drang nach Selbstverwirklichung kann depressiv machen

«Der Mensch, der sich selbst verwirklichen will, stellt sich auch leichter in Frage – das führt ihn schneller zur Erschöpfung». Für Professor Daniel Hell ist das eine Zeiterscheinung, die überwunden werden muss.
Professor Daniel Hell ist eine Kapazität für das Thema Depression.

Eine Losung unserer Zeit lautet: «Regiere dich selbst!» - Das überlastet laut Daniel Hell, dem ehemaligen Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich und heutigem Leiter des Kompetenzzentrums «Depression und Angst», viele Menschen zunehmend. Sie fühlen sich nicht mehr in der Lage den Erwartungen zu genügen, die sie an sich selbst und andere an sie stellen. Daniel Hell hielt das Eingangsreferat an einer Tagung an der Universität Zürich am 26. August 2011, die sich mit der Depression in der Familie beschäftigte.

20 Prozent Depressive

Nebst dem Drang nach Selbstverwirklichung stellt auch die moderne Ökonomisierung der Lebensbereiche, verbunden mit der Globalisierung, zunehmend Menschen vor Probleme. Sie äussern sich darin, dass sich heute schon 20 Prozent der Bevölkerung über depressive Störungen beklagen und 10 Prozent Medikamente gegen Depression einnehmen. Hell sieht allerdings dem Trend zur «Pathologisierung» in diesem Bereich auch kritisch. Der normale Trennungsschmerz bei einem Zerbruch von Beziehungen oder dem Verlust eines nahestehenden Menschen bereits als Depression zu bezeichnen, sei übertrieben.

Spiegel der Zeit

Grundsätzlich sei, so Hell, die Definition der Depression immer ein Spiegel der Zeit. Während man in der Vormoderne depressive Störungen zum Beispiel als «die dunkle Nacht» bezeichnet habe, sei darunter der «Verlust des göttlichen Lichts» verstanden worden. Wenn man von Depression spreche, meine man eigentlich den Verlust des aufrechten Gangs. In der Arbeitswelt spreche man von Burnout und meine damit den Verlust der Leistungsfähigkeit.
 

Hinweis:
Veranstaltet wurde die Tagung vom Lehrstuhl für Klinische Psychologie mit Schwerpunkt Kinder/Jugendliche und Pare an der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Guy Bodenmann. Bodenmann sprach an der Tagung über die Behandlung von depressiven Menschen, die in einer Paarbeziehung stehen und die erfolgreich durch eine Paartherapie behandelt werden
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Datum: 30.08.2011
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet.ch

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